Stadtführungen in Luzern und Zug

Gerüche, Rohstoffhändler und ein Nachtwächter

Der Verein «Frauenstadtrundgang Luzern» führt durch die Geschichte der Gerüche. (Bild: zod)

Unsere Region gilt als Tourismushochburg und es werden dutzende von Führungen angeboten. Doch es gibt auch für Einheimische noch viel zu entdecken. zentral+ stellt die schrägsten Rundgänge in Luzern und Zug vor und hat sich selber an der Nase herumführen lassen.

«Können Sie sich bitte in zwei Gruppen aufteilen?», tönt es aus der Menge vor der Jesuitenkirche in Luzern. Der Andrang für den neusten Rundgang des Vereins «Frauenstadtrundgang Luzern» ist gross. Es geht dabei um Gerüche in der Stadt Luzern. Dies ist bereits der elfte Rundgang, den der kreative Historikerinnen-Verein erarbeitet hat. Am öffentlichen Rundgang an diesem Tag nehmen demnach überwiegend Frauen teil. «Männer sind zwar nicht im Verein mit dabei, aber als Rundgang-Besucher sehr willkommen,» erklärt Eva Bachmann. Sie ist Vereinsmitglied und führt an diesem sonnigen Nachmittag durch die Stadt.

Es ist einer von vielen besonderen Rundgängen. Während wir später Speed-Dating- und Rohstoff-Rundgänge behandeln, geht es nun erst einmal um stinkende und weniger stinkende Gerüche: «Der Nase nach» heisst die ausgefallene Tour des Frauenstadtrundgang-Vereins. Er soll dem Publikum die Luzerner Geruchsgeschichte vom Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert näher bringen. «In Luzern wurde in den Geschichtsbüchern nur selten etwas über Gerüche geschrieben», erklärt Bachmann. Meistens stelle man sich die Gerüche des Mittelalters nur als unangenehm vor. «Wir wollten mit diesem Rundgang das Klischee der stinkenden Stadt des Mittelalters durchbrechen», so Bachmann.

Käsegeruch als «gesundheitsschädlich» eingestuft

Beim ersten Stopp des Geruchsgeschichte-Rundgangs am Weinmarkt fängt Bachmann mit einem düsteren Thema an: Der Pest. Während die Adligen Zitronenrinde in Geruchsdosen am Körper herumgetragen haben, um die Pest fernzuhalten, war unter den ärmeren Arbeitern eine andere Praxis gang und gäbe. Sie assen Brot mit Knoblauch und Zwiebeln. Ob diese, für ihre Mitmenschen eher unangenehme Methode, etwas gebracht hat, ist nicht erwiesen. Damit die Geschichte den Teilnehmern so richtig in die Nase steigen kann, reicht Bachmann Geruchsproben herum. Ihre Kollegin nimmt unterdessen die Rolle der Chemikerin «Regula Duft» an und stellt spielerisch ein paar Fragen zu den verschiedenen Gerüchen.

In der Weggisgasse geht die Tour weiter. Wo heute das Manor-Warengeschäft Parfüms verkauft, wehte früher überraschenderweise ein ganz anderer Wind: Im Keller der Nummer 15 befand sich um 1896 das Käselager von Alois Sutter. Die Nachbarn von Sutter hätten sich so lange über den Käsegeruch beklagt, dass zunächst der Luzerner Stadtrat und später der Kanton Gutachten anfertigen liessen. Trotz Rekurs des Käselagerbesitzers wurde der Geruch des Lagers als «gesundheitsschädlich» eingestuft und Sutter musste in die Tribschen umziehen.

«Lebensverändernder» Rundgang

Fernab von Gerüchen geht es beim folgenden Rundgang um etwas ganz anderes. «Diese geführten Rundgänge durch die Luzerner Altstadt können für dich zu einer lohnenswerten Entdeckungsreise werden und dein Leben für immer verändern», schreibt der Veranstalter «pechundschwefel.ch» auf seiner Website. Singles zwischen 26 und 38 Jahren können bei diesem Rundgang neben Gebäuden, Geschichte und Anekdoten auch den Partner fürs Leben kennen lernen. Damit das Gelernte zusammen gemütlich besprochen werden kann, endet die 90-minütige Führung in einer Bar.

Frölein Fränkli führt an den Rohstoff-Giganten vorbei

Doch nicht nur in Luzern gibt es ausgefallene Rundgänge, auch in Zug sind die Frauen aktiv. Der Frauenstadtrundgang-Verein Zug führt gerne private Touren auf Anfrage durch. Neben den Führungen dieses Frauen-Vereins gibt es auch den Rundgang «Im Reich der Rohstoffhändler». Er soll eine etwas andere Sichtweise auf Zug geben und wird von der Partei Alternative – Die Grünen Zug und der Regionalgruppe Zentralschweiz der «Erklärung von Bern (EvB)», einer Nicht-Regierungs-Organisation, durchgeführt.

«Fakten und Skandale werden auf humorvolle Weise vermittelt, sodass sie nicht erschlagen, sondern Neugier wecken und aktiv werden lassen», erklärt Alexandra Greeff von der Regionalgruppe Zentralschweiz der «EvB». Sie ist Lehrerin und eine der Rundgangführerinnen. Auch Schulklassen hätten den 75-minütigen Rundgang schon besucht, erklärt Greeff. Damit die Fakten spielerisch rübergebracht werden können, schlüpfen die Tourführer in die Rollen des Frölein Fränkli und Frölein Räppli. Mit dem Rohstoff-Rundgang wolle sie bei den Teilnehmenden eine Sensibilisierung für das Thema erreichen: «Dies können schon einfache Änderungen im Alltag sein, wie zum Beispiel ein bewussteres Einkaufsverhalten», sagt Greeff.

Ein nächtlicher Spaziergang

Beim letzten hier vorgestellten Rundgang ist die Stadt dunkel. Nur die Laterne des Nachtwächters Ludwig Suter leuchtet den Weg durch Luzern. Dazu noch ausgerüstet mit Feuerhorn und Hellebarde beginnt Suter seinen Rundgang auf dem Kornmarkt: «Da stand in alter Zeit auch das Wachtlokal.» Sein Weg von dort über die wichtigsten Plätze der Luzerner Altstadt und wieder zurück zum Ausgangspunkt dauert exakt 60 Minuten. In dieser Zeit erzählt er die Geschichte Luzerns im Gewand eines mittelalterlichen Landsknechts. «Es ist ein Mix aus Gassentheater, Heimatkunde, Abendspaziergang und historischer Stadtführung. Aber immer nur aus der Sicht des Nachtwächters», erklärt Suter.

Den Text für seine Führung hat Suter selber geschrieben. Im Laufe der Zeit habe er ihn immer wieder umgeändert und an die Gäste angepasst. Den nächtlichen Spaziergang in Luzern führt er seit 2012 durch, gleichzeitig ist er schon seit Jahren als Nachtwächter in Beromünster unterwegs. Sein Konzept scheint aufzugehen: «Ich bekomme sehr viele positive Rückmeldungen», so Suter.

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