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Michael Töngi

Missbrauch, Missbrauch! Oder wie man es sich einfach machen kann

Die Totalrevision des Sozialhilfegesetzes segelt kommunikativ unter der Missbrauchsdebatte. (Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Wenn nicht drin ist, was drauf steht. Michael Töngi befürchtet, dass die Missbrauchsfrage bei der Sozialhilfe instrumentalisiert wird. 

Mitte Februar präsentierte Regierungsrat Guido Graf den Medien das totalrevidierte Sozialhilfegesetz. Sowohl im Lead wie auch im Text des dazugehörigen Communiqués wurde auf die Missbräuche hingewiesen: Mit einem besseren Informationsaustausch und der expliziten Nennung «der Sozialinspektoren könne der Sozialhilfemissbrauch noch gezielter bekämpft» werden, wie es Sozialdirektor Graf formulierte. Es ist einer von zwei Sätzen, in denen der CVP-Regierungsrat in direkter Rede zitiert wird.

Daneben wird noch herausgestrichen, wer neu alles keine Sozialhilfe mehr erhält und dass die Aufgaben im Asyl- und Flüchtlingsbereich neu Dritten und nicht mehr nur Hilfswerken übergeben werden kann.

Wer gedacht hat, im Communiqué irgendetwas über Hilfe oder Soziales zu lesen – wie es der Titel des Gesetzes vermuten liesse – wurde enttäuscht. Die Totalrevision des Gesetzes segelt kommunikativ unter der Missbrauchsdebatte. Eine Debatte, die leicht entzündbar ist.

Klar ist: Wo Gelder ausgeschüttet werden (Soziales, Subventionen, Beiträge) und wo Geld abgeliefert werden muss (Steuern oder Abgaben), gibt es Leute, die mehr oder weniger dreist, mehr oder weniger bewusst schummeln, betrügen oder wie man das nennen will. Und ebenfalls klar ist: Da geht es nicht ohne Kontrolle. Regeln müssen eingehalten werden. Und geschieht dies nicht, wird die Glaubwürdigkeit untergraben.

Geldflüsse auf die tatsächliche Anspruchsberechtigung oder Ablieferungspflicht hin zu kontrollieren, gehört aber zu den Basics, die in jedem System eingebaut werden müssen. Ob das Einsetzen von Sozialinspektoren die richtige Massnahme ist, um Missbräuche bei der wirtschaftlichen Sozialhilfe zu verhindern, muss wie andere Massnahmen nach einem Kosten-Nutzen-Verhältnis beurteilt werden. Das kann und sollte ohne Polemik und in Ruhe geschehen.

Wer aber bei einer Totalrevision eines Gesetzes die Missbrauchsfrage ins Zentrum des Interesses setzt, will entweder von der öffentlichen Erregung über Missbräuche ein Stück für sich abschneiden, oder aber er hat keine Idee, wofür er ein Gesetz überhaupt revidiert.

Beides scheint mir nicht so ideal zu sein.

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