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Wie ein Cupsieg eine Handballsaison gerettet hat

«Wir haben es geschafft!»

(Bild: Rene Jaeger)

Wenn man oben steht, jubelnd den Pokal in den Händen hält, fällt es ziemlich leicht, zu vergessen, wie schwierig der Weg bis hierhin war. Handballerin Sabrina Amrein blickt im Sport-Blog auf einen nicht einfachen Weg der Spono Eagles aus Nottwil.

Am 13. November standen wir wie jeden Dienstag in der Halle, bereit zum Trainieren. Aber heute ohne Trainer. Kurz nach dem Mittag hatte uns die Nachricht erreicht: Verein und Cheftrainer gehen ab sofort getrennte Wege. Für Aussenstehende war das sicherlich eine kleine Überraschung. Es war nämlich genau der Trainer, mit dem wir letzte Saison die erfolgreichste Saison der Vereinsgeschichte feiern konnten.

Genau der Trainer, der die aktuelle Spielzeit mit dem Gewinn des Supercups startete. Aber es war auch genau der Trainer, unter dem wir zuletzt ohne Freude unserer Leidenschaft nachgingen. Unter dem wir so sehr an uns zweifelten, dass aus acht Spielen gerade mal acht Punkte resultierten. Unter dem jede von uns bereits innerlich zusammenzuckte, wenn ihr Pass nicht ankam oder ihr Wurf den Weg ins Tor nicht fand. Kurz: Es herrschte Unsicherheit an jenem Dienstagabend, aber vor allem spürte man Erleichterung.

9. Januar: Kuriose Traineranweisungen

An diesem Tag stand der Viertelfinal im Schweizer Cup an, auswärts gegen den LK Zug, welcher souverän an zweiter Stelle stand, während wir uns auf dem vierten Platz tummelten. Zwar erholten wir uns in den Wochen davor unter dem neuen Trainer etwas, aber die Hypothek war zu gross. Immerhin schafften wir die Finalrundenqualifikation in Meisterschaft. Aber an diesem Abend ging es um mehr.

Der Cup gab uns die Chance, eine verpatzte Saison noch zu retten. Nachdem wir uns in der letzten Runde gegen den Aufsteiger in allerletzter Sekunde in die Verlängerung retten konnten und dort dann doch noch alles klarmachten, hofften wir vergeblich auf Losglück. Aber egal. Wollten wir diesen Pokal, mussten wir alle schlagen. Ich konnte leider nicht mitmischen, war nach einer Rückenprellung noch auf dem Weg der Besserung.

Und so konnte ich nur tatenlos zuschauen, wie wir uns viel zu schnell einen Fünf-Tore-Rückstand einhandelten. Ähnlich muss es wohl unserem Trainer ergangen sein, der aufgrund einer Fortbildung in Deutschland weilte, unser Spiel nur im Liveticker mitverfolgen konnte und seinem Trainerkollegen via Telefon Anweisungen gab. Was übrigens die Telefonistin zur Verzweiflung brachte.

Aber zurück zum Spiel: So einfach liessen wir uns nicht abschütteln. War ich zuvor noch ungeduldig und wollte unbedingt mithelfen, das Spiel zu drehen, konnte ich in der Folge stolz mitansehen, wie meine Mitspielerinnen Tor um Tor aufholten und zur Pause sogar zwei Tore vorne lagen. Ein Vorsprung, den wir in der zweiten Halbzeit nicht mehr hergeben würden. Wir haben es geschafft! Wir waren eine Runde weiter und haben ganz nebenbei beim LK Zug die Träume vom Double-Gewinn zerstört. Gleich im Anschluss an unser Spiel fand die Auslosung für die Halbfinalspiele statt. Ein Heimspiel für uns, gegen den LC Brühl, Tabellenführer. Einmal mehr kein Glück. Aber was soll’s. Nach heute Abend wussten wir, dass wir alles schaffen konnten.

1. Februar: Hitchcock-Finale

Die Stimmung in der SPZ-Halle in Nottwil war grossartig! Finalverdächtig! 59 Minuten waren gespielt, Spielstand 20:20. Wir treffen, 21:20. Noch 30 Sekunden. Ausgleich, 2 Sekunden vor Schluss. Das Spiel geht in die Verlängerung. Seltsamerweise waren wir in den wenigen Minuten in der Garderobe, bevor es weiterging, überhaupt nicht nervös. Wir waren uns einfach so sicher, dass wir das Ding klarmachen würden.

Und das taten wir auch. 26:24 nach 70 Minuten und wir konnten endlich aufatmen und zusammen mit unseren Fans feiern. Wir stehen im Cup-Finale! Der LC Brühl, der überlegen durch die Meisterschaft marschierte und bis heute Abend noch keine einzige Niederlage kassierte, hat sich den denkbar schlechtesten Zeitpunkt für die erste Niederlage ausgesucht. Oder nein, eigentlich einen ziemlich guten Zeitpunkt, wie ich finde …

17. März: Die Erlösung

Es war so weit, Finaltag. Heute musste alles stimmen. Die Gegnerinnen aus Thun hatten allen Grund, optimistisch ans Spiel zu reisen. Sie gingen in allen bisherigen Duellen der laufenden Saison als Sieger vom Platz. Die aktuelle Statistik sprach also gegen uns. Aber das interessierte uns gar nicht.

Wir starteten hervorragend in die Partie, alles wollte uns gelingen. 5:0, 8:1, 11:2. Unsere Deckung stand wie eine Wand und brachte die Thunerinnen zur Verzweiflung. Es war unglaublich! Was für ein Gefühl, in der ausverkauften Halle vor 2000 Zuschauern zu spielen. Aber ganz so einfach sollte es dann doch nicht werden. Kurz nach der Pause war der schöne Vorsprung dahin. 14:13 lautete der Spielstand und nun mussten wir kämpfen.

Immer wieder zogen wir davon und immer wieder gelang Thun der Anschlusstreffer. Und dann endlich der Schlusspfiff. We did it! Stolz und überglücklich stemmte unser Captain den Pokal in die Höhe. Hier war der Titel. Aber es war nicht «nur» ein Titel. Vor allem war es nämlich der wohlverdiente Lohn für unseren hartnäckigen Kampf. Unterwegs haben wir einen Trainerwechsel überstanden, der Verletzungshexe getrotzt und die Top 3 besiegt. Obwohl die Meisterschaft für uns gelaufen ist, sind wir bereit. Bereit für den Kampf. Bereit für die Saison 19/20.

Die Freude nach dem Schlusspfiff war riesig.

Die Freude nach dem Schlusspfiff war riesig.

(Bild: Rene Jaeger)

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Spitzensportler schreiben über ihr Leben. Mario Gyr (Rudern), Petra Lustenberger (Schiesssport), der Ringer Samuel Scherrer, Snowboarder Dario Burch, Ueli Schnider (Langlauf) und andere erzählen aus ihrem Alltag an Wettkämpfen und was der Sport für sie persönlich bedeutet.
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