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Mario Stübi zu kulturellen Chancen in Luzerner Einstellhallen

Tiefgaragen sind der neue Freiraum

Eine von vielen Luzerner Tiefgaragen

(Bild: zentralplus)

Carsharing und der allgemeine Druck auf das Fortbewegungsmittel Auto werden neue Ideen für die Nutzung von Parkierflächen im Untergrund hervorbringen, findet Mario Stübi.

Es hat in der Geschichte der Stadt Luzern noch nie ein Jahr gegeben, in dem es weniger Parkplätze gegeben hätte als im Vorjahr. Mit anderen Worten: Die Parkierfläche für Autos wächst ausschliesslich. Aktuell existieren auf Stadtgebiet pro 10 Einwohner 8 private oder öffentliche Parkplätze, also über 65’000.

Nach wie vor wird fleissig Parkraum geschaffen

Was hat das mit Kultur zu tun? Ich muss kurz ausholen. Aufgrund des «Reglements für eine nachhaltige städtische Mobilität», welches die Stadtbevölkerung 2010 per Abstimmung gutgeheissen hat, darf der Anteil des Autoverkehrs auf den Luzerner Strassen nicht mehr weiter steigen – die Nachfrage nach Mobilität muss über andere, umweltfreundlichere Verkehrsträger erfolgen, Bus und Velo beispielsweise.

Nach wie vor werden in der Stadt aber fleissig Tiefgaragen und Parkhäuser gebaut, beispielsweise unter der Siedlung Sentihof, neben dem Kantonsspital, beim Projekt «Luegisland» am Bundesplatz, an der Stadthofstrasse, bei der Erweiterung des Parkhauses National und dereinst auch auf dem EWL-Areal und im Eichwald. So wird das nichts mit der Plafonierung des Autoverkehrs, denn es ist erwiesen: Mehr Verkehrsinfrastruktur gleich mehr Verkehr. Die Messungen des Verkehrswachstums in den kommenden Jahren werden zeigen, wann der Stadtrat durchgreifen und (durchaus unpopuläre) Massnahmen zur Einhaltung des Reglements ergreifen muss.

Carsharing macht Platz im Untergrund

Ich behaupte jetzt: Schon in zehn Jahren werden sich sämtliche Bauherren wünschen, damals nicht in eine Einstellhalle investiert zu haben. Warum? Weil der Druck auf das Automobil als Verkehrsträger in den Städten so stark zunehmen wird, dass die Leute einerseits ihr Mobilitätsverhalten überdenken und vermehrt auf flächeneffizientere Verkehrsmittel umsteigen werden und andererseits Carsharing und Mitfahrmodelle massiv an Popularität gewinnen werden – was weniger Parkflächen benötigt, weil insgesamt weniger Fahrzeuge für deren Benutzung vorhanden sind. Und jetzt sind wir bei der Kultur.

Raum für Bands, Vereine – und Gastronomie

Wohin nämlich mit so viel ungenutzten Flächen? Da hätte ich ein paar Ideen. Tiefgaragen haben zwar den Nachteil, dass sie über kein Tageslicht verfügen und überdies belüftet werden müssen – was sie aber prädestiniert für lautes Gewerbe. Zurecht wird regelmässig die Verdrängung von Handwerkern und kleineren, umsatzschwachen Wirtschaftszweigen aus den Zentren beklagt. Schaffen wir ihnen neue, zentrale Räumlichkeiten im Untergrund! Und damit die Warteliste im Sedel etwas kleiner wird, lasst uns Bandproberäume erstellen, wo früher Motoren geröhrt und Auspuffe gestunken haben! Es leben die Vereins- und Hobbyräume, wo man sich ohne Konsumzwang trifft, Sitzungen abhalten, Yoga-Stunden geben und Geburtstage feiern kann, ohne jemanden zu stören. Mit der Bar 59 haben wir übrigens bereits ein nennenswertes Beispiel für eine umgenutzte Tiefgarage in der Stadt. Und im Thai Garden schlemmt man ja auch fensterlos.

Sicher ein ungewohntes Verständnis von urbanem Freiraum

Garagen für alle, Parkplätze als Pärke aus Beton; das wäre sicher ein ungewohntes Verständnis von urbanem Freiraum. Welcher findige Kopf riecht nun den Braten zuerst und gründet eine Vermittlungsagentur, wo sich um ihre Mieteinnahmen besorgte Liegenschaftsbesitzer melden können, um mit Nutzugsideen raumsuchender Luzernerinnen und Luzernern zusammengebracht zu werden?

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