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Unilux: Studentenkino gegen den Mainstream

«Wir schlagen dem Google-Schema ein Schnippchen»

Die Unilux lockt ins Kino.

(Bild: pbu)

Gratis ins Kino, das ermöglicht der Verein Unilux. Präsident Martin Stalder sagt im Interview, warum es sich lohnt über den Hollywood-Horizont hinauszublicken und was die Besucher im nächsten Jahr erwartet.

Unilux, nie gehört? Dahinter verbirgt sich das Studierendenkino von Uni und PH Luzern. Der studentisch organisierte Verein zeigt jeweils während des Semesters ausgewählte Filmperlen im «G7» an der Güterstrasse. Vereinspräsident Martin Stalder spricht im Interview mit dem Campus-Blog über sein Engagement, seine liebsten Filme und die um sich greifende Gratismentalität. Der 26-Jährige studiert an der PH auf der Sekundarstufe im dritten Semester.

Magdalena Oberli: Weshalb engagierst du dich bei Unilux?

Martin Stalder: Filme sind seit jeher eine meiner Leidenschaften. Durch Freunde bin ich vor Jahren auf Unilux gestossen und bin seither nicht mehr losgekommen. Nach einem Jahr wurde ich angefragt, ob ich mich engagieren wolle. Ich sagte sofort zu.

Oberli: Weshalb sind Filme deine Leidenschaft?

Stalder: Sie lassen uns eintauchen in andere Welten mit anderen Gesetzen. Eigentlich wissen wir von Filmen: Alles ist absolut konstruiert, aber trotzdem suchen wir stets die parabolische Auseinandersetzung mit unserer Lebenswelt. Zuweilen spielen Filme ganz gezielt mit dem Publikum. Das fasziniert mich.

Oberli: Heute kann man sich im Internet jederzeit einen Film nach Wunsch streamen. Für was braucht es da noch ein Studierendenkino?

Stalder: Das Kino ist auch in der heutigen Zeit mehr als der Film selbst. Es ist ein Erlebnis mit zusätzlichen Qualitäten, die das Streaming nicht bieten kann. Wir achten immer darauf, dem Googleschema «guter Film» ein Schnippchen zu schlagen. Die meisten Filme sind den Studierenden nicht bekannt, weshalb sie diese auch nicht per Streaming konsumieren würden.

(Bild: Pawel Streit Fotografie)

(Bild: Pawel Streit Fotografie)

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«Die Leute besitzen nicht mehr den Mut, über Hollywoods Horizont zu blicken.»
Vereinspräsident von Unilux, Martin Stalder

Oberli: Viele junge Menschen sind nicht mehr bereit, Geld für Filme zu bezahlen. Was hältst du von dieser Gratismentalität?

Stalder: Das ist natürlich schade, besonders deshalb, weil lokale Filmemacher ohne Subventionen praktisch keine Chance mehr haben. Die Gratismentalität führt zu vermehrter filmkultureller Homogenität. Die Leute besitzen nicht mehr den Mut, über Hollywoods Horizont gegen Osten oder Westen zu blicken.

Oberli: Wie stellt ihr euer Filmprogramm zusammen?

Stalder: Die Studierenden des Vorstandes stammen aus den verschiedensten Fakultäten, weshalb Interessenkonflikte vorprogrammiert sind. Als Team können wir nur gut zusammenarbeiten, wenn die Interessen einer Mehrheit gewahrt sind. Deshalb sind fast sämtliche Prozesse unseres Vereins demokratisch organisiert. Dies gilt auch für die Selektion der Filme, über die zum Teil heftig diskutiert wird. Am Schluss sitzen wir jedoch alle zusammen und lassen den Abend gemütlich ausklingen.

Oberli: Was erwartet die Studierenden im kommenden Semester?

Stalder: Fürs kommende Semester befinden wir uns noch mitten in der Planung. Mein Vorschlag stiess auf heftigen Widerstand und wird keine Mehrheit finden. Das Thema der letzten Filmreihe war «Schöne, ungerechte Welt!». Wir zeigten etwa das Werk «Jagten» des dänischen Regisseurs Thomas Vinterberg. Das Drama erzählt die Geschichte eines Mannes, der von einem ganzen Dorf gejagt wird, weil der Verdacht auf Kindesmissbrauch im Raum steht. Oder den aus dem Jahre 1962 stammenden Film «The Trial» – eine Verfilmung von Kafkas Roman «Der Prozess».

«Vielleicht liegt das Filmsterben gerade in der fehlenden Einsicht, dass grössere Budgets nicht Qualität garantieren.»
Martin Stalder

Oberli: Immer mehr Leute schauen sich lieber Serien als Filme an. Sind Filme ein aussterbendes Kulturgut?

Stalder: Oftmals entstanden aus Serien Spielfilme und umgekehrt. Es scheint also durchaus einen Synergieeffekt zu geben. Ich denke nicht, dass Serien für das Aussterben der Filme verantwortlich sind (sofern es ein solches überhaupt gibt). Die Filmbudgets wurden in den letzten fünf Jahren stetig vergrössert. Vielleicht liegt das Filmsterben gerade in der fehlenden Einsicht, dass grössere Budgets nicht per se filmische Qualität garantieren. Insofern könnte man deshalb auch die Gratismentalität besser nachvollziehen.

Oberli: Für all diejenigen, die noch nie im Unilux waren: Weshalb sollten sie es im kommenden Semester einmal wagen?

Stalder: Wir bieten anregende Filme in einer tollen Atmosphäre und zusätzlich wird man bestens versorgt durch die hauseigene Bar. Was will man mehr?

Oberli: Zum Schluss: Welches sind deine persönlichen Top-10-Filme?

Stalder: Oldboy (im koreanischen Original), Melancholia, Antichrist, Inception, Dancer in the Dark, Pulp Fiction, Insidious, Airdoll, The Usual Suspects, I’m a Cyborg und But That’s OK.

Unilux ist ein Studierendenverein der Universität und der Pädagogischen Hochschule Luzern. Ziel ist es, Studierenden und anderen Interessierten unterhaltsame Kinoerlebnisse anzubieten. Pro Semester wird eine Filmreihe gezeigt. Das Kino im G7 ist alle 14 Tage jeweils ab 19 Uhr geöffnet. Neben den Filmen gibt es ein lockeres Rahmenprogramm, das durch kurze Referate von Fachleuten oder Vereinsmitgliedern neue Perspektiven auf die Filme eröffnet.

Eintritt: gratis, mit Kollekte für Getränke
Ort: G7, Güterstrasse 7, Luzern
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Kommilitonen, Nebenjob, Credits, Wohngemeinschaften, Prüfungszeit, Ausgang, Semesterferien, Essays – Begriffe, die den Alltag von Studierenden prägen. Im Campus-Blog schreiben Studierende aus unterschiedlichen Semestern über ihr Leben in Luzern, ihre Freizeit sowie die Hürden und Freuden an der Uni oder Hochschule.
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