Das Recht wurde falsch angewandt

Luzerner Staatsanwaltschaft patzte: Droher erhält nun Geld vom Staat

Kantonsgericht Gericht Kanton Luzern

(Bild: bic)

«Die Staatsanwaltschaft hat das Recht falsch angewandt», heisst es in einem Urteil des Bundesgerichts, das am Mittwoch publiziert wurde. Deshalb erhält ein Mann, der die Mitarbeiter einer Firma mit dem Tod bedrohte, statt einer Strafe nun Geld vom Kanton Luzern. Die Bundesrichter sparen dabei nicht mit Kritik an den Luzerner Kollegen.

Der Fall scheint kurios: Ein Mann geht 2014 zum Empfang einer Firma im Kanton Luzern und verlangt, dass ein Angestellter ihn bis spätestens zurückruft. Sollte der Mann seiner Forderung nicht nachkommen, werde er einen Mitarbeiter sowie die Geschäftsleitung töten.

Die Drohung zeigte Wirkung. Der genannte Mitarbeiter rief den Mann noch am gleichen Tag an. Die Situation schien bereinigt. Doch besagter Mitarbieter klagte den Mann, der die Drohung geäussert hatte, drei Monate später bei der Luzerner Staatsanwaltschaft an. Der Vorwurf: Drohung und Nötigung.

Zentrale Prinzipien des Rechts missachtet

Wie erwartet, verurteilte die Staatsanwaltschaft den Droher per Strafbefehl zu einer Busse von 800 Franken und einer bedingten Geldstrafe wegen Nötigung. Doch die Juristen haben bei der Arbeit geschluddert. Denn im gleichen Strafbefehl sprachen sie den Mann vom Vorwurf der Drohung frei. Dies weil der Bedrohte Angestellte sich gemäss eigenen Angaben nicht in Angst oder Schrecken habe versetzten lassen. Das entscheidende Strafbestandsmerkmal fiel also weg.

Der Mann, der die Drohung ausgesprochen hatte, akzeptierte den Strafbefehl jedoch nicht und gelangte damit an das Bezirks- und später an das Kantonsgericht. Beide Instanzen sprachen ihn der Nötigung schuldig und brummten ihm eine Strafe von 160 Stunden gemeinnütziger Arbeit auf.

Dies wollte der Droher wiederum nicht auf sich sitzen lassen und zog den Fall an das Bundesgericht weiter und forderte von den Lausanner Richtern einen Freispruch. Dabei berief er sich auf das Prinzip von «ne bis in idem». Zu Deutsch:«Zweimal sei in derselben Sache keine Gerichtsverhandlung.» Dies ist einer der zentralen Grundsätze des Strafrechtes. Demnach darf wegen der gleichen Straftat nicht erneut verfolgt werden, wer rechtskräftig verurteilt oder freigesprochen worden ist.

So lautete die Begründung des Beschuldigten: Da die Staatsanwaltschaft das Verfahren wegen Drohung eingestellt habe, könne sie die Verurteilung wegen Nötigung nicht aussprechen, da die beiden Tatbestände auf der selben Handlung (der Drohung) beruhen würden.

Scharfe Kritik an der Staatsanwaltschaft

Auf dieses Argument war das Kantonsgericht jedoch nicht eingegangen. Es wies in seinem Urteil darauf hin, dass dem Beschuldigten hätte klar sein müssen, dass das Verfahren gegen ihn wegen seinen Äusserungen nicht eingestellt worden sei.

Doch das Bundesgericht pfiff das Kantonsgericht zurück und verwies auf den Fehler der Staatsanwaltschaft. Es könne zwar sein, dass sich der Beschuldigte dessen hätte bewusst sein sollen, es aber nichts an der Tatsache ändere «dass im gleichen Dokument – fälschlicherweise – zwei prozessuale Erkenntnisse über den gleichen Sachverhalt ergingen». Die Einstellung eines Verfahrens komme aus den genannten Gründen folglich einem Freispruch gleich.

Somit wird das Urteil des Kantonsgericht nichtig. «Der staatliche Strafanspruch wurde durch einen Fehler der Staatsanwaltschaft getilgt», halten die Lausanner Richter fest. Mit Kritik an der Luzerner Staatsanwaltschaft wird dabei nicht gespart. Der Kanton muss dem Mann für dessen Aufwendungen nun 3’000 Franken bezahlen.

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