eat’n drink
Blog
«Nobles Besäufnis»: Bordeaux und Fleisch im Vitznauerhof

Mit Wein & Dine Shakiri & Co ausgedribbelt

Die Eröffnung: Scheiben vom Kalbsrücken mit einer täuschend echt nachgebildeten Spargel aus Mousse, dazu Eigelb und eine panierte Kaper.

(Bild: hch)

Wein und Essen gehören zusammen wie Fussball und Tore. Doch Bordeaux in einem Fischrestaurant, und dann noch während eines Schweizer Spiels an der EM? Wir liessen uns im Vitznauerhof überraschen. Und gewannen dabei ganz neue Erkenntnisse.

Eines ist sicher: Wer seinen Anlass auf ein entscheidendes EM-Spiel der Schweizer Nati legt, ist entweder sehr selbstbewusst, hat von Fussball keine Ahnung oder bietet eines der seltenen Alternativprogramme, die Shakiri & Co locker in den Schatten stellen.

Kalbsrücken und Bordeaux statt Fussball

Wine & Dine war so eine Veranstaltung, die sich der Herausforderung stellte und just während der Schlagerpartie Schweiz-Frankreich mit Kalbsrücken und Bordeaux aufwartete. Ohne Grossbild-TV und Moderatorengeschrei, dafür mit einer traumhaften Aussicht auf den Vierwaldstättersee, einer hochmotivierten Küchencrew und René Gabriel als eloquentem Moderator und Bordeaux-Erklärer. Spielort des 180 Minuten dauernden Schlagabtausches: Das Sens im Hotel Vitznauerhof, mit 15 Punkten geführte Wirkungsstätte des jungen Karim Schumann. Zuschauerzahl: Rund 25, es hätte also knapp für zwei Mannschaften gereicht – ohne Betreuungsstab.

Eines vorweg: das von Gastgeber Bardhyl Coli an der Seitenlinie geführte Sturmduo Schumann / Gabriel zeigte sich beim Versenken der Bälle erfolgreicher als die Schweizer Kicker in Frankreich. Kein Gang fiel ab, das Pressing blieb während den gesamten 180 Minuten konstant hoch.

Nicht nur Edelstücke

Einen ersten Höhepunkt bildeten die ebenfalls auf der klassischen Abendkarte geführten, gebeizten Scheiben vom Kalbsrücken. Hier bildete das zu einer Spargel täuschend echt geformte, zweifarbige Spargelmousse ein erstes visuelles Glanzlicht. Serviert wurde die bunte Kombination auf einem Schulterknochen eines Davoser Rindes und begleitet von einer aromatischen Kalbfleisch/Spargel-Kombination an Bärlauchschaum. Der Knochen als Essgefäss sollte sich später in einer anderen Form wiederholen, was an das Servicepersonal nicht die einzige Herausforderung an diesem Abend sein sollte.

Dass neben den Edelstücken immer auch aufwändiger zuzubereitende Teile den Weg auf den Tisch fanden, war mehr als eine willkommende Referenz an den begrüssenswerten «Nose-to-Tail»-Trend. Beeindruckt hat uns auch hier die Kompetenz der Bedienung. Keine Frage zu Zutaten oder Zubereitung blieb unbeantwortet, sei es, dass ohne Rückfrage die Garzeit eines Schulterstückes mit 48 Stunden angegeben werden konnte oder Anekdoten aus der Knochenzerteilung den Gast erreichten.

«Nobles Besäufnis unter fachkundiger Anleitung»

Das «noble Besäufnis unter fachkundiger Anleitung», wie er es nannte, wurde informativ begleitet durch den in Eschenbach LU wohnhaften René Gabriel (siehe Interview). Der wohl einflussreichste Schweizer Weinkritiker stellte die servierten Weine – immer deren zwei je Gang – durchaus (selbst-)kritisch und frei von der Leber vor. Den Anfang machten Weissweine aus der niederösterreichischen Wachau, später folgten zahlbare und exklusivere Raritäten aus dem Bordeaux. Den Höhepunkt bildete ein Château Le Dôme aus dem St. Emilion, wie der erste degustierte Rotwein von Teyssier.

Visuelle Kunstwerke und Geschmackserlebnisse waren auch die anderen Gänge (siehe Bilder). Allen voran die mehrfarbigen Ravioli vom Mistkratzerli, harmonisch mit Ricotta und Salbei abgeschmeckt. Oder die Rindshuft, und dabei nicht zuletzt die mit Eisbergsalat gefüllte, lila Kartoffel. Die Nachspielzeit bestritten vorwiegend lokale Käsespezialitäten von Affineur Rolf Beeler.

Erkenntnis beim Wein

Fazit des Abends: Die Referenz des Sens-Teams macht neugierig auf den Fisch, der als eigentliche Spezialität des Vorzeigelokals im Vitznauerhof gilt. Und es ist bei weitem nicht immer der teuerste Wein, der am meisten Spass macht. Dies hat sich bei dieser seltenen Gelegenheit, sich während des Essens durch so verschiedene Gebiete zu probieren, mehr als einmal gezeigt. Gelbe oder gar rote Karten wurden keine verteilt, und verletzt vom Platz getragen wurde unseres Wissens auch niemand. Alles in allem wie ein schönes Fussballspiel: man kommt gerne wieder.

Hinweis: Das Wine & Dine im Vitznauerhof kostete inklusive Apéro, vier Gängen, und korrespondierenden Weinen 175 Franken je Person.

Themen
eat’n drink
Blog
So isst zentralplus – Vom Gourmet bis zum Fast-Food – der eat’n drink-Blog befasst sich mit alltäglichen und besonderen gastronomischen Erlebnissen aus den Kantonen Zug und Luzern.
Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


0 Kommentare
    Apple Store IconGoogle Play Store Icon