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Statistik, Informatik oder eine zusätzliche Sprache

Mehr praktische Skills für Geisteswissenschaftler, bitte!

«Neben dem Studium freiwillig noch weitere Kurse besuchen – dafür fehlt vielen Studenten auch schlicht und einfach die Zeit.»

(Bild: Nick Morrison)

Im Rückblick auf drei Jahre Studium wird mir bewusst, was gefehlt hat: ein paar direkt anwendbare Fähigkeiten zu erlernen. Warum es interessant wäre, das Erwerben von Kompetenzen ausserhalb des eigenen Fachs in geisteswissenschaftliche Studiengänge zu integrieren.

Eigentlich war ich immer froh, dass wir Studenten der Geschichte, Philosophie, Kulturwissenschaften, Religionswissenschaften oder Ethnologie keine Statistik- oder Informatikvorlesungen besuchen müssen. Immerhin ist dies ein oft genannter Grund für die Wahl eines geisteswissenschaftlichen Studiums, denn hier hat Mathematik normalerweise nichts zu suchen.

Kurz vor meinem Bachelorabschluss sehe ich das anders: Die Kenntnis von Methoden und Vorgehensweisen fremder Fachbereiche würde ich sehr gerne Teil meines Sets an Fähigkeiten nennen. Sei es das Grundverständnis, wie die Volkswirtschaft funktioniert, wie man mit Computerprogrammen umzugehen hat, oder das Erlernen einer zusätzlichen Sprache. Wäre das Erweitern der eigenen Skills obligatorisch, würde dies sowohl den Studenten als auch den Studiengängen weiterhelfen.

Akademische Freiheit und Selbstdisziplin

Dagegen kann eingewendet werden, dass ein geisteswissenschaftliches Studium eben andere Fähigkeiten lehre. Die universitäre Forschung und Lehre sei frei und insbesondere die geisteswissenschaftlichen Fächer müssen sich nicht am Arbeitsmarkt orientieren. Die akademische Ausbildung soll auch nicht direkt für einen Job qualifizieren, sondern die Studenten mit den facheigenen Methoden vertraut machen und zum Hinterfragen anregen. Ausserdem könnten Studenten sich diese Skills selber aneignen, wenn sie genug selbstdiszipliniert und motiviert sind.

Stimmt, aber: Gerade das Erlernen einer Sprache wäre doch in Studiengängen wie Geschichte, Philosophie oder Ethnologie für alle von Vorteil, denn einerseits erweitert sich dadurch das Spektrum an Büchern und Artikeln, die erarbeitet und diskutiert werden können, andererseits hilft das Erkennen der Logik einer Sprache auch ganz grundsätzlich bei der Auseinandersetzung mit Texten. Methoden der Statistik würden zu verstehen helfen, wie andere Disziplinen zu ihren Resultaten kommen, und liessen sich nicht zuletzt auch beispielsweise in der Geschichte oder der Ethnologie anwenden.

Das Argument, dass diese Fähigkeiten auch in Eigenregie erworben werden können, leuchtet ein. Wäre aber die Erweiterung der eigenen Fähigkeiten obligatorisch und könnten die Studenten gemeinsam und nach persönlichen Vorlieben Kurse besuchen, wäre die Motivation ungleich grösser. Denn neben dem Studium freiwillig noch weitere Kurse besuchen oder seinen Horizont in Eigenregie zu erweitern – dafür fehlt vielen Studenten auch schlicht und einfach die Zeit.

Fit für den Arbeitsmarkt

Nicht zuletzt helfen solche Skills eben auch auf dem Arbeitsmarkt. Und die allermeisten Studienabgänger werden sich früher oder später einen Job ausserhalb der Universität suchen dürfen (oder müssen). Das Studium würde sich durch obligatorisch zu erwerbende ausserfachliche Kompetenzen nicht gross verändern, sondern nur etwas erweitert werden. Statt unnötiger Social Credit Points oder zwei weiterer Seminare wären wir gezwungen, noch etwas ganz anderes kennenzulernen. Irgendwann werden diese Skills gefragt sein, sei es bei der Arbeitssuche oder im alltäglichen Leben. Und falls nicht, so lassen sie uns zumindest über den eigenen Tellerrand hinausschauen.

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Kommilitonen, Nebenjob, Credits, Wohngemeinschaften, Prüfungszeit, Ausgang, Semesterferien, Essays – Begriffe, die den Alltag von Studierenden prägen. Im Campus-Blog schreiben Studierende aus unterschiedlichen Semestern über ihr Leben in Luzern, ihre Freizeit sowie die Hürden und Freuden an der Uni oder Hochschule.
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