Günstiges Bauland

Die kirchliche Liegenschaftsstrategie

Die Pauluskirche in der Stadt Luzern. (Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Wer in der Stadt Luzern wohnen will, muss oftmals tief in die Tasche greifen. Erschwingliche Wohnungen sind so rar wie Sonnentage im März. Die Genossenschaften sowie der Mieterinnen- und Mieterverband setzen sich zwar aktiv für eine Lösung des Problems ein, doch es fehlt an Bauland und geeigneten Immobilien. Da könnte die katholische Kirche ins Spiel kommen.

Wenn man auf den bekannten Immobilienportalen im Internet nach einer Mietwohnung in der Stadt Luzern sucht, wird schnell klar: Das Angebot ist überschaubar und meistens etwas für den grösseren Geldbeutel. Preisgünstige Wohnungen sind rar und deshalb sehr begehrt. Familien, Studenten und Wenigverdiener müssen Ellenbogen und viel Charme einsetzen, um sich manchmal gegen bis zu 30 Bewerber durchzusetzen.

Katholische Kirche in der moralischen Pflicht

«Das darf nicht sein», findet Andi Willinig, Präsident des Regionalverbands der Wohnbaugenossenschaften Schweiz. «Wir brauchen mehr bezahlbaren Wohnraum. Vor allem Wohnungen, die sich normalverdienende Familien leisten können. Zum Beispiel 4,5-Zimmerwohnungen für unter 2000 Franken.» Momentan sei es so, dass Familien aus Kostengründen vermehrt aufs Land ziehen, sagt Willinig, der auch als Geschäftsleiter der Wohnbaugenossenschaft Geissenstein amtet.

Einen Teil zu einer besseren Wohnsituation in der Stadt Luzern könnte auch die katholische Kirche beitragen, so Willinig, und appelliert an deren moralische Verpflichtung: «Die Kirche könnte beispielsweise Land für gemeinnützigen Wohnungsbau verkaufen, entsprechende Baurechte erwerben oder bestehende Liegenschaften umnutzen.»

«Die Kirche trägt bereits einen beträchtlichen Teil zum gemeinnützigen Wohnen in der Stadt Luzern bei», sagt Peter Bischof, Geschäftsführer der Katholischen Kirchgemeinde Luzern. Die Kirche habe zum Beispiel der Ökumenischen Wohnbaugenossenschaft ein Baurecht an der Ulmenstrasse 28 gegeben. «Diese Wohnungen unterliegen dem Wohnbau- und Eigentumsförderungsgesetz und dem kantonalen Anschlussgesetz. Dadurch werden sie für Menschen mit geringem Einkommen subventioniert», so Bischof.

«Wir wollen einen Mix von Wohnraum anbieten»

Lediglich auf gemeinnützigen Wohnungsbau wolle man sich bei der Kirche aber nicht beschränken, erklärt Peter Bischof und fügt an: «Vor einigen Jahren hat die katholische Kirche eine Liegenschaftsstrategie beschlossen. Wir wollen einen Mix von Nutzungen anbieten: Liegenschaften zur sozialen Nutzung (zum Beispiel für die kirchliche Gassenarbeit) sowie solche, die eine vernünftige Rendite abwerfen wie beispielsweise die Liegenschaft Unterlöchli mit 54 Eigentums- und Mietwohnungen. Die Einnahmen kommen dann sozialen und kulturellen Tätigkeiten der Kirche zugute.»

Insgesamt verfügt die katholische Kirche über 115 Wohnungen in der Stadt Luzern. Die Preise würden sich dabei sehr unterscheiden, je nach Lage und Baujahr, sagt Bischof. «Eine 2,5-Zimmer-Neubauwohnung mit 70 Quadratmetern im Unterlöchli kostet zum Beispiel 1450 Franken ohne Nebenkosten. Eine 1-Zimmerwohnung im Altbau an der Weystrasse bekommt man für 426 Franken ohne Nebenkosten.»

Grundbesitz, so gross wie zehn Fussballfelder

Erfüllt die katholische Kirche somit ihre moralische Verpflichtung, wie es Andi Willinig fordert? Die Kirche habe zurzeit keine Kapazitäten, um noch mehr als Bauherrin für den gemeinnützigen Wohnungsbau aufzutreten – mit einer Ausnahme, so Bischof: «Das brachliegende Grundstück Ausserschachen in Ebikon ist ebenfalls in Kirchenbesitz. Neue Wohnbauten sind dort geplant, aber konkrete Umsetzungspläne gibt es noch nicht.»

Nebst den Wohnungen besitzt die katholische Kirche zusätzlich 36 Liegenschaften in der Stadt Luzern, die aber rein kirchlichen Zwecken dienen: Neun Kirchen, vier Kapellen, acht Pfarrhäuser, elf Pfarreiheime, einen Spielplatz sowie die Wallfahrtskirche, das Sigristenhaus und das Ökonomiegebäude im Hergiswald.

Die Gesamtfläche, die in der Stadt Luzern im Besitz der katholischen Kirche ist, beläuft sich auf 7,7 Hektaren – eine Fläche so gross wie zehn Fussballfelder. Rechnet man den Hergiswald dazu, sind es knapp 56 Hektaren.

Ansprüche der Mieter sind gestiegen

Auch wenn die Unterstützung der Kirche im Kampf für eine bessere Wohnsituation in der Stadt Luzern hoch willkommen und wichtig ist, so nimmt sie nur eine kleine Nebenrolle im grossen Wohnraumtheater ein. Alleine lösen kann sie das Problem sowieso nicht.

Denn dazu seien die Gründe für die prekäre Wohnsituation zu mannigfaltig, ist sich auch Andi Willinig vom Regionalverband der Wohnbaugenossenschaften Schweiz bewusst. Nebst den gestiegenen Preisen, dem sehr knappen Wohnraum und der erhöhten Nachfrage habe auch ein Wandel stattgefunden, was die Ansprüche der Mieter an eine Wohnung betrifft. «War früher eine 100-Quadratmeter-Wohnung noch gross genug für eine Familie, wird diese Wohnfläche heute von den Mietern kaum mehr als familientauglich eingeschätzt.»

Des Weiteren, so Willinig, würden Balkon und Geschirrspülmaschine heutzutage als selbstverständliche Bestandteile einer jeden Wohnung angesehen. «Die Wohnbaugenossenschaft Geissenstein bietet beispielsweise renovierte 4-Zimmerwohnungen für unter 1300 Franken an, ohne Balkon. Diese Wohnungen sind schlecht vermietbar.»

G-Net – gemeinsam für mehr bezahlbaren Wohnraum

Vor knapp einem Jahr wurde die Initiative «Für zahlbaren Wohnraum» von den Luzernerinnen und Luzernern mit 58 Prozent angenommen. In den nächsten 25 Jahren soll der Anteil des Wohnungsbestandes nach Kriterien der Gemeinnützigkeit von heute 14  auf 16 Prozent angehoben werden. Insgesamt hat die Stadt Luzern einen Wohnungsbestand von gut 44’000 (Stand 2011). Jährlich kommen ungefähr 300 Wohnungen dazu.

Nun geht es an die konkrete Umsetzung der Initiative, die Genossenschaften stehen in den Startlöchern. Zudem haben sich sechs Luzerner Wohn- und Baugenossenschaften vor einem Jahr zum Netzwerk G-Net zusammengeschlossen. Ziel von G-Net ist es, gemeinsam aufzutreten und so an politischem Einfluss zu gewinnen.

Das Genossenschaftsnetzwerk setzt sich zusammen aus der Wohnbaugenossenschaft Geissenstein, der Allgemeinen Baugenossenschaft, der liberalen Baugenossenschaft Tribschen-Sternmatt, der Baugenossenschaft Matt Littau, der Wohngenossenschaft WOGENO sowie der Ökumenischen Baugenossenschaft.

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