Bahnhof Buffet Luzern

Mitarbeiter verlieren Job und Gäste ihr Stammlokal

Im Bahnhof Luzern wird bis 2015 alles anders. Doch nicht alle sind begeistert von den Plänen der SBB. (Bild: Adrian Meyer)

Die geplante Umgestaltung des Bahnhofs Luzern, speziell die Aufhebung des Bahnhof Buffets, sorgt weiter für Kritik. Zwar lag das Baugesuch der SBB beim Bauamt Luzern öffentlich auf. Doch für die wichtigsten Änderungen brauchen die SBB gar keine Bewilligung. Das ärgert neben vielen Bahnkunden auch den VCS Luzern und Pro Bahn Zentralschweiz.

«Wir wollen eine Lösung, die den Fahrgästen etwas bringt und nicht nur den finanziellen Interessen der SBB», sagt Karin Blättler, Präsidentin der Organisation Pro Bahn Zentralschweiz. Sie ärgert sich darüber, dass die SBB für ihr wichtigstes Vorhaben im Bahnhof Luzern keine Bewilligung brauchen.

Die SBB zeigen sich gesprächsbereit. Ob sie auch kompromissbereit sind, wird sich am 12. November an einer weiteren Aussprache von Pro Bahn und SBB-Vertretern weisen. Doch davon später.

Acht Millionen Franken wollen die SBB bis 2015 im Bahnhof Luzern investieren. Sie stellen dafür das in den letzten 25 Jahren gewachsene Raumkonzept auf den Kopf.

Zum einen soll das gastronomische Angebot grundlegend angepasst werden. Die SBB sprechen von einem «vielseitigeren Gastronomieangebot» – weg von der klassischen Gastronomie, hin zu einer schnelleren Verpflegung mit neuen Take-Away-Konzepten. Sie begründet dies mit veränderten Ansprüchen der Kundinnen und Kunden.

Nationale Schnellverpfleger drängen nach Luzern

Wenn das Bahnhofbuffet tatsächlich zugeht, stehen die gastronomischen Mitbewerber schon in den Startlöchern. Interessiert ist zum Beispiel die vegetarische Restaurant-Kette Tibits. «Wir würden uns gerne bewerben», sagt Tibits-Geschäftsführer Daniel Frei auf Anfrage. Man warte auf die Ausschreibung oder eine Einladung der SBB zur Offerte. Tibits sucht schon seit Jahren ein Lokal an guter Lage in Luzern. Frei wurde noch nicht fündig. Ins Untergeschoss will Tibits nicht. Das sei keine attraktive Lage, macht Frei deutlich. Vielleicht könnte das Tibits im Obergeschoss seinen Platz finden – sofern die SBB an ihren Plänen festhalten.

Interessiert nach Luzern zu kommen sind gemäss «20 Minuten» auch Passaggio Snack von Autogrill, die Sandwichkette Subway, die Kebab-Kette New Point und McDonalds.

Grosse Änderungen sind auch beim SBB-Kundenservice geplant. Die bedienten Schalter sollen vom Untergeschoss in den ersten Stock wandern, wo sich heute das Bahnhofsbuffet befindet. Dafür gibt es im Untergeschoss eine Halle mit Ticket- und Geldautomaten, Fahrplanterminals sowie weitere Läden.

Keine Einsprache gegen Baugesuch

Bis am 30. Oktober lag das Baugesuch der SBB beim Bauamt Luzern öffentlich auf. Es betrifft das Teilprojekt mit geplanten Um- und Neubauten im Erd- und im Untergeschoss. Der Kiosk beim Haupteingang des Bahnhofs Luzern und der Snackstand «Brezelkönig» sollen in einen neuen Pavillon integriert werden. Das heutige Kioskhäuschen wird dafür abgebrochen.

Der geplante Pavillon, den das Luzerner Architekturbüro Deon entworfen hat, soll eine «Neuinterpretation des Zeitungsständers» sein und ein Farbtupfer der Halle, heisst es im Gesuch. Ein transparenter Bau, mit Bilder von Zeitungen, Büchern, Anzeigen, das spezielle Farb- und Lichtkonzept wird die angestrebte Buntheit unterstreichen.

Ausserdem wollen die SBB unter der Kioskbrücke zwei Ladenflächen einbauen. Für diese Bauten brauchen die SBB ebenfalls eine Bewilligung.

Gegen das Baugesuch ist laut Markus Hofmann, Leiter Ressort Baugesuche bei der Stadt Luzern, keine Einsprache eingegangen. Einspracheberechtigt seien juristische oder natürliche Personen, welche mehr als die Allgemeinheit von einem Bauprojekt betroffen sind. «Das sind in der Regel die direkten Nachbarn», erklärt Hofmann.

Einsprachemöglichkeiten begrenzt

Die Organisation Pro Bahn Zentralschweiz ist laut Präsidentin Karin Blättler nicht einspracheberechtigt. Sie kritisiert, dass der Kiosk durch den geplanten Pavillon noch grösser werde und der Durchgang für die Bahnreisenden beim Haupteingang dadurch kleiner. Diese Bauten stehen allerdings nicht in der allgemeinen Kritik.

Umstritten sind jene Pläne, für welche die SBB gar keine Baubewilligung brauchen. Sauer stösst vielen Einheimischen und Reisenden aus der ganzen Schweiz die geplante Aufhebung der Bahnhofgastronomie im ersten Stock auf. Aber auch, dass die Billettschalter des SBB-Reisentrums künftig im Obergeschoss liegen sollen. «Wir haben eine regelrechte Mailflut erhalten, als die SBB Ende August ihre Pläne bekannt gaben», sagt Christine Blättler. Sie bezeichnet dieses Vorhaben als «Unsinn».

Eine Umfrage der Pendlerzeitschrift 20 Minuten ergab, dass 66 Prozent die Verlegung der Schalter ins Obergeschoss schlecht und nicht kundenfreundlich finden. Nur 33 Prozent begrüssten das grössere Ladenangebot in der Railcity.

Auch der VCS Sektion Luzern hat laut Geschäftsführerin Monique Frey keine Einsprachemöglichkeit. «Wir kritisieren aber, dass die SBB als stark subventionierter Betrieb nun auch in Luzern eine maximale Rendite aus ihren Liegenschaften heraus holen will.»

Bahnhofbuffet: Feierabend Ende April

Von der Stadt oder von den Ortsparteien hört man erstaunlich wenig zum Thema, obwohl viele Mitarbeitende in der Bahnhofsgastronomie ihren Job verlieren könnten. Die beiden Restaurants Bahnhof-Buffet und Au Premier, aber auch das Seminarzentrum, werden Ende April 2014 geschlossen. Betroffen sind rund 50 teilweise langjährige Angestellte. Für etwa 10 gibt es eine mögliche Anschluss-Lösung, der Rest der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wird arbeitslos.

Weitergeführt wird das Restaurant Bodega im Untergeschoss des Bahnhofs.

Der Chef der Bahnhof Restauration Luzern AG, Martin Schmidli, bedauert die Schliessung seiner beiden Restaurants. Er bringt aber auch Verständnis auf, dass der Eigentümer in einer «liberalen Marktwirtschaft» entscheide, wie er seine Lokale nutzen wolle.

Laufen seine Lokale? «Glauben Sie, dass wir 25 Jahre hier wären, wenn wir nicht rentieren würden?», kontert Schmidli mit einer Gegenfrage. Vor allem mittags seien die Restaurants sehr gut besucht.

Schmidli sagt: «Wir bieten die volle gastronomische Palette an und kochen noch handwerklich und frisch.» Doch leider sei eine solche Gastronomie offenbar nicht mehr gefragt – zumindest bei den SBB. Martin Schmidli sagt, dass die SBB eine ähnliche Strategie bereits im Bahnhof Bern umgesetzt hätten.

Offizielles Nein der SBB

Sind die SBB allenfalls bereit, nochmals auf ihre Pläne zurück zu kommen? «Wir stehen mit Organisationen wie auch mit der Stadt Luzern in Kontakt, aber Änderungen am Projekt sind aktuell nicht geplant», sagt SBB-Mediensprecherin Lea Meyer. Das ist die offizielle Stellungnahme.

Hinter den Kulissen zeigen sich die SBB aber zumindest gesprächsbereit, wie Recherchen von zentral+ zeigen. Gemäss Christine Blättler von Pro Bahn Zentralschweiz findet am 12. November eine weitere Aussprache mit den SBB statt, von der sie sich viel erhofft. «Wir haben offene Türen bei den SBB», sagt sie.

Pro Bahn fordert, dass die Schalter unten bleiben und dass Luzern sein Bahnhofbuffet behält. «Es kann ja nicht sein, dass Luzern als wichtige Tourismusdestination nicht einmal ein Bahnhofbuffet hat. Es braucht ein richtiges Restaurant und einen Ort für Besprechungen», sagt Blättler. Das Buffet laufe «wie geschmiert» und die Säle seien ebenfalls ausgebucht. Über die Nutzung der Nebenräume könne man sicherlich diskutieren.

«Wir hoffen auf eine Lösung, die für beide Seiten stimmt. Unser Wunsch ist, dass die SBB die acht Millionen Franken so investieren, dass auch der SBB-Fahrgast etwas davon hat und nicht nur der shoppende Konsument», sagt Christine Blättler.

Freie Verkaufsflächen

Im Railcity wird durch die geplante Aufhebung der Schalter Fläche frei, welche die SBB an Läden vermieten wollen. Zur Höhe der Miete geben die SBB keine Auskunft. «In der Regel berücksichtigen wir denjenigen Bewerber, der das beste Angebot macht», erklärte ein Sprecher der SBB-Immobilienbewirtschaftung Luzern gegenüber zentral+.

Fest steht bereits, dass im Railcity das erste Sushi-Restaurant Yooi’s von Luzern einziehen wird. Das Restaurant soll in der Halle zu stehen kommen, dort wo heute die Telefonkabinen und die Sitze sind. Ende 2014 soll es eröffnet werden. Das Konzept spricht ein jüngeres urbanes Publikum an und ist in Zürich erfolgreich. Dort gibt es bereits sechs «Yooi’s»-Lokale.

«Gute Ergänzung»

Warum erhielt das Konzept aus Zürich den Zuschlag? Gemäss SBB-Pressesprecherin Lea Meyer passe das Lokal mit seinem Angebot in den Bahnhof und stelle eine gute Ergänzung zum übrigen gastronomischen Angebot dar. «Für die Beurteilung der Offerte spielen ausserdem das Einrichtungs-Konzept, der Businessplan, die Mindest- und Umsatzmiete und Referenzobjekte eine Rolle.»

Gemäss Meyer gibt es einen regelrechten Run auf Verkaufsflächen im Bahnhof. «Wir haben sehr viele Interessenten im Einladungsverfahren angeschrieben. Das Interesse an einer Verkaufsfläche im Bahnhof Luzern  ist gross.»

Die SBB erzielen im Bahnhof Luzern, den täglich über 85’000 Personen benutzen, einen Jahresumsatz von 120 Millionen Franken. Mit dem Ausbau der Coop-Filiale im Railcity in diesem Jahr und den geplanten Neuvermietungen dürfte dieser weiter steigen.

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