48-Jährige kämpft durch alle Gerichtsinstanzen

Verzettelt im Treppenhaus

Das Kantonsgericht Luzern muss über die Bücher. (Bild: cha)

Das Bezirksgericht Hochdorf entschied für Schuld im Sinne der Anklage. Sie sei unschuldig und das eigentliche Opfer, so das Empfinden der 48-jährigen Frau aus Emmenbrücke. Weil sie das Urteil weiterzog, muss nun das Kantonsgericht ein Urteil sprechen. Es geht um einen Nachbarschaftsstreit, der im Treppenhaus eskalierte – und sich um Warnzettel dreht.

Dass sie gegen das Gesetz verstossen hat, kann sie gar nicht nachvollziehen. Eine 48-jährige Frau aus Emmenbrücke machte dies am Dienstag vor dem Luzerner Kantonsgericht deutlich. Zuvor wurde sie vom Bezirksgericht Hochdorf der «mehrfachen üblen Nachrede» schuldig gesprochen. Sollte nun auch die zweite Instanz zum selben Schluss kommen, ist für sie klar: «Ich werde bis vor Bundesgericht gehen.»

Zettel warnen im Treppenhaus

Denn sie fühlt sich als das eigentliche Opfer. Sie werde von ihrem Nachbarn aus dem Balkan bedroht und terrorisiert. Seit dieser im Mehrfamilienhaus wohne, komme es ständig zu Konflikten. Sie fühle sich belästigt und bedroht. «In der Nacht rumpelt es in seiner Wohnung und regelmässig hämmert er an meiner Tür oder drückt die Klinke runter», sagt sie. Auch habe er, als er über ihr wohnte, brennende Zigaretten auf ihren Balkon geworfen. Tischtuch und Tischplatte seien nun voller Brandspuren. «Das ist Brandstiftung», ärgerte sie sich. Also hat sie gehandelt. Im Zeitraum vom 6. bis 9. Juni 2013 hat sie mehrere Schreiben im Treppenhaus aufgehängt.

«Achtung: M.L. ist gewalttätig. Die Polizei ist informiert.» Oder: «Wir lassen uns nicht bedrohen!!! Hören Sie sofort auf. Sonst erstatten wir Anzeige und Sie werden ausgeschafft!!!» sind nur zwei Beispiele. Die Schreiben verteilte die 48-Jährige auch in die Briefkästen der 30 Bewohner. Eine Anzeige wegen Ehrverletzung erhielt schliesslich die Frau. Am 8. Juli 2014 fand die Hauptverhandlung des Bezirksgerichts Hochdorf statt. Eine Geldstrafe von 15 Tagessätzen an je 30 Franken sowie eine Busse von 200 Franken war das damalige Strafmass, welches die Staatsanwaltschaft noch immer fordert.

Ein «schwerer Eingriff in die Ehre»

«Ich berufe mich auf Notwehr», macht sie vor der nächst höheren Instanz geltend. Körperlich sei sie dem Mann deutlich unterlegen. «Ich wusste nicht, wie ich mich hätte wehren sollen.» Zudem habe sie ja die Wahrheit geschrieben und poche auf die in der Bundesverfassung garantierte Meinungs- und Informationsfreiheit. Mit diesem Argument ist sie jedoch bereits beim Bezirksgericht Hochdorf abgeblitzt. Im Urteil ist von einem «schweren Eingriff in die Ehre» die Rede. Einen Entlastungsbeweis habe die Beschuldigte nicht erbringen können.

Bedroht fühlt sie sich aber nicht nur durch ihren Nachbarn. Denn überhaupt seien die Zustände im Quartier wie in einem Ghetto. Von den 30 Mietern würden heute nur noch wenige Schweizer im Mehrfamilienhaus wohnen. Und die anderen hätten keinen Anstand. «Die Personen aus dem Balkan schaukeln sich gegenseitig hoch und pöbeln rum.» Es werde gekifft und gesoffen. «Autos und Velos sind verkratzt, Wäsche verschwindet plötzlich oder wird kaputt gemacht», spricht sich die Beschuldigte in Rage. «Ein abartiges Verhalten.»

Bereit für den Kampf durch alle Instanzen

Warum zieht sie denn nicht einfach aus? «Ich würde gerne und halte auch Ausschau nach einer neuen Wohnung», sagt sie am Rande der Verhandlung. Sie habe allerdings «ein bescheidenes Einkommen», wie sie sagt. «Das macht es schwer etwas anderes zu finden.» Bis dahin kämpft sie weiter.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Werner Raymond Duss
    Werner Raymond Duss, 14.01.2015, 22:40 Uhr

    Eine amüsante Geschichte aus Ämmebronx. Ich würde der Frau den Tipp geben einfach wegzuziehen. Das ist nervenschonender.

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