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Wenn ein geliebter Angehöriger stirbt

Meine Tochter und der Tod

Bild: Adobe Stock

Meine Tochter wurde vor kurzem drei Jahre alt. Ausgerechnet an ihrem Geburtstag erhielten wir die Nachricht, dass ihr geliebter Uronkel bald sterben würde. Ihre Reaktion war deutlicher natürlicher als mein eigener Umgang mit dem Thema Tod.

Immer, wenn meine dreijährige Tochter bei ihrer Oma war, besuchte sie danach ihren Grossonkel. Wie würde sie die Nachricht von seinem baldigen Tod aufnehmen? Mich überkam Panik und ich schrieb hysterisch eine Nachricht in unseren Mami-Chat, wie man denn einem so kleinen Kind den Tod erkläre. Und sollte sie ihn so krank noch sehen oder doch lieber in Erinnerung behalten, wie er am Weihnachtstisch sitzt und faxen macht?

Ich machte mir viele, viel zu viele Gedanken. Ich beschloss Bilderbücher zu kaufen und versuchte zum Thema Tod ein einfühlsames Gespräch mit ihr zu führen. Ihre Reaktion? «Aha, der muss sterben. Wieso muss er denn das?» «Weil er alt und sehr krank ist und wir alle irgendwann sterben müssen.» «ALLE sterben?» Grosse Augen leuchteten mich an. «Ja.» Darauf rannte sie davon und spielte, dass alle sterben müssen. Kinder.

«Bist du traurig, dass er sterben muss?»

Am nächsten Tag fuhren wir vorbei, um uns zu verabschieden. Alle waren sehr emotional und meine Tochter fragte, ob ich traurig bin, dass er sterben müsse. Ich antwortete mit Ja. Dass ich ihn eben vermissen werde, wenn er gegangen sei. Das leuchtete ihr ein und sie spielte wieder zufrieden, dass ihre Plüschtierli sterben müssen.

Als wir uns schliesslich verabschiedeten und das Zimmer verlassen wollten, starb er. Einfach so, aus heiterem Himmel. Mein Mann wartete mit den Kindern draussen, während ich mich mit einigen Angehörigen zu ihm setzte. Als ich nach draussen kam, wartete meine Tochter ungeduldig und bat mich, auch hinein gehen zu dürfen.

Und so kam es, dass meine dreijährige Tochter mich lehrte, dass der Tod etwas ganz Natürliches ist, vor dem sich nicht einmal kleine Mädchen zu fürchten brauchen. Sie betrat den Raum, bewunderte mit ihrer kindlichen Neugierde die Situation, wie die Trauernden um den leblosen Körper weinten. Nichts daran machte ihr Angst. Natürlich, dachte ich mir, schliesslich versteht sie das Ausmass der Konsequenzen noch nicht. Aber vielleicht kann sie ja auch einfach viel natürlicher damit umgehen, weil sie keine Angst vor dem Tod hat.

Tod ist für sie nur ein Wort

Der Tod ist nichts Besonderes für sie, nur ein Wort, vielleicht ein Ort oder ein Zustand. Nicht viel greifbarer als die Geschichten, die ich ihr vorlese. Und wenn wir Erwachsenen den Tod als etwas Natürliches, ein einfaches Übergehen «an einen besseren Ort» (wo auch immer der sein mag) ansehen können, fällt es uns ja auch viel leichter loszulassen. Dann ist alles, was bleibt, die Trauer, wenn wir eine Person schmerzlich in unserem Leben vermissen. Und Vermissen, dass ist nun mal für kleine Kinder sehr schwierig, weil sie viel zu beschäftigt damit sind, im Moment zu leben.

Und so erkannte ich, dass ich anstatt meine Tochter als «zu unreif zum Trauern» abzustempeln, ich mir besser von ihr und ihrer absoluten Natürlichkeit dem Leben gegenüber, ein Stückchen abschneiden sollte.

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Kinder: Neun Monate sehnt man sie herbei und dann machen sie einen Haufen Arbeit. Und bestimmen ab sofort Mamis und Papis Leben. Fünf Mütter und ein Vater schreiben über ihren Alltag mit dem Familienzuwachs. Von Herausforderungen, Veränderungen, Ängsten und Freuden.
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