Betrugsfall in Zug

Er verkaufte sogar das Goldarmband seiner Ex

So trüb wie das Wetter ist auch die Geschichte, welche das Obergericht Zug (Bild) diese Woche auf Trab hält. (Bild: mbe.)

Das Strafgericht Zug hat einen 45-jährigen Luzerner im Februar zu viereinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. An der Berufungsverhandlung vor dem Obergericht Zug versuchte seine Verteidigerin wenig überzeugend, aus den Opfern Mittäter zu machen. Die Verkaufstalente des Verurteilten sind unbestritten: Er hatte sogar versucht, dem Staatsanwalt Gemüse aus der Gefängnisküche anzudrehen.

Der mutmassliche Betrüger erschien am Donnerstag zum zweiten Mal vor Gericht. Er wurde mit Fussfesseln in den Saal geführt und bekam diese auch während der Verhandlung nicht abgenommen. Der Hauptvorwurf lautet gewerbsmässiger Betrug von 2009 bis August 2013. Sein Sündenregister ist umfangreich, das erstinstanzliche Urteil ist über 100 Seiten dick.

Der Mann verkaufte unter anderem vier ungedeckte WIR-Buchungsaufträge über 205’000 Franken. Sie waren ungültig, und einer Firma abhanden gekommen. Er ertrog laut Anklage teure französische Weine im Wert von über 100’000 Franken, aber auch einen Maserati und einen Mercedes. Zudem mietete er in Engelberg eine Ferienwohnung für einen Monat, ohne zu bezahlen, kaufte einen Ferrari und einen Smart, das Geld blieb er ebenfalls schuldig. Nachgewiesen wurde ihm ebenfalls der Diebstahl eines Alfa Romeo und eines Jaguar. Schliesslich soll der Beschuldigte in diversen Restaurants und Hotels der Zentralschweiz Leistungen bezogen haben, ohne zu bezahlen.

In Vermögensverwaltung gearbeitet

Auf den Geschmack des Luxuslebens gekommen ist der gelernte Bankkaufmann während seiner Arbeit in einer Gesellschaft für Vermögensverwaltung in Baar. Dort begann auch seine deliktische Laufbahn. Der Luzerner nahm bei der Vermögensverwaltung Gelder von deutschen Kunden entgegen, total 42’500 Franken, zweigte diese aber für sich selber ab. Eine Veruntreuung.

Bis zu seiner Entlassung im Januar 2011 stellten die betrügerisch erlangten Vermögenswerte einen Teils seines Einkommens dar. Nach der Entlassung finanzierte er sich seinen Lebensunterhalt ausschliesslich mit Straftaten. Dabei half ihm gemäss der Anklage sein grosses schauspielerisches und verkäuferisches Talent.

Firmen und seine Frau betrogen

Um seinen Lebensstil zu finanzieren, legte der Mann reihenweise Leute aufs Ohr und  verschonte dabei auch seine Freunde und die eigene Frau nicht. So verhökerte der Beschuldigte zum Beispiel das Armband aus Weiss- und Gelbgold seiner Ex im Wert von 7’780 Franken, welches diese beim Gefängnisbesuch vergessen hatte. Nachgewiesen konnte ihm das zwar nicht, doch das Schmuckstück ist verschwunden.

Einer früheren Freundin bestellte er einen Waschturm für 4600 Franken, sie gab ihm das Geld, in der Meinung, dass er es einzahlen würde. Als sie merkte, dass er die Rechnung nicht bezahlt hatte, fälschte er eine Postquittung.

Fälschungen nahm er einige vor. Einem Weinhändler zahlte er 100 Franken ein und fabrizierte die Zahl 60’000 auf dem Einzahlungsschein. Er fuhr sodann mit dem Ferrari vor, spielte den vermögenden smarten Geschäftsmann. Der Weinhändler glaubte ihm und gab ihm jede Menge teure Weine mit, beispielsweise 18 Flaschen Château Lafite-Rothschild Cru Classé Pauillac A (Wert: rund 400 Franken pro Flasche).

Von verschiedenen Freunden und Bekannten lieh er grosse Geldbeträge aus, die er nie zurück gab. Einem Bekannten, der sein Motorrad BMW K 1200 R im Wert von 25’000 Franken bei einer Garage eingestellt hatte, bot er an, dieses für ihn abzuholen und verkaufte es weiter für 8500 Franken.

Berufung eingelegt

Im Februar fand der Prozess statt. Der Mann wurde vom Strafgericht schuldig gesprochen wegen qualifizierter Veruntreuung, Veruntreuung, Diebstahl, gewerbsmässigem Betrug, Zechprellerei, Hausfriedensbruch, Urkundenfälschung und falscher Anschuldigung.

Der Luzerner legte Berufung ein. Bei 13 Delikten verlangt seine Verteidigerin einen Freispruch. Gefordert wird ebenfalls eine tiefere Gefängnisstrafe, und diverse Zivilforderungen wurden auf den Zivilweg verwiesen.

«Zu 95 Prozent bewusst»

Am Donnerstag fand die Berufungsverhandlung vor Obergericht statt. Der Angeklagte gab sich reumütig und sagte, er sei sich zu 95 Prozent bewusst, was er falsch gemacht habe. «Ich habe die Opfer zum Teil wirklich betrogen.» Er sei nicht kriminell auf die Welt gekommen und habe selber Geschäfte führt. Zu seiner Zukunft nach der Haft meinte er, er werde wohl 20 Jahre brauchen, um seine Schulden abzuzahlen, sei aber bereit «vom Existenzminimum zu leben». Er schätzt seine Schulden auf 700’000 bis 900’000 Franken.

Klagen über Wauwilermoos Luzern

Der Mann beklagte sich über die Haftbedingungen in der Luzerner Strafanstalt Wauwilermoos, wo er 11 Monate im vorzeitigen Strafvollzug sass. Er habe dort wegen falscher Ernährung Diabetes bekommen. Heute ist er in der Strafanstalt Saxerriet im St. Galler Rheintal. Seine Vergangenheit werde dort mit ihm in Gesprächen gut verarbeitet, sagte er. Das Obergericht zweifelte allerdings am Erfolg der Therapie. Der Bericht der Strafanstalt Wauwilermoos sei negativ gewesen.

Opfer-Mitverantwortung

Die Verteidigerin meinte, einige der Opfer hätten die unwahrscheinlichen Angaben des Beschuldigten kontrollieren müssen. Sie sprach von «Opfern mit Verantwortung», und verlangte Freisprüche bei verschiedenen Delikten. «Wenn elementare Vorsichtsmassnahmen nicht befolgt werden, sollte aufgrund der Opfermitverantwortung ein Freispruch erfolgen.»

Das Verschulden ihres Klienten sei mittelschwer. Es seien zumeist Trick-Straftaten gewesen, nicht sehr raffiniert ausgeführt. «Die Motive meines Klienten waren vor allem finanzieller Natur. Er wollte die Alimente zahlen und seinem Sohn etwas bieten können.» Der Beschuldigte hat einen halbwüchsigen Sohn, den er immer wieder erwähnte. Seine Frau hat sich scheiden lassen.

«Schweres Verschulden»

Der Zuger Staatsanwalt Thomas Rein sagte, das Urteil sei gemäss der Vorinstanz zu bestätigen. Das Verschulden wiege schwer, zumal sich der Mann sogar im unbegleiteten Hafturlaub wieder etwas habe zuschulden kommen lassen. Rein zweifelte ausserdem die Aussagen des Beschuldigten an. Dieser habe bei jeder Befragung eine andere Version der Vorgänge erzählt. Der Mann habe seine Delikte geschickt inszeniert und die Opfer arglistig getäuscht. «Irgendwo hört es auf mit der Opfer-Mitverantwortung», fügte der Zuger Staatsanwalt hinzu.

Falschen Mietvertrag fabriziert

Der Mann habe sich mehrere Jahre mit seinen Delikten ein schönes Leben finanziert. «Nicht einmal Ihre Familie haben Sie verschont», sagte Rein.

Einer tschechischen Mutter mit Kindern, die er in Luzern kennen gelernt hatte und die dringend eine Wohnung suchte, vermietete er zum Beispiel eine Wohnung in Küssnacht am Rigi, über die er gar nicht verfügte und fälschte dafür einen Schwyzer Mietvertrag. Das Geld behielt er. «Sie waren sehr dreist und innovativ. Ich habe während meiner juristischen Laufbahn in 15 Jahren noch nie einen solchen Betrugsfall gehabt. Sie wissen, dass Sie gut reden können, sympathisch sind und ein guter Verkäufer», sagte der Staatsanwalt.

Trotz der Taten und der grossen Ermittlungsarbeit, welche der Mann verursachte, weil er anfänglich nichts zugeben wollte, hatte der Gerichtsfall auch humoristische Seiten. Thomas Rein hob im Nachgang der Verhandlung gegenüber zentral+ hervor, dass der Mann praktisch alles verkaufen kann. «Er hat versucht, mir bei einer Einvernahme Gemüse aus dem Gefängnisgarten zu verkaufen.»

Das Urteil des Obergerichts steht noch aus und wird schriftlich eröffnet.

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