Vorwurf der Wirtschaftskriminalität

Zuger Anwalt in Strafverfahren verwickelt

Das Büro des Zuger Anwalts Iso Lenzlinger. (Bild: fam.)

«Ein Bordellkönig, ein Zuger Anwalt und Tüten voller Schwarzgeld» titelt der «Tages-Anzeiger» heute. Es geht um einen holländischen Bordellbesitzer, dem Geldwäscherei, Steuerhinterziehung und Urkundenfälschung im grossen Stil vorgeworfen wird. Im Visier der Behörden war offenbar auch der schweizerische Partner des Holländers, Iso Lenzlinger.

Bordellkönig Jan Bik (75) ist am Ende, sein in 40 Jahren aufgebautes «Seximperium» zerschlagen. Voraussichtlich 2015 kommt der Holländer vor Gericht. Bik hatte offenbar einen Partner in der Schweiz: Iso Lenzlinger. Gegen den Zuger Anwalt wird aber laut «Tages-Anzeiger» nicht mehr weiter ermittelt.
Lenzlinger ist bis heute Allein-Verwaltungsrat der drei Zuger Firmen Rivet Immobilien und Verwaltungs AG, Sunflower Real Estate AG und Kreman AG. «Auf den Konten dieser Firmen landete das Schwarzgeld, das Bik in die Schweiz transportieren liess. Mit einem Teil davon kauften Lenzlinger und Bik Immobilien in Holland, in denen sie dann wiederum Bordelle einmieteten», schreibt der «Tages-Anzeiger». Weiteres Geld liehen sie an die holländische Gesellschaft von Bik namens Givolo. «So verwandelte sich das Schwarzgeld in scheinbar legitimes Kapital», so die Zeitung.

Diese Machenschaften hat laut «Tages-Anzeiger» die holländische Justiz aufgedeckt. Mit teilweise dramatischen Aktionen: Im Januar 2013 begannen holländische Steuerfahnder, verstärkt durch Armeeeinheiten, eine aufwändige Aktion, durchsuchten 30 Gebäude und 11 Bordelle sowie das Ferienhaus Biks auf Teneriffa. Ziel der Suche: Beweise zu finden für den Verdacht auf Geldwäscherei, Steuerhinterziehung und Urkundenfälschung im grossen Stil. Sie fanden sie. Der «Puffvater» wurde festgenommen, sass ein halbes Jahr in Untersuchungshaft, wurde aber aus Altersgründen wieder freigelassen.

Rabatt-Coupons für billigen Sex

Die Zürcher Tageszeitung beruft sich als Quelle auf eine Pressemitteilung der Staatanwaltschaft Niederland-Ost. Danach soll Jan Bik rund die Hälfte seines Umsatzes am Staat vorbeigeschleust haben. Die holländischen Fahnder schätzen die entgangenen Steuergelder auf rund 15 Millionen Euro. Das Geld schafften Dirnen für den Bordellchef mit Dumping-Prostitution an – Bik liess in niederländischen Zeitungen dafür «Rabatt-Coupons» inserieren. Einen Teil des Gelds habe Bik in Holland ausgegeben, den anderen Teil durch Kuriere in Plastiktüten ins Ausland bringen lassen. Gemäss der Zeitung in die Schweiz, zu Iso Lenzlinger. Gegen den Anwalt habe die holländische Staatanwaltschaft ebenfalls ermittelt.

Marcel Schlatter, Sprecher der Zuger Untersuchungsbehörden, bestätigt gegenüber zentral+, dass Zug ein Rechtshilfeersuch aus Holland erhalten habe. Welche Massnahmen durchgeführt wurden, ob die Zuger Behörden oder die Holländer bei Lenzlinger vorstellig wurden, kann er nicht sagen. «Die Verfahrensleitung liegt bei den holländischen Behörden», sagt Schlatter. Ein eigenes Verfahren der Zuger Behörden gegen den Anwalt sei nicht eröffnet worden, so der Mediensprecher.

Vergleich: Häuserrückgabe versus Einstellung der Ermittlungen

Gegen Iso Lenzlinger wird im Ausland nun ebenfalls nicht mehr ermittelt. Die holländischen Behörden haben gemäss «Tages-Anzeiger» einen Vergleich mit ihm abgeschlossen. Der Deal: Die vom Zuger für den Holländer geführten Firmen gaben ihre Liegenschaften im Wert von 7,8 Millionen Franken an den holländischen Staat ab. Im Gegenzug standen Lenzlinger und die drei Schweizer Firmen nicht mehr im Fokus der Ermittler. Die Städte und Gemeinde hätten keine wirkliche Freude am Geschenk, denn in den in ganz Holland verteilten Immobilien sind teilweise immer noch Bordelle in Betrieb.

Iso Lenzlinger war für eine Stellungnahme nicht erreichbar. «Rufen Sie am Montag wieder an. Wir wissen nicht, wo er ist», heisst es in Lenzlingers Advokatur-Büro im Gebäude der Confiserie Speck an der Alpenstrasse 12. zentral+ versuchte ihn mehrmals zu erreichen, geschäftlich wie privat in Oberwil.

Mandatesammler und Finanzjongleur

Lenzlinger ist scheinbar kein unbeschriebenes Blatt in Zug. «Als Mandatesammler sass er im Laufe seiner Karriere in über 100 Verwaltungs- und Stiftungsräten. Lange Zeit war er Sekretär des Zuger Gewerbeverbands. Gerne mischt er sich in öffentliche Debatten ein, wenn es um die angeblich inkompetente Justiz oder den Finanzplatz ging», schreibt der «Tages-Anzeiger».
Gemäss seinem Lebenslauf war der 61-jährige Zuger in den 1980-er Jahren im Anwaltsbüro des ehemaligen Regierungsrats Antonio Planzer tätig. Später wurde er dessen Anwaltspartner. Seit 1989 hat er sein eigenes Anwaltsbüro.

Für Nordex tätig

Mehrmals hat die schweizerische und auch die internationale Presse über Lenzlinger wegen der angeblichen Verwicklung in undurchsichtige Geschäfte geschrieben. Sein Name wird gemäss Recherchen von zentral+ öfters im Zusammenhang mit westlichen und östlichen Geheimdienstlern sowie dubiosen Geschäftsleuten genannt. Zu den undurchsichtigsten Mandaten Lenzlingers gehörte seine Tätigkeit für die russische Außenhandelsfirma Nordex mit Sitz in Zürich, die nach Meinung westlicher Geheimdienste 1989 in Wien gegründet wurde, um Gelder der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (KPDSU) im westlichen Ausland zu verwalten. In Wirklichkeit setzte die Firma mit Öl- und Rohstoffen Milliarden um, verscherbelte sowjetischen Staatsbetriebe an Oligarchen, und es gab auch Ermittlungen wegen Waffen- und Drogengeschäften.

Auch beim Ende der DDR war Lenzlinger als Schweizer zur Stelle und leistete gute Dienste. Die Berliner Zeitung bezeichnete ihn 1997 als «Finanzjongleur»: «Auch die deutschen Behörden betrachten Lenzlingers Firmenjongliererei mit Argwohn. Die Treuhand-Nachfolgebehörde BvS hat jetzt beim Zuger Kantonsgericht eine Zivilklage gegen den Anwalt eingereicht. Sie will auf diesem Weg erreichen, daß Lenzlinger Auskunft über Hintermänner und Geldflüsse der von ihm verwalteten Schweizer und Liechtensteiner Firmen geben muss, die dem Schalck-Bereich Kommerzielle Koordinierung (KoKo) zugerechnet werden.»

Gemäss «Tages-Anzeiger» stand Lenzlinger auch einmal wegen mutmasslichen Betrugs in Zug vor Gericht. Es ging um einen Firmenkonkurs 1983, bei dem nicht alles mit rechten Dingen zugegangen sein soll. Weil das Verfahren aber über Jahre verschleppt worden sei, wurde das Urteil am Ende wieder aufgehoben. Auch damals blieb nichts an Iso Lenzlinger hängen.

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