Hier wurden die verdeckten Firmenkäufe abgewickelt

Fall Vincenz: Zuger Firma im Zentrum der Ermittlungen

Schauplatz des Skandals: Über eine Firma im Hochhaus an der Baarerstrasse 43 wickelte Pierin Vincenz seine Firmenkäufe ab.

 

(Bild: Screenshot GoogleMaps)

Die heiklen Käufe von Firmen durch den ehemaligen Raiffeisen-CEO Pierin Vincenz wurden über eine Briefkastenfirma in Zug abgewickelt. Nun befasst sich die Zürcher Staatsanwaltschaft mit dem Unternehmen.

Es steht prominent in der Zuger Innenstadt. Das Hochhaus an der Baarerstrasse 43 direkt beim Bahnhof. Hunderte von Firmen sind an dieser Adresse eingetragen. Eine davon ist die iFinance Management AG. Eigentlich nur eine von tausenden von Briefkastenfirmen im steuergünstigen Kanton.

Doch nun hat sich brisantes herausgestellt: Die iFinance Management AG ist nicht irgendeine Firma, sondern das berüchtigte Vehikel, worüber Ex-Raiffeisen-Chef Pierin Vincenz und sein Geschäftspartner Beat Stocker juristisch heikle Firmenkäufe getätig haben. Dies haben Recherchen der «Schweiz am Sonntag» ergeben.

Der Name Vincenz tauchte nirgends auf

Laut der Zeitung war die Zuger Finanzgesellschaft die geheime Schaltzentrale, über die Millionenbeträge verschoben wurden. Deshalb steht sie nun im Zentrum der Ermittlungen im Fall Vincenz durch die Zürcher Staatsanwaltschaft.

Briefkastenfirmen haben ein gemeinsames Merkmal: Die Unternehmen haben kein Management, sondern nur einen einzigen Verwaltungsrat, meistens einen Anwalt. Der Firmenzweck ist nur vage umschrieben. Bei der iFinance Management AG heisst  es kurz und knapp: «Kauf, Verkauf und Halten von Beteiligungen an in- und ausländischen anderen Gesellschaften und deren Verwaltung und Finanzierung (…).»

Typisch für viele Firmen wie iFinance: Die eigentlichen Nutzniesser, die sogenannten wirtschaftlich Berechtigten, erscheinen nirgends in den Handelsregisterunterlagen. Sowohl bei der Firmengründung als auch bei deren späteren Löschung tauchen die Namen von Vincenz und Stocker nicht auf, weiss die «Schweiz am Sonntag».

Nur eine Tarnfirma

Pierin Vincenz war zwischen 1999 und 2015 Chef der Raiffeisen-Banken. Daneben war er Mitglied in diversen Verwaltungsräten. So auch beim Finanzinfrastrukturunternehmen Aduno, an der die Raiffeisen 25 Prozent hält. Zwischen 1999 und 2017 war Vincenz Präsident von Aduno. Beat Stocker war zwischen 1999 und 2011 CEO und zwischen 2011 und 2015 VR-Mitglied bei Aduno. Das Unternehmen verfolgte damals das Ziel, zu einem bedeutenden Finanzdienstleister in der Schweiz aufzusteigen. Um das zu erreichen, gingen Vincenz und Stocker auf Einkaufstour.

Ende 2006 kam das Übernahmeziel Commtrain Card Solution (CCS) auf den Radar, ein kleines, auf Kartenbezahllösungen spezialisiertes Unternehmen aus der Ostschweiz. Gemäss übereinstimmenden Quellen soll es insbesondere Beat Stocker gewesen sein, der als CEO für eine Übernahme lobbyierte. Vincenz unterstützte das Vorhaben.

Was niemand wusste: Beat Stocker und Pierin Vincenz kontrollierten die CCS indirekt über ihr gemeinsames Vehikel iFinance. Vincenz und Stocker traten konsequenterweise auch nicht in den Ausstand, als Aduno sich mit dem Kauf beschäftigte. Das hätten die beiden tun müssen, doch wäre dann ihre Tarnung aufgeflogen. Denn der Zweck der iFinance war es ja, die wahre Eigentümerschaft zu verschleiern.

Heikler Deal

Als die Aduno-Verwaltungsräte den Kauf bewilligten und den Kaufpreis von sechs Millionen Franken an die CCS beziehungsweise an die iFinance auslösten, wussten sie also nicht, an wen genau sie das Geld überwiesen hatten. Sie wussten nur, dass ein gewisser Beat Barthold als alleiniger Verwaltungsrat die Firma vertrat.

Dieser soll zwar gefragt worden sein, wer die wirtschaftlich Berechtigten hinter der Gesellschaft waren, doch soll er dazu keine Angaben gemacht haben, wie ein Kenner der Vorgänge bestätigt. Barthold sass gleichzeitig im Verwaltungsrat von CCS und arbeitete in Mandaten für Aduno. Das zeigt die enge Verflechtung zwischen Aduno, CCS und iFinance bereits vor dem Kauf.

Pikant: Kein VR-Mitglied ging auf die Barrikaden und verlangte die Identifikation der wirtschaftlich Berechtigten hinter iFinance. Trotzdem stimmten die Verwaltungsräte dem Deal zu, darunter gestandene Banker wie ZKB-Chef Martin Scholl, BSI-Finanzchef Rudolf Dudler (heute EFG) oder Ex-Coop-Bank-Chef Andreas Waespi.

Nun muss also die Staatsanwaltschaft die Details klären, inwiefern die Zuger iFinance in den Fall verwickelt ist. Für alle Beteiligten Personen gilt die Unschuldsvermutung. Pierin Vincenz sitzt nach wie vor in Untersuchungshaft.

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