GGR schickt Exekutive auf «Irrweg»

Zuger Stadtrat muss erneut mit Stockwerkeigentümern verhandeln

Der Zuger Stadtrat an einer GGR-Sitzung (vordere Reihe): v.l. Karl Kobelt, FDP, André Wicki, SVP, Stadtpräsident Dolfi Müller, SP, Vroni Straub, CSP, und Urs Raschle, CVP.

(Bild: Archiv/mbe.)

Der Zuger Stadtrat soll nochmals mit den Stockwerkeigentümern über den Gesellschaftsraum im Hochhaus Parktower verhandeln. Das hat der Grosse Gemeinderat am Dienstag entschieden und einen neuen Vorschlag präsentiert: Einige Stockwerkeigentümer haben vorgeschlagen, den Raum selber zu verwalten. Für die Bürgerlichen kann damit der «Königsweg» eingeschlagen werden, für den Stadtrat begibt man sich auf einen «Irrweg».

Beinahe wäre 2016 die Umgestaltung des Gesellschaftsraums im 24. Geschoss des Parktowers beim Bahnhof Realität geworden: Damals legte der Stadtrat dem Grossen Gemeinderat einen Kredit von 437’000 Franken für den Umbau des der Stadt gehörenden Raums vor – doch es kam anders: Mit 18 zu 17 Stimmen lehnte das Parlament den Kredit – weil zu hoch – ab und schlug einen Richtungswechsel vor: Mit einer Motion beauftragte er den Stadtrat, das Nutzungsrecht des Gesellschaftsraums zurückzugeben. Der Stadtrat ging darauf in Verhandlung und liess zuerst ein Gutachten über den Preis des Nutzungsrechts erstellen. 3,1 Mio. Franken lautete die Schätzung zweier Gutachter. Diesen Preis hätten die Stockwerkeigentümer – 50 an der Zahl – entrichten müssen.

Wie Stadtratsvizepräsident André Wicki, Vorsteher des Baudepartements, ausführte, gestalteten sich die Verhandlungen schwierig und es kristallisierte sich heraus, dass die Stockwerkeigentümer kein Interesse am Nutzungsrecht hätten – zu teuer. Erschwerend sei zudem, dass sämtliche 50 Stockwerkeigentümer einverstanden hätten sein müssen. Für den Stadtrat war darauf klar, dass der Auftrag des Parlaments nicht zu erfüllen ist. Er schlug stattdessen vor, die Motion als erledigt abzuschreiben und den ursprünglichen Plan wieder anzugehen: den Raum auszubauen und der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen.

Ein überrissener Schätzpreis?

Für eine Überraschung sorgten laut einer Mitteilung der Stadt Zug die Motionäre, als sie an der Sitzung vom Dienstag neue Informationen präsentierten: Sie berichteten, dass nicht alle Stockwerkeigentümer über die Absicht des Stadtrats informiert gewesen seien und dass sie sich bei ihnen gemeldet hätten. Mehr noch, so die Motionäre Eliane Birchmeier, FDP, und Gregor Buhin, SVP: Einzelne Stockwerkeigentümer seien bereit, den Betrieb, allenfalls sogar die Ausbaukosten zu übernehmen. Diese Lösung habe für die Stadt nur Vorteile: Diese müsste kein Geld in die Hand nehmen und sich nicht um den Betrieb kümmern. Es öffne sich hier ein «Köngisweg», gab sich Gregor Bruhin überzeugt.

Und Eliane Birchmeier forderte den Stadtrat auf, vom «überrissenen Schätzpreis» von 3,1 Mio. Franken abzukommen: Ein Nutzungsrecht mit Stockwerkeigentum gleichzusetzen, funktioniere nirgends – weder in New York noch in Zug.

Ein Irrweg, findet Dolfi Müller

Weit weg von einem Königsweg sei dieser Vorschlag, schon mehr ein Irrweg, konterte Stadtpräsident Dolfi Müller den Vorschlag in einem leidenschaftlichen Votum. Die Verhandlungen hätten gezeigt, dass die Stockwerkeigentümer kein Interesse am Nutzungsrecht hätten. Es sei auch in diesem Fall mit langen Verfahren zu rechnen. Sowohl die SP wie auch die Fraktion Alternative-CSP unterstützte den Stadtrat: Bei dieser aussichtslosen Situation soll der Gesellschaftsraum endlich der Bevölkerung zugänglich gemacht werden. Willi Vollenweider, parteilos, sagte: Die Bevölkerung besitze einen Rechtsanspruch auf diesen Raum, dieses Juwel dürfe nicht an Dritte abgegeben werden.

Die Abstimmung ergab ein knappes Resultat zugunsten der Motionäre: Mit 15 zu 14 Stimmen und vier Enthaltungen sprach sich der Rat für den Antrag der FDP-Fraktion aus, die Motion nicht abzuschreiben. Für den Stadtrat heisst das: Er muss mit den Stockwerkeigentümern erneut verhandeln. Das werde in nächster Zeit geschehen, versprach Stadtratsvizepräsident André Wicki. Auf das Resultat kann man gespannt sein.

Jahresrechnung und Jahresbericht 2017 genehmigt

Mit 32 zu 0 Stimmen genehmigte der Grosse Gemeinderat die Jahresrechnung und den Jahresbericht 2017 und stimmte der Verwendung des Ertragsüberschusses zu. Die Rechnung schloss mit einem nicht erwarteten Überschuss von 36,9 Mio. Franken ab; budgetiert waren 1,2 Mio. Franken. Herausgestochen sind die massiv höheren Steuererträge der natürlichen Personen (22,7 Mio. Franken mehr als budgetiert) – eine Entwicklung, wie sie zu Beginn des Budgetprozesses nicht zu erwarten war, wie Stadtrat Karl Kobelt, Vorsteher des Finanzdepartements, in der Sitzung ausführte. Des Lobes voll war auch Philip C. Brunner, Präsident der Geschäftsprüfungskommission, der unter anderem auch die Ausgabendisziplin von Verwaltung und Stadtrat hervorhob.

Hält die finanzielle Gut-Wetter-Lage an? Für Stadtrat Karl Kobelt ja: Die Grundlage sei mit der Finanzstrategie 2014–18 gelegt worden, mit welcher es gelang, die negativen Rechnungsergebnisse zu tilgen. Dank der gesunden Gemeindefinanzen sei es vertretbar, die Steuern von heute 58 auf 54 Prozent des kantonalen Einheitssatzes zu senken. Auch für Philip C. Brunner ist die Stadt «sehr gut aufgestellt», wie er festhält, auch wenn dies nicht zu unüberlegten Ausgaben führen soll.

Stadtrat will 20 Millionen auf die hohe Kante legen

Zu reden gab die Frage: Was geschieht mit dem hohen Ertragsüberschuss? Für den Stadtrat bietet sich die Gelegenheit, einen grossen Teil des Überschusses, rund 20 Mio. Franken, in einen Topf für die Vorfinanzierung von Schulhausbauten zu legen; in den nächsten Jahren wird die Stadt dafür rund 80 Mio. Franken benötigen. Weitere 1,5 Mio. Franken sollen für die Vorfinanzierung der Sportanlagen Herti Nord verwendet werden. Dem Personal schliesslich sollen im Sinne einer nicht wiederkehrenden Anerkennung 1,3 Mio. Franken zukommen.

Die Fraktionen stimmten dieser Idee grossmehrheitlich zu, nutzten aber die Gelegenheit, die Gewinnverwendung kritisch oder wohlwollend zu betrachten:
–    Die Fraktion Alternative-CSP beantragte, für Hilfeleistungen im Ausland 300’000 Franken (abgelehnt mit 21 zu 12 Stimmen) und im Inland 500’000 Franken (abgelehnt mit 21 zu 8 Stimme) bereitzustellen. Weiter stellte die Fraktion den Antrag, 1,5 Mio. Franken in den Topf für die Förderung des preisgünstigen Wohnungsbaus zu legen (abgelehnt mit 22 zu 10 Stimmen).
–    Für die SVP-Fraktion ist die Vorfinanzierung in Ordnung; sie dürfe aber nicht dazu führen, dass «weiterhin vergoldete Schulbauten mit dem bekannten Zuger Finish» gebaut würden.
–    Für die FDP- und die CVP-Fraktion war die Vorfinanzierung von Schulbauten und Sportanlagen unumstritten.
–    Der Staat sei nicht ermächtigt, Steuern auf Vorrat zu erheben, stellte die SP-Fraktion fest. Ist das der Fall, so müsste der Staat den Überschuss den Steuerzahlenden zurückerstatten: Jede Einwohnerin, jeder Einwohner erhielte in diesem Fall 1233 Franken zurück. Das sei naturgemäss eine Forderung der Bürgerlichen, so die SP, die den bürgerlichen Fraktionen nahelegte, einen solchen Antrag zu stellen. Das geschah natürlich nicht.

Volksinitiative «Wohnen in Zug für alle»; Aktionsplan

Am 17. Juni 2012 hat das Zuger Stimmvolk der Volksinitiative «Wohnen in Zug für alle» zugestimmt. Der Stadtrat erhielt mit ihr den Auftrag, Massnahmen zum Erhalt und zur Schaffung von neuem preisgünstigem Wohnraum zu treffen und gleichzeitig den gemeinnützigen und genossenschaftlichen Wohnungsbau zu fördern. Im November 2014 hat der Stadtrat dem GGR eine Auslegeordnung zum Thema preisgünstiger Wohnraum in der Stadt Zug im Rahmen einer Umsetzungsstrategie unterbreitet und darin verschiedene Massnahmen erläutert, die der Stadtrat bereits umgesetzt hat.

Mit dem nun vorliegenden Aktionsplan wird die Umsetzung der Initiative zeitlich und inhaltlich konkretisiert. Im Aktionsplan hält der Stadtrat fest, dass es aufgrund nur sehr beschränkt vorhandener Handlungsspielräume für die Stadt Zug nicht einfach ist, preisgünstigen Wohnraum aktiv zu fördern. Dies in erster Linie, weil sich im Immobilienportfolio der Stadt nur wenige Liegenschaften befinden, die sich kurz- wie auch mittelfristig für die Entwicklung zugunsten preisgünstigem Wohnraum anbieten. Zudem erschweren die gesamtstädtisch geringen Baulandreserven und die hohen Bodenpreise den Zugang von gemeinnützigen Bauträgern zum Wohnungsmarkt.

Die Stadt Zug will deshalb die bisherigen Massnahmen weiterführen und den Bau von preisgünstigem Wohnraum mit den folgenden drei Möglichkeiten zusätzlich fördern: Entwicklung und Abgabe städtischer Grundstücke, finanzielle Unterstützung gemeinnütziger Bauträger und Prüfung von planerischen Auflagen in den Verdichtungsgebieten im Rahmen der nächsten Bau- und Zonenplanrevision.

Nicht alle sind vom Aktionsplan überzeugt

Die vom Stadtrat im Bericht dargelegten Massnahmen vermochten im Grossen Gemeinderat nicht alle Fraktionen zu überzeugen. Die SP vermisst Herzblut und Innovation. Zwar sei man sich bewusst gewesen, dass der Stadtrat keine Wunder vollbringen könne, jedoch hätte man sich vom Aktionsplan etwas mehr erhofft.

Für die Alternative-CSP stimmt die Stossrichtung, sie erhofft sich nun ein zügigeres Vorankommen bei der Umsetzung der Initiative. Die SVP hingegen beantragte ablehnende Kenntnisnahme des Berichts, weil sie die Auffassung des Stadtrates, dass sich die aufgeführten Grundstücke für preisgünstigen Wohnungsraum eignen, nicht teilt. Insbesondere für die Grundstücke an der Chamerstrasse sieht die SVP ganz andere Verwendungsmöglichkeiten. Auch bei der CVP-Fraktion haben die Grundstücke an der Chamerstrasse für Irritationen gesorgt. Es sei fraglich, ob diese Lage für preisgünstigen Wohnraum geeignet sei.

Zudem fände man es falsch, wenn die Stadt Land kaufe, im Wissen es an eine Baugenossenschaft im Baurecht abgeben zu wollen. Dies könne keine langfristige Strategie zur Umsetzung der Initiative sein. Die grösste Zustimmung erhielten die Darlegungen des Stadtrates von Seiten der FDP und der GLP. Sie beide sowie die CVP begrüssen den Entscheid, dass die Stadt nicht vorsieht selber zusätzliche preisgünstige Wohnungen zu betreiben, sondern diese über finanzielle Anreize zu fördern. In der Schlussabstimmung wurde der Aktionsplan vom Rat mit 19 zu 10 Stimmen zur Kenntnis genommen.

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