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Alternativen von heute zum selbstgebastelten Stiftehalter

Gibt’s zum Muttertag bald mehr Gleichberechtigung?

Zum Muttertag basteln Kinder gerne selber und überreichen dem Mami stolz ihr Werk. Trotz grosser Freude über den gebastelten Stiftehalter aus einer WC-Rolle, glaubt Bloggerin Nadja Stadelmann, die Mutter von heute hätte noch ganz andere Wünsche.

Muttertag ist dann, wenn mein Kind eine Zeichnung oder eine Karte von der Schule nach Hause bringt und darauf dem Mami dankt. Darauf muss ich kurz überlegen, wer denn dieses Mami ist? Ah ja, sie meint mich. Mami sagen wir sonst eigentlich dem Grossmami.

Ich freue mich aufrichtig über dieses Geschenk. Auch über den gebastelten Stiftehalter aus einer WC-Rolle. Aber ganz ehrlich: Ich will mehr. Nein, kein Wellnessweekend. Auch die Malediven können gerne unbereist bleiben meinerseits. Blumensträusse sind schön, aber wenig nachhaltig. Ein 4-Gang-Nachtessen in Ruhe ist zwar friedlich. Aber ich will mehr.

Unperfekte Mamis

Ich will Ehrlichkeit, Anerkennung und Verständnis. Ich will das Eingeständnis, dass frau nicht alles unter einen Hut bringen muss. Der Anspruch, einem perfekten Mami genügen zu wollen, ist für mich ein einziger Stress, gepaart mit einem derart schlechten Gewissen, dass er mich manchmal noch nachts wachhält. Dieses immer schön in Balance zu halten, ist schlichtweg unmöglich. Ich will Mütter, die zugeben, dass sie zum Mittagessen nicht Suppe, Salat und einen schampar ausgewogenen Hauptgang kredenzen. Sondern auch mal um fünf vor Zwölf in die Küche hechten, den Kühlschrank aufreissen und krampfhaft überlegen, was man aus diesen Habseligkeiten Schnelles und doch Schmackhaftes zaubern kann.

Ich will Mütter, die zugeben, dass ihr Kind noch lange nicht durchschläft und sich auch ihr beinahe 10-jähriger Sohn noch zu ihnen ins Bett schleicht. Ich will Mütter, deren Kindergeburtstagsparty auch mal mit einem selbstgekauften Schoggikuchen mit Smarties verziert ebenso viel Wert hat wie die dreistöckige und mit Fendant überzogene Torte mit passender Deko. Noch dazu, wenn sie vor allem dazu dient, einen Post auf Instagram zu landen, welcher wiederum allen anderen Müttern ein schampar schlechtes Gewissen einjagt. Ich will Mütter, die ein Foto von sich posten, wie sie mit nassem Haar im Zug zur Arbeit sitzen und feststellen, dass sie statt ihrer Pumps noch ihre Hausschuhe tragen.  Ich will Mütter, die nicht lachen, wenn ihnen eigentlich zum Weinen zumute ist.

Meine Mama ist nicht deine

Es gab seit der Geburt meiner Kinder einige Momente, wo ich mich im falschen Moment am falschen Ort fühlte. War ich zu Hause bei ihnen und unser Tag zog sich so zäh dahin wie ein Kaugummi im langem Haar, sehne ich mich nach meiner Arbeit. War ich am Arbeiten, dachte ich oftmals, zu Hause bräuchten sie mich jetzt. Die happigsten Zeiten waren die, wenn Loslassen so schwer war. Dann nämlich, wenn sich ein weinendes Kind an mein Hosenbein klammerte und sich sehnlichst wünschte, ich würde heute nicht weggehen. Und noch mehr, wenn ein Kind krank ist und Mama fest brauchen würde.

Schwierig sind auch Eifersuchtsszenen. Dann nämlich, wenn sie mir sagen «ich will, dass du mit MIR spielst, mit MIR isst und MICH ins Bett bringst!». Sätze, die mein Partner nie hört. Kein Wunder, er beschäftigt sich beruflich mit Autos. Kein Kind ist eifersüchtig auf Autos. Andere Kinder zu begleiten, ist da schon ein anderes Kaliber.

Mütter in der heutigen Zeit

Die Gesellschaft im Jahr 2019 will Frauen, die arbeiten und Kinder kriegen. Beides darf man ihnen weder ansehen noch anmerken. Ich will endlich, dass die Frage «gehst du nach der Geburt wieder arbeiten?» nicht nur den Müttern gestellt wird. Als wäre der Entscheid, eine Familie zu gründen und mit den Veränderungen zu leben, reine Frauensache. Ich weiss, dies ist ein grosser Anspruch. Aber, wenn wir alle einen Schritt wagen, kann Grosses entstehen. Und ja, meinetwegen auch mit dem weltschönsten Stiftehalter aus der WC-Rolle.

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Kinder: Neun Monate sehnt man sie herbei und dann machen sie einen Haufen Arbeit. Und bestimmen ab sofort Mamis und Papis Leben. Fünf Mütter und ein Vater schreiben über ihren Alltag mit dem Familienzuwachs. Von Herausforderungen, Veränderungen, Ängsten und Freuden.
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