Nahrung für alle – damals wie heute
2011 hat das Welterbe-Komitee die Pfahlbauten rund um die Alpen zum Unesco-Welterbe erklärt, darunter auch die drei Zuger Fundstellen Zug-Sumpf, Zug-Riedmatt und Zug-Oterswil/Insel Eielen. Damit hat sie eine Entwicklung angestossen, die viel zur Intensivierung der Pfahlbauforschung beigetragen hat. Ausgrabungen, neue Entdeckungen und umfassende Untersuchungen erweitern die Kenntnisse ständig. Dabei spielen die Naturwissenschaften eine wachsende Rolle.
2011 hat das Welterbe-Komitee die Pfahlbauten rund um die Alpen zum Unesco-Welterbe erklärt, darunter auch die drei Zuger Fundstellen Zug-Sumpf, Zug-Riedmatt und Zug-Oterswil/Insel Eielen. Damit hat sie eine Entwicklung angestossen, die viel zur Intensivierung der Pfahlbauforschung beigetragen hat. Ausgrabungen, neue Entdeckungen und umfassende Untersuchungen erweitern die Kenntnisse ständig. Dabei spielen die Naturwissenschaften eine wachsende Rolle.
Eine Vielzahl von Erkenntnissen
In den Fundschichten der Pfahlbaudörfer haben sich Millionen von Pflanzenresten erhalten. Diese ermöglichen eine Vielzahl von Erkenntnissen über das Leben der Menschen damals, über ihre Umwelt, ihre Nahrung, die Pflanzen, die sie anbauten und sammelten, über ihren Ackerbau und ihre Art der Waldwirtschaft. In vergleichbarer Weise werden auch die Knochen analysiert. Zoologinnen und Zoologen bestimmen, welcher Knochen von welcher Tierart stammt. Zusätzlich ermöglichen moderne Vergleichsmethoden und genaue Messungen, Geschlecht, Grösse, Schlachtalter und vieles andere mehr zu bestimmen. Auf zahlreichen Knochenfragmenten sind zudem Schnittspuren zu erkennen: wertvolle Hinweise darauf, wie die Tiere geschlachtet und zerlegt wurden und wie die Siedler das Fleisch zubereiteten.
Auch die Zuger Archäologie widmet sich vermehrt diesen vergangen Lebenswelten und dem wirtschaftenden Menschen. Dabei geht es auch um Landwirtschaft und Rohstoffgewinnung im Alpenraum. Schliesslich gehört der Kanton Zug zum Voralpengebiet und geeignete Böden für den Ackerbau sind rar. Für die Ernährung der Bevölkerung musste folglich Getreide importiert werden oder vermehrt auf andere Nahrungsmittel ausgewichen werden. Das war vor 5’000 Jahren nicht anders als heute, wie die neusten Untersuchungen der Tauchgrabungen Cham-Eslen und die Ausgrabungen Zug-Riedmatt durch das Amt für Denkmalpflege und Archäologie des Kantons Zug zeigen. Beide Fundstellen am Nordufer des Zugersees sind Beispiele dafür, dass sich vor 5’000 Jahren einzelne Dörfer nicht durch den Ackerbau ernähren konnten, sondern vermehrt auf Jagd und Fischfang setzten.
Zeichen des Fischfangs und der Jagd
In keinem anderen jungsteinzeitlichen Dorf wurden so viele Fischreste und Funde für den Fischfang wie in Cham-Eslen gefunden. Offensichtlich wurde dort im grossen Stil Fisch gefangen und vor Ort verarbeitet. Ursache dafür war sicherlich das Fehlen geeigneter Ackerflächen in der näheren Umgebung.
In Zug-Riedmatt bevorzugte man die Hirschjagd. Dies zeigen die Untersuchungen der Abfallhaufen: Gemäss osteologischen Analysen wurden mindestens 36 Rothirsche verarbeitet. Es wurden viele Schädelteile und Bein- und Fussknochen, aber keine Rippenknochen gefunden. Knochen von fleischreichen Partien – z. B Schinken – sind ebenfalls selten. Dies führt zum Schluss, dass die Tiere in einer gewissen Entfernung vom Dorf erlegt wurden. Bereits dort wurden die Hirsche offenbar aufgebrochen und der sperrige Brustkasten entfernt. So konnten die erlegten Tiere ohne Rippen als bag einfacher ins Dorf getragen werden, wo sie enthäutet und zerteilt worden sind. Noch offen ist die Frage, wo die Knochen der fleischreichen Partien geblieben sind und ob es sich bei den 36 erlegten Hirschen um die Jagdbeute einer einzelnen Saison handelt.
Reich an Amphibien
In den Abfallhaufen fanden sich auch viele Fisch- und Amphibienknochen, was angesichts der Lage des Dorfes im Lorzedelta nicht erstaunt. Im Frühjahr konnten dort grosse Mengen an proteinreichen Grasfröschen und kleinen Weissfischen leicht gefangen werden. Dazu passen auch die vielen Flussbarsche und Hechte, die in unmittelbarer Nähe am Seeufer ideale Laichplätze vorfanden.
Beide Beispiele deuten darauf hin, dass Jagd und Fischfang in der Region eine grössere Rolle für das Überleben spielten als in Gegenden, die für Ackerbau besser geeignet waren. Dass sich bereits damals einzelne Dörfer so spezialisierten, ist eine neue Erkenntnis. Schliesslich zeigt die Entwicklung, dass in der Landwirtschaft zur Zeit der Pfahlbauer gewaltige Verbesserungen errungen wurden. Der Einsatz von Rindern als Arbeitstiere, die vor einen Pflug gespannt wurden oder einfache Karren zogen, vereinfachte eine Vielzahl von Arbeiten in der Landwirtschaft. Dadurch konnte auch der Ackerbau intensiviert werden: Winter- und Sommeranbau sowie grössere und mehr Felder führten zu grösseren Erträgen.
Auch in Zukunft viele Erkentnisse zu erwarten
Dank den Naturwissenschaften wird die Archäologie in Zukunft noch ein weitaus detaillierteres Bild der Pfahlbauer am Zugersee zeigen können. Vielleicht ist der gesteigerte Hunger nach Erkenntnis das Beste, was die Archäologie und die interdisziplinäre Forschung erreichen kann. Bemerkenswert dabei ist, dass sich die Archäologinnen und Archäologen ähnliche Gedanken machen wie die Agrarökologinnen und Agrarökonomen: Damals wie heute steht die Ernährung der Menschen und der Menschheit im Zentrum der Betrachtungen. Und heute wie damals müssen im Kampf gegen den Hunger vor allem ökologische Bereiche berücksichtigt und neue Wege beschritten werden.
Wenn Sie mehr über die Pfahlbauer und Unesco-Welterbe-Fundstellen wissen möchten, kommen Sie am 1. August 2015 ins Museum für Urgeschichte(n) Zug. Präsentiert werden spektakuläre Funde und neue Erkenntnisse. Das Museum ist an diesem Zuger Tag der offenen Türe von 10–17 Uhr offen.