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Speckstreifen an den Fensterscheiben

An Tagen wie diesen… mein Tagtraum von einer aufgeräumten Wohnung

Ruhe, auf dem Sofa sitzen und ein Bio-Chäsli essen, das wünsch ich mir.

Simone Krebser über die Weihnachtstage und den damit verbundenen Stress. Und wie sie am besten abschalten kann: «Ich habe einen Traum. Einen Traum von einer aufgeräumten Wohnung und Käse. Einem sündigen Sofa und Ruhe … ganz viel Ruhe.»

Eine freundliche, ältere Dame kürzlich zu mir in der Migros: «Oh, geniessen Sie die Zeit, in der Ihre Kinder noch zu Hause wohnen. Sie werden so schnell gross, ziehen aus und dann ist es immer so ruhig bla bla bla …» Oh Ruhe! Bei diesem Wort – muss ich gestehen – hab ich mich ausgeklinkt und dem freundlichen Geplapper der alten Dame nicht mehr zugehört, sondern hing meinen Tagträumen nach. Ruhe … oh welch wunderschönes Wort. Es fühlt sich rosa an, mit goldenen Punkten und es würde bestimmt süss schmecken, wenn man reinbeissen könnte. Ja, ich gebe es zu: Es war einer von diesen Tagen oder besser gesagt einer von mehreren solchen Tagen, die einfach nur nervig, laut und klebrig waren.

Das Beste an manchen Tagen ist ja, dass sie irgendwann rum sind

Einer dieser Tage, an denen der Satz «Irgendwann ziehen die Kinder aus» ein inneres «E Macarena» in mir auslösten und ich mich gerade noch knapp zusammenreissen konnte und nicht mitten in der Migros einen Moonwalk hinzulegen. Oh, nach Hause kommen, keiner ist da und alles aufgeräumt vorfinden. Auf dem Tisch stehen nur wunderschöne Schnittblumen und es duftet nach frisch gebackenem Kuchen.

Keine Ahnung, wieso es nach frisch Gebackenem riechen sollte, wenn ja niemand zu Hause ist. Aber hey, lasst mich träumen! Oh wie wunderbar muss das sein, wenn man an der Kasse steht und auf dem Laufband nur ein Bio-Chäsli, ein kleines Salötli und ein feines Dinkelbrot liegen hat. Eines garniert mit ganz vielen, verschiedenen Kernen, bei deren Verzehr keiner gedenkt, qualvoll zu verenden. Und nicht ein Grosseinkauf, der mich schier zu Boden reisst und am nächsten Tag schon wieder aufgegessen ist. Ich würde heimkommen und in aller Ruhe duschen und mich mit Buch und meinem Bio-Chäsli aufs Sofa knallen und erst wieder aufstehen, um mir ein Stück vom Heinzelmännchen-Kuchen zu gönnen.

Aber nein, stattdessen werde ich vom Nachbarn rausgeklingelt, welcher sich gerade grandios in eine Krise reinsteigert, weil sein Sohn und unser Bub seinen Speck an die Fensterscheiben geklebt haben, damit der unbegabte Hund – damit meine ich wirklich den Hund und nicht etwa den Nachbarn, nur um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen – endlich mal Männchen macht.

Ich bin noch nicht bereit, dass sie ausziehen.

Simone Krebser, Mutter

Ich persönlich finde das ja eigentlich ganz schlau, aber der Zeitpunkt ist wohl gerade nicht so günstig, um über eine Teilnahme bei «Swiss Talent» (gibt es das überhaupt noch?) mit ihm zu diskutieren, und ich muss nun auch bitzli empört tun. Nach der nicht wirklich gewürdigten Hundeakrobatik, dann der Gang mit den Kindern unter die Dusche, bei welchem ich – komischerweise – immer das Lied «Dieser Weg wird keiner leichter sein, dieser Weg wird steinig und schwer» im Ohr habe. Jesus hat bestimmt auf seinem Kreuzweg weniger gejammert.

Apropos Jesus! Unsere Zweijährige hatte wohl nach dem Szenario unter der Dusche ein wenig Bedenken, ob es für den Bruder noch in den Himmel reicht nach dieser Arie von Gefluche und Verdammung, und schüttete ihm vorsichtshalber uraltes Weihwasser über den Kopf, welches sie irgendwo verstaubt in einem Schrank gefunden hatte. Nun gut, dann ist wenigstens unser Sohn nach seinem Ableben gesaved, sowie unser Sofa, auf welchem ich doch eigentlich nur in Ruhe mein Bio-Chäsli und Kuchen essen wollte! Handkehrum … mit niemandem Kuchen teilen. Nie wieder Speck-Window-Color mit hechelndem Hund vornedran. Keine kleine Tochter mehr, die wenigstens einen von uns vor dem Fegefeuer rettet.

Nein! Ich bin noch nicht bereit, dass sie ausziehen. Es ist zu cool und zu lustig mit den kleinen Menschlein um uns rum. Aber ab und zu, an diesen gewissen Tagen, verschwinde ich in meinen Tagträumen in die ruhige, saubere und aufgeräumte Wohnung mit den immer frischen Schnittblumen auf dem Tisch und dem Bio-Chäsli, auf welchem in goldenen Buchstaben mein Name steht. Und ihr?

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Kinder: Neun Monate sehnt man sie herbei und dann machen sie einen Haufen Arbeit. Und bestimmen ab sofort Mamis und Papis Leben. Fünf Mütter und ein Vater schreiben über ihren Alltag mit dem Familienzuwachs. Von Herausforderungen, Veränderungen, Ängsten und Freuden.
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