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Andreas Hostettler

W wie Wahlen oder auch Wahrheit

Kantonsrat Zug mit Resultat der neuen elektronischen Abstimmungsanlage

(Bild: Andreas Hostettler)

Unser Polit-Blogger Andreas Hostettler blickt auf die laufende Legislaturperiode zurück. Dabei verrät der Zuger FDP-Kantonsrat, was er vom Sparen im Bildungsbereich hält und was er über das «Theater» um die Zuger Landammannfeier denkt.

Nun geht bereits mein drittes Jahr im Kantonsrat dem Ende entgegen. Als Neuling bin ich mit all den Fragen gestartet, wie dieser Parlamentsbetrieb wohl funktioniert und organisiert ist. Jedoch noch vor der ersten regulären Sitzung startete das ganze Possenspiel im Nachgang zur Landammannfeier. Am Anfang war es ja noch spannend, mit der Zeit nur noch öde und bis zum Rücktritt einer beteiligten Person aus dem Kantonsrat echt belastend und bemühend.

Es erstaunt mich immer wieder, wie persönliches Verhalten von Menschen nebst positiven ganz schnell ganz grosse negative Auswirkungen auf andere hat. In diesem Fall sogar direkt störend und belastend in einen Ratsbetrieb hinein. Ich darf gar nicht daran denken, wie viel Zeit, Geld und Nerven die ganze unsägliche Geschichte gekostet hat. Nebst dem Steuerzahler haben in dieser Geschichte vor allem Menschen einen ganz hohen Preis bezahlt: Kinder, Verwandte, Partner usw. Auch wenn ich lernen musste, dass Wahrheit kein Punkt, sondern eine Gerade ist. Das heisst: Meine Sichtweise der Wahrheit ist nicht die gleiche Wahrheit, wie sie mein Gegenüber als Wahrheit ansieht.

Ich darf gar nicht daran denken, wie viel Zeit, Geld und Nerven die ganze unsägliche Geschichte gekostet hat.

Andreas Hostettler, Zuger Kantonsrat

Eigentlich wollte ich gar nicht so lange an diesem Thema bleiben und viel mehr über die anschliessend politisch aktiven Jahre schreiben. Ich merke jedoch, wie fest diese Geschichte in Erinnerung bleibt, gerade weil die Wahrheit nicht schlüssig auf dem Tisch liegt.

Und wenn wir gerade am Philosophieren über Wahrheit sind, habe ich in den letzten Jahren doch die grosse Differenz von Ansicht über die Wahrheit betreffend Steuern, internationale Unternehmungen oder Sparen zur Kenntnis genommen. Insbesondere dann, wenn die Sicht der Wahrheit vom Parteiprogramm diktiert wird. Nehmen wir das Beispiel Steuern. Im Grundsatz sind sich alle noch einig: Dem Staat sind für seine Grundaufgaben die entsprechenden Mittel mittels Steuern zur Verfügung zu stellen. Dann ist es mit der Einigkeit vorbei. Als Beispiel: Nachdem nun die Lasten aus dem Nationalen Finanzausgleich (NFA) immer neue Höhen erklimmt und dadurch der Kanton Zug in die roten Zahlen abgerutscht ist, soll die Steuerstrategie schuld sein.

Darstellung auf Basis von Zahlen der Eidgenössischen Finanzverwaltung (EFV)

Darstellung auf Basis von Zahlen der Eidgenössischen Finanzverwaltung (EFV)

(Bild: Andreas Hostettler)

Was haben die heutigen von Zug unbeeinflussbaren NFA-Kosten mit einer früheren Steuerfusssenkung zu tun, die nur dazu diente, nicht noch mehr vom Bürger und Unternehmungen zu zahlende Steuern beim Staat zu horten? Hier wird jedoch mantramässig immer wieder in den Voten im Kantonsrat ein Zusammenhang hergestellt, soll das die Wahrheit sein?

Die gleiche Frage stelle ich mir beim Schlagwort Sparen im Bildungsbereich. Der Kantonsrat hat in der laufenden Legislatur zusätzliche Klassenlehrpersonstunden gesprochen, das Kurzzeitgymi wird ausgebaut, für die Kanti in Zug ist eine neue Mehrfachturnhalle im Bau, ein neues Dauerprovisorium erstellt und im Gewerblich-industriellen Bildungszentrum Zug (GIBZ) ist ebenfalls ein komplett neuer Trakt in Arbeit. Ja, da frage ich mich schon bei diesen Zusatzausgaben im Bereich Bildung, was hier die Wahrheit sein soll beim Schlagwort Sparen in der Bildung. Dazu soll keiner sagen, dass hier nur in Beton investiert wird. In all diesen neuen Räumen wird qualitativ hochstehender Unterricht erteilt von zusätzlichen Lehrpersonen, die angemessen entlohnt werden.

Provisorium Kantonsschule Zug

Provisorium Kantonsschule Zug

(Bild: Andreas Hostettler)

 

Am Anfang sind solche Debatten im Rat noch spannend, mit der Zeit wird es richtig öde und sie bringen weder den Kanton noch die Bevölkerung weiter.

Kantonsrat Zug mit Resultat der neuen elektronischen Abstimmungsanlage

Kantonsrat Zug mit Resultat der neuen elektronischen Abstimmungsanlage

(Bild: Andreas Hostettler)

Gespannt bin ich nun auf das letzte Jahr in der Legislatur. Wie weit lassen wir uns Kantonsräte bei unseren Entscheidungen weniger von Sachargumenten leiten als viel mehr von dem, was unserer Wiederwahl hilft? Braucht es wirklich alle und jede Interpellation, Motion und Anfrage an die Regierung? Geht es um die Sache oder doch nur um die mediale Aufmerksamkeit? Spannend wird es allemal.

Was mir am Wahljahr doch sehr gefällt, ist die Tatsache, dass sich in dieser Zeit eine breite Bevölkerungsschicht aktiv zum Thema Politik Gedanken macht. Auch wenn es nur der kurze Moment ist, in dem die Kandidaten angesehen und die entsprechenden Listen und Namen gewählt werden. Schlussendlich spricht der Wähler via Wahlzettel in seiner eigenen Wahrheit und die ist glasklar. Da gibt es nur gewählt oder nicht gewählt.

Ich bin gespannt auf diese Wahrheit und das nächste spannende Wahljahr 2018 im Kanton Zug.

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Dieser Blog soll den Politikerinnen und Politikern aus den Kantonen Zug und Luzern Gelegenheit geben, ihre Sicht der Dinge darzustellen. Es wird wöchentlich Bezug genommen zur aktuellen politischen Landschaft Zentralschweiz. Die Meinung von Bloggern und Gastautoren muss nicht mit jener der Redaktion übereinstimmen.
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