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Von etwas anderen Schwangerschaftsbeschwerden

«Gratulation! Und wirst du deine Plazenta essen?»

Kinderkriegen: Ein Thema, welches viele Fragen nach sich zieht – auch weniger appetitliche.

 

(Bild: fotolia)

Als absoluter Neuling im Eltern-Blog-Team und als «Mutter in spe» hat man so einige Fragen. Doch die seltsamsten davon bekommt man von anderen gestellt.

Man hört es ja ständig: Mit Kindern wird alles anders. Das Leben verändert sich, du veränderst dich, deine Beziehung verändert sich, der altbewährte Standort deiner Brustwarzen, die Prioritäten und so weiter.

Was dir aber niemand sagt, ist: Schon wenn du schwanger bist, dann kannst du dir abwechslungsreiche Konversation grösstenteils an die wachsende Wampe schmieren.

Erstmal wird immer und überall überschwänglich gratuliert. Also jetzt bitte nicht falsch verstehen, ich mag Gratulationen. Und sie sind ja auch immer nett gemeint. Aber wozu genau wird hier gratuliert? Zur biologischen Reproduzierfähigkeit des künftigen Elternpaars? Denn bisher haben wir zum Stolzsein noch nichts auf die Reihe bekommen ausser ein paar Atemübungen und dem Verzicht auf das Feierabendbier in der Raucherbeiz.

Natürlich mangelt es auch nicht an zahlreichen Ratschlägen, die neben deiner Beziehung und dem Nachwuchs auch ziemlich jeden noch so versteckten Winkel deines Körpers betreffen – Dammmassagen sind da hoch im Kurs.

Realität statt rosa Wolken

Nicht nur bei den Tipps, auch bei den Ratgeber-Titeln bei den Büchern für werdende Eltern macht man sich eher Sorgen, als dass sie hilfreich sind: «Nein aus Liebe» – Nein danke.

Da ist man zutiefst dankbar um das Geschenk der «Baby-Betriebsanleitung» – ein Buch mit Informationen zur «Inbetriebnahme, Wartung und Instandhaltung» des künftigen Nachwuchses. Wenn man nämlich nicht von Anfang an zwischen rosa Wolken und einer Vorstellungen des kommenden Familienlebens schwankt, welche Serien aus den 50er-Jahren entspricht, dann fühlt man sich ohne solche Literatur als werdende Mutter wie ein Alien.

«Fühlst du schon die Verbindung? Spürst du, was es wird?» Fragen, die man kaum damit beantworten kann, dass das Einzige, was man bis vor Kurzem gespürt hat, am ehesten Blähungen nahekommt – gefolgt von hormonell-emotionalen Totalausfällen. In der rosa Schwangerschafts-App beschreiben andere Schwangere dieselben Wahrnehmungen als Schmetterlingsflügelschläge. Erwartungen und Realität sind da ungefähr so weit voneinander entfernt wie Menstruationskrämpfe und Always-ultra-Werbungen.

Nun. Ich bin überzeugt, dass auch bei mir die Hormone noch richtig zuschlagen werden und meinen oft rationalen Ton in einen voller Ausrufezeichen und gefühlter Herzchen-Emojis verwandeln werden. Doch ob ich beim nächsten Thema auch plötzlich eine «Handbrämskehri» machen werde, bezweifle ich sehr.

En Guete

Eine wirklich unerwartete Frage taucht die letzten Wochen immer wieder auf. Immer wieder, zwischen unangekündigten Bauchgrapschern: «Wirst du deine Plazenta essen?»

Scheinbar nicht erst seit Kim Kardashian ist es in Mode gekommen, die eigene Nachgeburt zu verwerten. Soll ja sehr nahrhaft sein, das weiss man auch aus der Tierwelt. Und im Gegensatz zur gemeinen Hauskatze haben wir Menschen die Möglichkeit, den Mutterkuchen unterschiedlich zuzubereiten: Möglich ist der Verzehr in kleinen, pillenähnlichen Dosen, getrocknet oder gefroren als Nahrungsergänzungsmittel oder urig und deftig als Fleischersatz in Zürigeschnetzeltem beispielsweise.

In solchen Momenten sehe ich sie klar vor mir – viel klarer als damals morgens um vier auf dem Trottoir vor der Basler Kneipe: die entsetzten Gesichter der zwei Mädels, welche mit mir, zwischen Bier und Tequila, die Sekte der «Nicht zerfetzten Vaginas» hatten gründen wollen. Drei junge Frauen, die sich in vernebelten Stunden bei schockierendem Informationsaustausch schworen, sich einen Dammriss zu ersparen und lieber verlassene Heimkinder zu adoptieren.
 
Und da stehe ich jetzt, den potenziellen Dammriss so weit wie möglich akzeptiert, und frage mich, wann denn nun die Plazenta zum Trendthema geworden ist.

Nahrung für den Wald

Ich könne sie natürlich auch im Wald begraben, wird anschliessend oft als Reaktion auf meinen wenig begeisterten Gesichtsausdruck vorgeschlagen.

Doch irgendwie kann ich den Sinn in beidem nicht erkennen. Ich habe als Kind verstorbene Haustiere vergraben – um Abschied zu nehmen. Bei einer Geburt hingegen scheint mir doch eine Begrüssung angemessener. Weshalb ich daher zu diesem Anlass im Wald rumbuddeln soll, erschliesst sich mir nicht.

Zudem ernähre ich mich relativ gesund und brauche daher nicht unbedingt den Ungeborenen-Energiefood. Deshalb: Mercinei. Ich verzichte.

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Kinder: Neun Monate sehnt man sie herbei und dann machen sie einen Haufen Arbeit. Und bestimmen ab sofort Mamis und Papis Leben. Fünf Mütter und ein Vater schreiben über ihren Alltag mit dem Familienzuwachs. Von Herausforderungen, Veränderungen, Ängsten und Freuden.
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