Literatur
Blog
Martina Clavadetscher

«So blöd.»

Zwei Vögel sitzen unbeeindruckt auf einem Schiffsanleger. (Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Drei Tier-Dramolette über die Patrouille Suisse, einen aufgebrachten Fahrgast und die Menükarte beim Restaurantbesuch.

1. Fliegende

Zentralschweizer Seepanorama, in der Ferne schneebedeckte Gipfel.

Menschen stehen am Ufer, schauen zum Himmel.

Die Patrouille Suisse, das heisst vier Kampfjets donnern in Formation vorbei.

Menschen: Ohhhh!

Die Jets drehen ab, fliegen nochmals dicht über die Köpfe der Menschen. 

Menschen: Uhhhhh, woahhhh!

Und nochmals fliegen sie vorbei, diesmal mit buntem Rauch.

Menschen: Woah!!

Die Menschen klatschen Beifall. Die Flugzeuge fest im Blick.

Zwei Spatzen sitzen unbeeindruckt auf dem Quai-Geländer.

Aus dem Stand fliegen sie davon.

«Wirklich. So blöd. Alle sind so blöd.»

2. Liegende

Eine Frau betritt das Zugabteil.

Sie nimmt aus dem Rucksack eine Decke und legt sie auf den Sitz neben sich.

Dann setzt sie ihren Hund auf die Decke. Sie giesst dem Tier ein Schüsselchen Wasser ein.

Der Hund legt sich hin, er döst.

Frau: So. Gut so, gell? Gut.

Die Frau greift zum Handy und telefoniert aufgebracht.

Frau: Ja, ich bins.

Ja, im Zug.

Nein, der Rucksack ist total blöd.

Nein, ich will einen anderen Rucksack, der fällt mir immer runter.

Ja, das stört. Aber wir brauchen einen Rucksack.

Der Mann im Geschäft war ein Arsch.

Nein, der Rucksack ist total blöd.

Ich will einen anderen Rucksack!

Der Hund blickt auf. Die Frau tätschelt den Hund.

Frau: Alles gut. Ist nichts. Nichts.

Die Frau beendet das Gespräch und verstaut das Telefon im Rucksack.

Sie streichelt den Hund.

Frau: Wirklich. So blöd. Gell? Alle sind so blöd.

«Ist alles importiert.»

3. Gediegene

In einem Restaurant. Gartenterasse.

Die Vögel zwitschern in den Bäumen. Unter dem Tisch schläft ein Hund.

Zwei Herren studieren die Menükarte.

Herr 1: Spargelcreme. Spargeln, jetzt schon?

Herr 2: Blödsinn. Ist noch viel zu früh. Ist alles importiert. Aus Chile oder Südafrika. Spargeln darfst du echt nicht nehmen.

Herr 1: Ich weiss. Ich nehm das Entrecôte vom Jungrind, aber mit Reis.

Herr 2: Ja, das hab ich auch gesehen. Aber ich glaube, ich versuche das Lammnierstück.

Herr 1: Oder doch den Lachs?

Herr 2: Höchstens als Vorspeise. Nein, nimm das Jungrind. Das Fleisch ist super zart.

Herr 1: Also gut.

Sie schliessen die Karten.

Herr 2: Können wir bestellen? 

Beide lehnen zurück, schauen sich um.

Unter dem Tisch schläft noch immer ein Hund.

In den Bäumen zwitschern noch immer die Vögel.

Themen
Literatur
Blog
Ob Kurzgeschichten, Kolumnen, Lyrik oder Romanauszüge: In diesem Blog bieten wir Zentralschweizer Literaten eine Plattform, ihre Texte zu teilen und den aktiven Austausch zu suchen. Die Meinung von Bloggern und Gastautoren muss nicht mit jener der Redaktion übereinstimmen.
Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


0 Kommentare
    Apple Store IconGoogle Play Store Icon