Sommerserie «Aus der Kälte»

«Dank der Kälte bin ich nie krank»

Die Kälte hält Loris Ravelli frisch. (Bild: bra)

Loris Ravelli ist hart im Nehmen. Er arbeitet jede Nacht an der Kälte, im gekühlten Migros-Verteilzentrum in Dierikon. Die Temperatur ist mittlerweile kein Problem mehr für ihn. «Ich bin nie krank», sagt er und lächelt. Warum er sich trotzdem eine Sitzheizung für seinen Hubstapler wünscht, verrät er in der Sommerserie von zentral+.

Es ist 7.30 Uhr in der Migros-Betriebszentrale Dierikon und es herrscht reger Verkehr. Rund ein Dutzend rote Hubstapler sausen voll beladen mit Milch, Fleisch oder Orangensaft hin und her. Das Tempo ist beeindruckend. «Bis Mittag muss alles draussen sein», ruft Loris Ravelli im Vorbeifahren. Ravelli leitet hier die Nachtschicht. Um 1.30 Uhr hat er angefangen. Der Mann mit dem dicken Thermoanzug ist zuständig für das rechtzeitige Beladen der Lastwagen. Dann steigt er kurz ab. «Ist kalt hier, nicht?».

Das ist es. In diesem riesigen Migros-Lager darf das Thermometer nie über 3 Grad steigen. Sonst drohen die Esswaren zu verderben. Eine grosse Anzeigetafel mit roten Ziffern unterstreicht die Wichtigkeit der Temperatur. Der rote Hubsapler und Ravelli flitzen wieder vorbei, dann steigt er in den Kühlraum eines Lastwagens, sichert die Ware mit nur wenigen Handgriffen, fertig.

Gute Schuhsohlen sind das A und O

Loris Ravelli ist gebürtiger Tessiner und spricht mit dem sympathisch-italienischen Akzent. Der gelernte Chauffeur kennt diese Grosslogistik aus dem FF. Als Teamleiter der Abteilung «Fahrzeug-Belad» ist Ravelli für den Einsatz von drei Mitarbeitern zuständig und er meint, der Job an der Kälte sei nicht für jeden etwas, trotz Nachtzulagen: «Viele sagen, sie können es sich nicht vorstellen, dauernd bei winterlichen Temperaturen zu arbeiten.»

Er selber kann diesen Gedanken durchaus nachfühlen. Der 37-Jährige erinnert sich ans Jahr 2008, als er die Stelle angetreten hatte. Ravelli wusste anfangs noch nicht, wie er sich gegen die Kälte rüsten soll. Dass er Handschuhe und Mütze tragen muss, war ihm klar; auch der Standard mit Thermo-Hose und Spezial-Jacke machte Sinn. Aber was er nicht ahnen konnte, war, wie wichtig der Schutz vor der Kälte an den Füssen ist. Gut isolierte Sohlen für die Arbeitsschuhe sind in dieser Arbeitsumgebung ein Muss. «Ich wusste nicht, weshalb dies so wichtig sein soll. Bis mir am Abend die Gelenke weh taten.» Wenn Ravelli heute einen Wunsch bei den Vorgesetzten frei hätte, würde er sich für Sitzheizungen in den roten «Ameisi» entscheiden. Immerhin spüre man auf den Gefährten zusätzlichen Fahrtwind. «Ich habe das kürzlich bei der Bereichsleitung angefragt», sagt er und schmunzelt. Tatsächlich werde die Anfrage von der Bereichsleitung zurzeit geprüft.

So richtig könne ihm die Kälte aber nichts mehr anhaben. Im Gegenteil. Durch die Abhärtung, sagt Ravelli, sei er nie krank, nicht einmal erkältet. «Die Kälte hält uns alle frisch.» Der gefühlte körperliche Schock nach Arbeitsschluss ist anderlei. In der Mittagssonne warten – gerade in diesen Tagen – nicht selten um die 30 Grad auf ihn: «Das haut mich jedes Mal fast um.»

Die Zeit drängt

Die drängende Zeit ist – gleich nach der Kälte – das Wichtigste in diesem riesigen Logistik-Apparat. Jedes Produkt hat seinen Plan und seine Bestimmung. Paletten mit Fleisch- und Milchprodukten werden bis 2 Uhr nachts von verschiedenen Lieferanten an die Halle gefahren. Gleich anschliessend werden sie nach exaktem Timing in die Lastwagen verteilt und verlassen bereits drei Stunden später die Rampen. Die Ware fährt von hier aus in Richtung Reiden, ins Urnerland, nach Schüpfheim, Baar oder Engelberg.

Läuft nur ein Detail schief, wird es sehr aufwendig. Ravelli: «Wenn einmal eine Kiste oder eine Palette am falschen Ort platziert ist, ärgere ich mich. Aber das passiert zum Glück selten.» Sagt er und macht sich wieder auf. Es gibt noch einiges zu tun. Punktgenau fährt er die Paletten mit den Frischprodukten durch eines der 20 Tore in einen LKW-Anhänger. Spätestens um 12 Uhr muss die Halle leer sein.

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