Leserbrief über fehlerhafte Bahnausbau-Planung

«Bei der SBB paart sich Arroganz mit Dilettantismus»

Der westliche Tunnelausgang des Nadelöhrs am Zimmerberg.

(Bild: Wikimedia Commons)

In seinem Leserbrief geht der Chamer Gerhard Schmid mit der SBB hart ins Gericht. Die Studien würden viele Fehler beinhalten, argumentiert er.

Das Bundesamt für Verkehr und die SBB stützen sich beim Projekt Doppelspur Walchwil in diversen Gutachten auf falsche Kennzahlen. Besonders peinlich ist es, wenn bei prognostizierten Zugdurchfahrten die Zahlen falsch addiert werden und daraus ein zu tiefes Total resultiert. Geschönten Lärmberechnungen liegen unzutreffende Zuglängen, Zuggeschwindigkeiten und topografische Faktoren zugrunde. Für die 1,7 Kilometer lange Neubaustrecke nimmt man einen Kurvenradius 0 an, was einen geraden Verlauf suggerieren soll. Das ist doppelt verkehrt: Im steilen Gelände von Walchwil bewegt sich die Bahn fast ständig in Kurven. Bei einem geraden Verlauf wäre der Kurvenradius ausserdem nicht 0, sondern unendlich (Radius 0 ist identisch mit einem Punkt).     

Dasselbe Niveau einer bundeseigenen Fachstelle belegt auch ein Schreiben vom 12. September 2012, das von Frau Bundesrätin Leuthard persönlich unterzeichnet war. Es ging darin um das Kosten-Nutzen-Verhältnis der Tunnelvarianten «Zimmerberg light» und Zimmerberg-Basistunnel II: «Die Strecke Sihlbrugg – Litti weist zudem enge Kurvenradien und grosse Steigungen auf. Mit einem parallelen Tunnel könnte der Verkehr gegenüber heute nicht beschleunigt werden.» Von Kurven und erheblichem Gefälle (1 Prozent !) kann beim 3,4 Kilometer langen, schnurgeraden Albistunnel keine Rede sein. In einem parallel geführten zweiten Tunnel liesse sich die aktuell gefahrene Geschwindigkeit von 125 km/h auf 140 km/h erhöhen und letztlich im sanierten bisherigen Tunnel ebenfalls.   

Es erstaunt nicht, dass sich der Streit vor Bundesgericht in die Länge zieht. Im Laufe der gerichtlichen Auseinandersetzung haben die SBB so wahrheitswidrig gegen das Alternativprojekt im Gebiet Murpfli operiert, dass man geneigt ist anzunehmen, sie hätten ihren besonderen Spass daran gehabt, möglichst absurde Argumente ins Feld zu führen, wohl wissend, dass juristisch geschulte höchste Richter darauf vertrauen müssen, was von der Bahnbetreiberin vorgebracht wird. Noch ist es möglich, unter dem Motto «Späte Einsicht» eine Kehrtwendung zu vollziehen. Aber das ist wenig wahrscheinlich in Strukturen, wo sich Arroganz mit Dilettantismus paart.

Gerhard Schmid, Cham

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