Ausländer in Stadtluzerner Quartieren

«Little Italy» und die «Hochburg» der Deutschen

Anhäufungen von Menschen aus Deutschland, Italien, Serbien und Sri Lanka in Stadtluzerner Quartieren. (Bild: cha)

Knapp ein Viertel der Stadtluzerner Bevölkerung sind Ausländer. Besonders auffallend ist die punktuelle «Anhäufung» der verschiedenen Staatsangehörigen in bestimmten Quartieren. Während das Ruopigen in «Little Italy» umbenannt werden könnte, wohnen in den Quartieren Bellerive/Lützelmatt auffallend viele Deutsche. Wie kommt’s?

Die Mehrheit in der Stadt Luzern stellen ganz klar die Deutschen, die 20,4 Prozent der ausländischen Wohnbevölkerung ausmachen. Gefolgt von den Serben (11,6 Prozent) und den Italienern (11,4 Prozent). Migranten aus Spanien und Sri Lanka sind mit einem Anteil von 3,8 Prozent in der Minderheit. Dies zeigt eine Statistik zur ständigen ausländischen Wohnbevölkerung von LUSTAT Statistik Luzern.

Doch die Statistik gibt noch mehr Preis. Sie zeigt, in welchen Quartieren sich Ausländer welcher Nationalitäten niederlassen. Auffällig: Das Quartier Bellerive/Schlössli ist bei den Deutschen sehr beliebt. Das Ruopigen-Quartier hingegen könnte in «Little Italy» umbenannt werden. Am höchsten ist der Anteil der ausländischen Wohnbevölkerung im Gebiet des linken Reussufers. 41,3 Prozent Ausländer leben in diesem Stadtkreis. Dieser umfasst die Quartiere Basel-, Bernstrasse, Udelboden, Reussbühl und Ruopigen.

Mehr Ausländer als Schweizer

Das Quartier «BaBeL» weist unter allen Quartieren der Stadt Luzern mit 52,6 Prozent den höchsten Ausländeranteil auf. Besonders auffallend: Nirgendwo anders leben anteilsmässig so viele Migranten aus Sri Lanka. Sie machen 10,8 Prozent der ausländischen Wohnbevölkerung aus. Doch weshalb häufen sich in gewissen Quartieren besonders viele Immigranten ein und desselben Herkunftslandes?

«Dieses Quartier, sowie auch das Fluhmühle-Quartier, hatte schon immer die Funktion als Eingangspforten für Neuzuziehende», erklärt Sibylle Stolz, Integrationsbeauftragte der Stadt Luzern. Es gebe auch mehr günstigen Wohnraum, als in anderen Quartieren der Stadt. «Dies führt dazu, dass viele Menschen, die auf dem Fluchtweg zu uns kamen, in der ersten Phase nur in diesen Quartieren eine Bleibe finden», so Stolz. Wer könne, ziehe dann später weiter.

Das «Little Italy» der Stadt

Zum gleichen Stadtkreis gehört seit 2010 auch Littau. Und mit der Fusion ist die Zahl der in der Stadt Luzern lebenden Italiener stark angestiegen. Mehr als ein Viertel aller Ausländer im Quartier Ruopigen sind Italiener (27,8 Prozent).

«Kinder unterscheiden nicht zwischen den Nationalitäten.»

Boris Pulfer, Quartierarbeit Ruopigen

Boris Pulfer von der Quartierarbeit Ruopigen/Reussbühl mutmasst: «Womöglich sind in diesem Quartier so viele Italiener, weil sie für einen Bauboom als Arbeitskraft gelegen kamen.» Auf die Frage, ob es im Quartier spezielle Angebote für Italiener gäbe, sagt Pulfer: «Wir richten unsere Quartierarbeit hauptsächlich auf Kinder und Jugendliche aus. Und Kinder unterscheiden nicht zwischen den Nationalitäten.»

Die Erwachsenen würden sich mehrheitlich selber organisieren – beispielsweise in Form des Italienertreffs von der «Associazione Pugliese». Der Verein hat sich bereits 1973 ein erstes Mal in einem Luzerner Lokal eingemietet. Nach mehreren Umzügen ist der Verein der Süditaliener nun in der Fluhmühlestrasse eingemietet.

«Im Bellerive zu wohnen muss man sich erst einmal leisten können.»

Sibylle Stolz, Integrationsbeauftragte

Deutsche siedeln sich auf rechter Seeseite an

Auf der rechten Seeseite hingegen sind überdurchschnittlich viele Deutsche anzutreffen. Besonders in den Quartieren Bellerive/Schlössli und Halde/Lützelmatt sind mit 48,4 Prozent, respektive 46,7 Prozent knapp die Hälfte aller Ausländer Deutsche. Auch im direkt angrenzenden Quartier Wesemlin/Dreilinden machen die Mehrheit der Ausländer die aus Deutschland stammenden Personen aus.

Sibylle Stolz nennt die Mietpreise im Bellerive als möglichen Grund: «In diesem Quartier zu wohnen, muss man sich erst einmal leisten können.» Deshalb könnten sich mehrheitlich nur gut qualifizierte Arbeitskräfte aus EU-Ländern, wie eben Deutsche, eine Wohnung oder ein Haus im Quartier auf der rechten Seeseite leisten.

Mit Abstand den tiefsten Ausländeranteil weist der Stadtkreis der linken Seeseite auf. Gerade mal 13,4 Prozent der dort lebenden Bevölkerung hat ausländische Wurzeln. Es sind indes die dazugehörigen Quartiere Ober-/Untergütsch, Obergrund/Allmend, Sternmatt/Hochrüti und Langensand/Matthof, in denen von den wenigen Ausländern die Mehrheit wiederum die Deutschen ausmachen.

«Die Vermietern können selbst bestimmen, an wen sie die Wohnung vermieten wollen. Das führt zu einer Selektion.»

Sibylle Stolz

Keine abschliessende Erklärung

«Exakte Begründungen für diese «Anhäufungen» zu liefern, ist äusserst schwierig», betont Sibylle Stolz. Trotzdem versucht sie, Erklärungen für dieses Phänomen zu finden. «Der Wohnungsmarkt ist weitgehend privat gesteuert aufgrund von Angebot und Nachfrage.» Vermieter könnten also selbst bestimmen, wem sie die Wohnung vermieten möchten. «Es findet eine Selektion statt», so Stolz. So gäbe es Vermieter, die beispielsweise ihre Wohnung ausschliesslich an Schweizer vermieten würden.

«Wichtig bei der Wohnungssuche sind Referenzen. Personen, die neu zugezogen sind oder nicht arbeitstätig sind, haben (noch) keine Referenzen vorzuweisen», sagt die Integrationsbeauftragte. So würden Wohnungen oftmals «unter der Hand» vermietet. «Viele finden eine Wohnung durch Vermittlung durch Bekannte oder Verwandte, was schliesslich zu einer Häufung von Personen der gleichen Herkunft in bestimmten Quartieren führen kann.»

Entstehung der Quartiere ist bedeutend

Schliesslich seien auch die unterschiedlichen Profile der Quartiere für dieses Phänomen verantwortlich. Sibylle Stolz präzisiert: «Der Mix zwischen Wohnen und Arbeiten sowie der Anteil an Einfamilienhäusern und Blöcken ist unterschiedlich verteilt – so auch die Altersgruppen.» Ausserdem sind die Quartiere in unterschiedlichen Zeiträumen entstanden, was bedeute, dass während deren Entstehung viele Wohnungen frei waren. «Ins Tribschen-Quartier sind viele Luzerner gezogen – aber auch Deutsche, die während der Entstehungszeit die Hauptzuwanderungsruppe waren», so Stolz.

Mietpreise oder Entstehungen von Quartieren: Mehrere Faktoren spielen bei der Niederlassung von Ausländern in den Quartieren eine gewichtige Rolle. Nicht zuletzt ist es vermutlich auch das «Untereinandersein», das den Menschen, egal welcher Nationalität, Halt in einer ihnen fremden Gesellschaft gibt.

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