• Startseite
  • Garantiert eine neue Rechtsform die nötige unternehmerische Flexibilität?

  • Dialog

Garantiert eine neue Rechtsform die nötige unternehmerische Flexibilität?

Der Stadtrat will die Heime und Alterssiedlungen der Stadt Luzern (HAS) in eine gemeinnützige, nicht gewinnorientierte, Aktiengesellschaft auslagern. Heute gehören die HAS zur Stadtverwaltung und sind dem Sozialdepartement angegliedert. Die Exekutive verspricht sich von der Verselbständigung im Wettbewerb mit privaten Heimen mehr unternehmerischen Spielraum sowie schnellere Entscheidungswege. Da die Stadt Eigentümerin bleibt, handelt es sich bloss um eine formelle Privatisierung. Die Politikerinnen Laura Grüter Bachmann (FDP.Die Liberalen) und Melanie Setz (SP) sind beide in der Sozialkomission, vertreten aber entgegengesetzte Meinungen.

Nur so kann das gute Angebot beibehalten und erweitert werden

Durch die Neuordnung der Pflegefinanzierung sind die Heime und Alterssiedlungen der Stadt Luzern seit 2011 einem steigendem Wettbewerb ausgesetzt. Dieser Wettbewerb spielt bei der stationären Langzeitpflege, aber vor allem auch bei spezifi­schen Pflege- und Betreuungsleistungen im Bereich des betreuten Wohnens oder des Wohnens mit Dienstleistungen. Dies ist eine wichtige Lücke zwischen der ambulanten und stationären Versorgung, die sich zurzeit dynamisch entwickelt. Luzern hat in den vergangenen Jahren ein breites und qualitativ gutes Angebot von eigenen Heimen, Alterssiedlungen, Pflegewohnungen und verschiedenen Spezialpflegen (z.B. Demenzwohngruppen, Übergangspflege) geschaffen.

Nur mit kurzen Entscheidungswegen und finanziellen Mitteln für die notwendigen Investitionen kann die Stadt Luzern rasch auf aktuelle Trends und Bedürfnisse in diesem Bereich reagieren und sich so im Wettbewerb behaupten. Nur so wird es ihr möglich sein, das heutige, breitgefächerte Angebot beizubehalten respektive zu erweitern. Behauptungen, auch mit dem Verbleib innerhalb der Verwaltung wären diese Herausforderungen zu meistern, sind sehr kritisch zu hinterfragen.

Als Teil der städtischen Verwaltung gelten momentan die üblichen politischen Pro­zesse und Verwaltungabläufe, was kurze Entscheidungswege und flexibles Reagie­ren auf Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger deutlich erschwert. HAS Luzern als Teil der Stadtverwaltung wird nicht mithalten können im dynamischen Umfeld der sich verändernden Alters- und Pflegeversorgung.

Wird HAS verselbständigt, so tritt der bereits ausgehandelte Gesamtarbeitsvertrag in Kraft. Dieser sieht unter anderem eine fünfte Ferienwoche für alle Mitarbeitenden vor. Dem Pflegepersonalmangel könnte zudem mit einem verstärkten branchenspezifischen Personalmarketing begegnet werden. Die neue Trägerschaft ermöglichst schnelles Reagieren bezüglich der Attraktivität von Arbeits- und Anstellungsbedingungen.

Die städtischen Heime bleiben auch bei einer Auslagerung zu 100 Prozent im Eigentum der Stadt. Indem das Parlament über die Leistungsverträge mit den städtischen wie mit den privaten Anbietern mitbestimmen kann, bleibt der politische Einfluss vollumfänglich gewahrt.

Wir wollen nicht nur zahlen, sondern auch mitbestimmen

Am 19. Dezember behandelt der Grosse Stadtrat von Luzern den Bericht und Antrag «Schaffung einer gemeinnützigen Aktiengesellschaft für die Heime und Alterssiedlungen (HAS) der Stadt Luzern».

Die SP/Juso-Fraktion setzte sich seit Beginn der Diskussionen um eine Privatisierung der HAS entschieden gegen eine Auslagerung ein. Neben der Meinung, die soziale Sicherheit inklusive einer bedarfsgerechten Altersversorgung gehöre zu den Grundaufgaben des Staates und darf nicht dem Wettbewerb renditeorientierter Investoren ausgesetzt werden, spricht insbesondere die fehlende demokratische Kontrolle einer AG gegen eine Auslagerung.

Heute sind die HAS Bestandteil der Verwaltung. Das vom Volk gewählte Parlament kann direkt Einfluss nehmen auf das Angebot in der Altersversorgung. Insbesondere die Mitglieder der Sozialkommission werden über Veränderungen und Probleme in HAS informiert. Die Heimbesuche der Sozialkommission ermöglichen einen direkten Austausch zwischen Politik und den Verantwortlichen an der Front. Auch dank dieser Nähe können Bedürfnisse und Anregungen in die Sozialkommission getragen, Vorstösse formuliert und Debatten im Parlament geführt werden.

Gerade im Bereich der sozialen Sicherheit sind solche Diskussionen zwingend. Selbstverständlich dauern Veränderungen im Korsett einer Verwaltung länger, was für die Akteure unangenehm sein kann. Doch gehört dies nicht zu unserer Demokratie? Eine Einflussnahme auf die Geschicke von HAS wären nach einer Auslagerung nur noch aus Distanz möglich, sprich über Leistungsverträge und die Eigentümerstrategie. Und der handelnde Verwaltungsrat würde vom Stadtrat bestimmt – wer garantiert uns auch für die Zukunft ein fachlich qualifiziertes und umsichtiges Gremium? Nicht zu vergessen: Bei Misswirtschaft und einem Konkurs einer HAS AG muss die Stadt Luzern als Alleineigentümerin die Zeche zahlen.

Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass sich die Ansprüche an die Alterspflege wandeln. Trotzdem muss es möglich sein, Veränderungen auch im Rahmen einer Verwaltung anzugehen. Neue Ideen und marktfähige Innovationen sollen nicht vor dem Stadthaus halt machen. Und wenn dafür meine Steuern eingesetzt werden, will ich als Einwohnerin dieser Stadt auch weiterhin mitreden und –bestimmen.