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Müssen leerstehende Gebäude zur Zwischennutzung zur Verfügung stehen?

Die Initiative «Zwischennutzung statt Baulücke» der Juso Luzern fordert, dass leerstehende Gebäude und Räume sowie brachliegende Flächen innerhalb der Stadt Luzern der Behörde gemeldet und von dieser für Zwischennutzungen aller Art zu Verwaltungskosten zur Verfügung gestellt werden. Zudem wird in der Initiative verlangt, dass Gebäude nur dann abgebrochen werden dürfen, wenn gleichzeitig auch eine Bewilligung für ein Neubauprojekt vorliegt.

Im Pro & Contra von zentral+ kreuzen Max Bühler von der Juso Luzern und FDP-Grossstadtrat Rieska Dommann die Schwerter: Bühler ist überzeugt, dass mit einer Meldepflicht für leerstehende Gebäude, Räume und Flächen Transparenz geschaffen werde und die Allgemeinheit nur davon profitieren könne. Dommann ist klar dagegen und befürchtet einen erheblichen bürokratischen Aufwand und eine faktische Enteignung von ganzen Gebäuden.

Von Zwischennutzungen kann die Allgemeinheit nur profitieren

Beim Thema Zwischennutzungen werden Vertreter des fast ganzen politischen Spektrums und der Stadtregierung nicht Müde zu betonen, wie gross das Potential von Zwischennutzungen ist, und wie wichtig es ist diese zu fördern. Wenn es allerdings um eine konkrete Umsetzung dieses breit abgestützten Anliegens geht, trauen sich die meisten nicht über gut gemeinte Absichtserklärungen hinaus.

Die Initiative «Zwischennutzung statt Baulücke» stellt ein griffiges Instrument dar um Zwischennutzungen von Gebäuden, Räumen oder auch Grundstücken vermehrt zu ermöglichen – nicht nur der öffentlichen Hand, sondern auch von Privaten. Der Raum in der Stadt Luzern ist knapp und sollte nicht verschwendet werden – brachliegende Flächen und leerstehende Gebäude und Räume nützen niemandem und verschandeln mitunter das Stadtbild. Die Initiative will diese Räume zum Vorteil aller Beteiligten noch für eine begrenzte Zeit nutzbar machen: Die ZwischennutzerInnen kommen günstig zu Räumen und die BesitzerInnen können diese kostendeckend – so sieht es die Initiative vor – vermieten.

Zudem soll es nicht mehr möglich sein ohne Baubewilligung für einen Nachfolgebau und ohne gesicherte Unternehmerverträge ein Gebäude einfach auf Vorrat abzureissen und ungenutzte Bracheflächen entstehen zu lassen. Bei der Nutzungsart des freistehenden Raumes ist von Ateliers und Proberäumen über Restaurants und Bars bis hin zu Büros und Wohnungen alles vorstellbar.

Damit aber Zwischennutzungsbegehren geeigneten Räumen zugeführt werden, braucht es zum einen eine Meldepflicht für BesitzerInnen von leerstehenden Räumen, Gebäuden oder Grundstücken und zum anderen eine aktive, institutionalisierte Vermittlertätigkeit der Stadt. Denn nur so wird Transparenz über das vorhandene Angebot geschaffen und nur so können Zwischennutzungen tatsächlich gefördert werden. Die Stadt als Vermittlerin kann auf diese Art Angebot und Nachfrage zusammenbringen.

Eine Meldepflicht stellt jedoch nicht gleichzeitig ein Zwang zur Zwischennutzung dar – es ist klar, dass es in einem Mehrfamilienhaus keinen Proberaum für eine Guggenmusig geben kann.

Von Zwischennutzungen kann die Allgemeinheit nur profitieren: wo es möglich ist, können Wohnräume zwischengenutzt werden und die auch in Luzern immer problematischer werdende Wohnungsknappheit wenigstens zum Teil gelindert werden.

Kulturell wirken Zwischennutzungen belebend und sind auch als wirtschaftlicher Faktor nicht zu unterschätzen, denn sie dienen als Biotop für Start-up-Firmen und Firmen im Bereich der immer wichtiger werdenden Kreativwirtschaft.

Es gibt kein Recht auf die Nutzung von leerstehenden Räumen

Zwischennutzungen von leerstehenden Gebäuden sind sinnvoll, wenn sie auf Freiwilligkeit beruhen. Aus diesem Grund hat das Parlament der Stadt Luzern in der neuen Bau- und Zonenordnung die notwendigen Voraussetzungen für Zwischennutzungen geschaffen.

Gemäss Initiativtext müssen leerstehende Gebäude und Räume gemeldet und für vertraglich geregelte Zwischennutzungen zu Verwaltungskosten zur Verfügung gestellt werden.

Einen derartigen Zwang lehne ich entschieden ab. Er stellt einen massiven und unverhältnismässigen Eingriff in die Eigentumsrechte der Liegenschaftsbesitzer dar. Dass die Initianten die Liegenschaftseigentümer zwingen wollen, ihre leerstehenden Räume für eine Zwischennutzung zur Verfügung zu stellen, geht aus dem Text zur Initiative auf der Website der Juso klar hervor: «Die Zwischennutzungs-Initiative sieht vor, dass leerstehende Gebäude und Räume für Zwischennutzungen zu Verwaltungskosten zur Verfügung gestellt werden müssen.» Was das zum Beispiel für die teilweise seit Monaten leerstehenden Büroflächen bedeutet, wage ich mir nicht auszumahlen.

Gemäss den Initianten muss jeder Raum ab einer Grösse von ca. 20 Quadratmeter gemeldet werden. Davon betroffen wären in der ganzen Stadt zweifellos mehrere hundert Räume und Gebäude. Die Stadt müsste alle diese Liegenschaften erfassen und registrieren und die Listen laufend aktualisieren und überprüfen. Eine unglaubliche Bürokratie für etwas, das die Beteiligten problemlos selber organisieren können.

Wenn eine Nachfrage nach Räumen für Zwischennutzung besteht und zudem leerstehende Räume, die für eine Zwischennutzung in Frage kommen, angeboten werden, dann sollen sich die Parteien selber organisieren und beispielsweise eine geeignete Plattform im Internet schaffen. Dafür brauchen wir keine neuen Staatsbeamten, die in den Quartieren unterwegs sind, um zu überprüfen, ob irgendwo ein Raum leer steht, der nicht gemeldet wurde. Derartige Kontrollen wären jedoch notwendig, damit die Meldepflicht durchgesetzt werden kann. Fehlbare Liegenschaftsbesitzer müssten sanktioniert werden.

Bereits heute fördert die Stadt Luzern Zwischennutzungen, indem Überlegungen angestellt werden, welche eigenen Objekt sich dafür eignen. Sie vermittelt zudem bei Bedarf zwischen Interessierten für Zwischennutzungen und privaten Anbietern.

Ich sage aus Überzeugung Nein zu mehr Bürokratie und Nein zur faktischen Enteignung von Räumen und ganzen Gebäuden. Es gibt kein Recht auf die Nutzung von leerstehenden Räumen.