Tiefe Ausbildungsbeiträge in Luzern

Jedes dritte Stipendiengesuch wird abgelehnt

Drei von vier Studenten arbeiten parallel zum Studium und finanzieren sich dadurch teilweise ihren Lebensunterhalt. (Bild: Hochschule Luzern)

2’679 Personen erhielten in den Kantonen Luzern und Zug im letzten Jahr Stipendien und Darlehen für ihre Ausbildung. Gleichzeitig lehnten die kantonalen Fachstellen viele Gesuche ab. Besonders Luzern gehört zu den Kantonen mit den tiefsten Beiträgen an Studierende. Wir zeigen auf, wo mit welcher Unterstützung gerechnet werden kann.

«Warum soll ich für Sie bezahlen?» Diese von der deutschen Tageszeitung «Die Welt» 2006 aufgeworfene Frage stellt sich auch im Zusammenhang des Stipendienwesens in der Zentralschweiz. Über 13 Millionen Franken bezahlten die Kantone Luzern und Zug im letzten Jahr in Form von Ausbildungsbeiträgen. Maturanden, Berufseinsteiger und Studierende verschiedener Hochschulen profitierten davon.

«Jeder von ihnen könnte und sollte […] jeden Studenten danach fragen, mit welchem Recht er davon ausgeht, dass er ihm […] das Studium bezahlt», wandte sich der deutsche Journalist und Publizist Konrad Adam in der «Welt» damals kritisch an die Leser.

Die Debatte gewinnt mit dem neuen Stipendiengesetz an Schwung. Die nackten Zahlen jedoch zeigen klar, dass nicht wenige Studierende auf fremde Unterstützung angewiesen sind. In Zug erhielten 378 Stipendienbezüger im letzten Jahr durchschnittlich 6’002 Franken, Luzern gab 5’149 Franken für jeden der 1’950 Bezüger aus. Der nationale Durchschnittsbetrag lag deutlich höher – bei 6’470 Franken pro Person.

Strenge Stipendienvergabe

Im letzten Jahr lehnte die zuständige Behörde in Luzern insgesamt gut 1’000 Gesuche ab. In den letzten fünf Jahren schwankte die Zahl abgelehnter Gesuche zwischen 800 und 1300. Es ist nicht auszuschliessen, dass die kantonale wirtschaftliche Situation auch darauf einen Einfluss hat. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der gesuchstellenden Personen habe einen Einfluss auf die Höhe der Ausbildungsbeiträge, sagt Teresa Artacho, Leiterin der kantonalen Luzerner Fachstelle Stipendien, weiter. Sie spricht dabei die Frage an, ob eine Person aufgrund ihrer finanziellen Lage stipendienberechtigt ist oder nicht. Der Kanton Luzern sprach 6,2 Millionen Franken in Form von Stipendien an 1’081 Personen. Eingesetzt wurden diese in der höheren Berufsbildung sowie an den drei Luzerner Hochschulen. Dazu kommen Darlehen von gut 800’000 Franken.

Luzern spricht tiefe Stipendien

Der Anteil der Stipendienbeträge an den öffentlichen Bildungsausgaben ist im Kanton Luzern im nationalen Vergleich sehr klein. Teresa Artacho, Leiterin der kantonalen Luzerner Fachstelle Stipendien, erklärt, die anerkannten Lebenshaltungskosten seien in den letzten Jahren nicht angepasst worden. Das aktuell gültige Gesetz bestehe seit 2002. Die Anpassung erfolge nun aber mit der Revision des Stipendiengesetzes. Das Geschäft wird zurzeit im Kantonsrat behandelt.

Im Kanton Zug wurden gesamthaft 471 Gesuche bewilligt. Wie in Luzern wird dabei aber jedes dritte Gesuch abgelehnt. Gut die Hälfte der ausbezahlten Stipendien in Höhe von knapp 2,3 Millionen Franken floss zu Studierenden an Fachhochschulen und Universitäten.

Luzerner Studierende müssen arbeiten

Gerade in Luzern, wo die Stipendien vergleichsweise tief sind und jedes dritte Gesuche abgelehnt wird, müssen die Studierenden ihren Lebensunterhalt folglich auf anderen Wegen beschaffen. Eine Erhebung des Bundes zeigte 2009 auf, dass gesamtschweizerisch drei Viertel aller Studierenden zusätzlich zum Studium einer bezahlten Arbeit nachgehen. Die grosse Mehrheit arbeitet dabei auch während dem Semester.

Allerdings ist nur die Hälfte aller erwerbstätigen Studierenden zwingend auf diesen Verdienst angewiesen. Berufsbezogene Arbeitsmotive stehen nicht im Vordergrund. Der reine Verdienst ziehen die Studierenden der Erlangung praktischer Erfahrung vor.

Hochschulen nehmen Rücksicht

An der Universität Luzern dürfte laut Informationen der fakultätsbezogenen Studienberatungen ein «erheblicher Teil» der Studierenden neben dem Studium in einem Job arbeiten. Gemäss Einschätzungen der Universität sollte sich im Rahmen der Regelstudienzeit ein Arbeitspensum von 20 bis 30 Prozent organisieren lassen, ohne dass das Studium darunter leiden würde.

Auch die Pädagogische Hochschule (PH) Luzern behindere die Erwerbstätigkeit ihrer Studierenden nicht, sagt deren Rektor Hans-Rudolf Schärer. Die PH empfehle allerdings, die Dauer des Studiums an den Umfang des jeweiligen Jobs anzupassen – sprich, das Studium entsprechend zu verlängern. «Wir haben relativ viele Studierende, die in einem kleinen Prozentsatz erwerbstätig sind», ergänzt Hans-Rudolf Schärer. Die PH verfügt über verschiedene Instrumente zur Unterstützung ihrer Studierenden und kann finanzielle Erleichterungen gewähren. Auf Antrag der Studierenden können zum Beispiel die Studiengebühren bis maximal fünfzig Prozent reduziert werden. Zudem bietet die PH auch berufsbegleitende Studiengänge an.

Bei der Universität sieht es anders aus. Hier halten sich die Unterstützungsmöglichkeiten in Grenzen. An der theologischen Fakultät können bei drei Stiftungen Gesuche um Ausbildungsbeiträge eingereicht werden. Die Kultur- und Sozialwissenschaftliche Fakultät vergibt Stipendien nur auf Doktoratsstufe und die Rechtswissenschaftliche Fakultät verwaltet einen Fonds, mit welchen ausschliesslich in besonderen Härtefällen bedürftige Studierende unterstützt werden könnten. Die Studierendenorganisation der Universität verwaltet ergänzend einen eigenen Sozialfonds für bedürftige Studierende. Sie bietet zinslose Darlehen an. Der Fonds wird über die Semestergebühren der Studierenden und Stiftungsbeiträge finanziert.

Nach Angaben der Hochschule Luzern werden dort keine genauen Daten zur sozialen und wirtschaftlichen Lage der Studierenden erhoben. Sie bietet aber viele Bachelor-Studiengänge berufsbegleitend oder in Teilzeit an und ermöglicht Studierenden dadurch, neben dem Studium erwerbstätig zu sein.

Studienförderung an dritter Stelle

Dabei spielt diese Form der Studienförderung nur eine untergeordnete Rolle. In erster Linie finanzieren Studierende ihren Lebensunterhalt durch Unterstützungsbeiträge ihrer Familien. Dies macht die Hälfte der studentischen Einnahmen aus. An zweiter Stelle kommt die eigene Erwerbstätigkeit und erster an dritter die Studienförderung mittels Stipendien und Darlehen.

Neben den Kantonen sprechen auch Gemeinden und Stiftungen Stipendien oder Darlehen. Die Pestalozzi-Stiftung beispielsweise unterstützte im letzten Jahr im Kanton Luzern 14 Personen. Private Bankkredite sind dagegen selten, wie die Luzerner Kantonalbank bestätigt. Sie hat für Studenten keine Kreditprodukte im Angebot. Auch mit Klein-, Privat- und Konsumkrediten kann oder will sie nicht dienen.

Zug unterstützt vor allem Weiterbildungen

Der Kanton Zug unterstützt besonders im Bereich Weiterbildung Personen mit Stipendien. Im letzten Jahr profitierten diesbezüglich 28 Personen von insgesamt 172’800 Franken. Kein anderer Kanton spricht einen derart grossen Anteil seiner Stipendiengelder für diesen Ausbildungstyp. In Zug kamen zudem noch vier Darlehen zu insgesamt 32’000 Franken hinzu.

Unter Weiterbildung versteht der Kanton Zug den «Besuch von Schulen und Lehrgängen, die das Erreichen einer höheren Stufe im Bereich des erlernten Berufs ermöglichen». Im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen sind Stipendien für Weiterbildungen möglich. Darunter fallen «zum Beispiel die Ausbildung zum Bauführer nach einer Maurerlehre an einer höheren Fachschule oder der Erwerb eines Fachausweises im Rechnungswesen nach einer KV-Lehre», sagt der Leiter der Stipendienstelle des Kantons Zug, Lothar Hofer.

Im Kanton Luzern werden für Weiterbildungen im Gegensatz zum Kanton Zug nur Darlehen gewährt. Teresa Artacho erklärt: «Die Weiterbildungen müssen mindestens 600 Lektionen beinhalten und die Arbeitsmarktfähigkeit wesentlich erhöhen.» 2012 unterstützte der Kanton Luzern sechs Bezüger mit knapp 40’000 Franken. Das ist im nationalen Vergleich viel. Nur der Kanton Tessin sprach einen grösseren Darlehensbetrag für Weiterbildungen.

Da die Weiterbildungen in der Regel berufsbegleitend besucht würden, hätten Gesuchstellende aufgrund des Einkommens und der Fehlbetragsrechnung hier in vielen Fällen keinen Anspruch auf unterstützende Beiträge, so Artacho.

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