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Die perfekte Wohnung in Paris

Ein Ding der Unmöglichkeit, vergleichbar mit der Suche nach dem perfekten Mann.

Sie gehört zu den grossen Fragen des Studentenlebens: Wie findet man die perfekte Wohnung? Ich hatte mich bisher nicht wirklich damit beschäftigt, lebte bei meiner Familie, war eine geübte Pendlerin und Couchsurferin an Wochenenden oder auf Reisen.

Sie gehört zu den grossen Fragen des Studentenlebens: Wie findet man die perfekte Wohnung? Ich hatte mich bisher nicht wirklich damit beschäftigt, lebte bei meiner Familie, war eine geübte Pendlerin und Couchsurferin an Wochenenden oder auf Reisen. Wahrscheinlich hatte ich mir gerade deshalb nie eine Bleibe gesucht, weil ich gerne herumreiste. Sollte es dann mal so weit sein, müsste alles stimmen. Es müsste der richtige Zeitpunkt, der richtige Ort und die richtige Wohnung sein.

Die Partneruniversität Dauphine hat nur wenige Plätze im Studentenwohnheim für Auslandstudierende zu vergeben. Diese sind beliebt, wobei sie sich nicht im Zentrum befinden. Für viele mag diese Art des Wohnens – ein kleines Zimmer, geteilte Küche und sanitäre Anlagen und erdenklich viele Parties – der Inbegriff eines Ausstauschsemesters sein. Klar würde man dort viele junge Menschen aus aller Welt kennenlernen, kaum aber Franzosen. Und wollte ich nicht gerade deshalb nach Paris? Um das Leben in Paris als Studentin zu erkunden? Nicht das Leben einer Ausländerin im young, wild and free Camp. Ich entschied mich dagegen und stürzte mich in das Pariser-Wohnungsgefecht.

Eigentlich glaubte ich keine schlechte Kandidatin zu sein.

Ein Ding der Unmöglichkeit, vergleichbar mit der Suche nach dem perfekten Mann, meinten meine französischen Freunde. Jammern und vom Unmöglichen zu sprechen gehört bei der Wohnungssuche dazu, das kannte ich bereits von meinen Studienkollegen aus Luzern und Zürich. Tatsächlich würde es mein Hobby für die nächsten paar Wochen sein, täglich Fotos von Wohnungen durchzuklicken, dieselbe Bewerbung immer wieder etwas anzupassen und mich über Betrügerwohnungen mit klopfendem Herzen freuen, um dann bitterlich enttäuscht zu sein. Sie hatten Recht, Wohnungssuche in Paris bedeutet Krieg. Und dass ich das Unmögliche von Luzern aus versuchte, machte es nicht gerade leichter. Eigentlich glaubte ich keine schlechte Kandidatin zu sein: Eine junge Schweizerin, Studentin mit Job, nicht-Raucherin, mehrsprachig, tierlos. Wer hätte da gedacht, dass es das Alemannische meines Vornamens ist, das mir zu meiner Bleibe verhelfen sollte?

Mit Blick zum Eiffelturm

Ihr Name ist Céline und sie ist der Inbegriff dessen, was ich mir unter einer Pariserin vorstelle: Schulterlanges helles Haar zu irgendeiner Frisur hochgesteckt, welche die Haare immer wieder zu verlassen versuchen, Raucherin – natürlich, verliebt in das Leben und in die Kunst, verliebt in Paris. Auf ihrer Anzeige gab es nicht viel zu sehen, ein Foto von einem Sonnenuntergang und die blaue Wand meines künftigen Zimmers. Sie war die erste, die mir geschrieben hatte, bevor ich sie mit meiner verzweifelten Routinemail bombardieren konnte. Da ich ständig auf Abruf war, schrieb ich ihr innerhalb von 5 Minuten zurück. «Prima, du kannst die Wohnung besichtigen kommen.» Das war sie, meine Chance auf die perfekte Wohnung:«Ich werde übermorgen da sein.» Ich fuhr also übers Wochenende nach Paris, um Wohnungen zu besichtigen.

«Anja klingt sehr deutsch, darum habe ich dir geschrieben»

Die Wohnungen in Paris fallen oft nicht mal halb so gross aus wie etwa in Luzern, alles ist auf kleinsten Platz gedrängt. Die Nachbarn kennt man dank der schlechten Isolierung so gut wie die eigenen Mitbewohner und was für uns schmuddelig scheinen mag, ist verlebt. Wohnungen in Paris sind verlebt, die Fassaden bröckeln ein wenig, der Kalk zeichnet seine Gemälde in Badezimmer und Küche, die Treppen quietschen. Der Pariser freut sich nicht über Geräumigkeit, auch nicht über Tageslicht, sondern darüber, mitten im Geschehen zu sein, rund um die Uhr. Natürlich trägt man in der Wohnung Schuhe – dieselben wie draussen und es wird geraucht, besonders am Wochenende. Dann gibt es diese Schmuckstücke von Wohnungen mit den zierlichen Decken, den grossen Fenstern, einem Kamin im Wohnzimmer und mit Blick über die Stadt. Sie gehören zu der Sorte Wohnung, die sich eine Studentin nicht leisten kann. Was man bei der Suche braucht, ist vor allem Glück. In meinem Fall Glück, einen deutschen Namen zu haben.

Die erste kleine Bleibe

Ich war nie so richtig sicher, ob Céline auftauchen würde. Aber sie kam. Fröhlich hiess sie mich willkommen und zeigte mir ihr kleines Paradies. Céline ist Theatertexterin und hat sich vor Jahren in einen Architekten verliebt, wobei man bei ihrer Schwärmerei durchaus glauben könnte, es sei letzte Woche gewesen. Zusammen leben sie in einer Art Loft, hoch über Paris. Er ist quasi nur nachts zu Hause, sie schreibt in ihrem Home-office. Sie liebt die deutsche Literatur. Und das war meine Glückskarte – «Anja klingt sehr deutsch, darum habe ich dir geschrieben». Sie lachte und rauchte ihre Zigarette zu Ende, was sie nur tut, wenn ihr Geliebter nicht da ist und nur draussen auf dem Balkon, dann zog sie tatsächlich ihre Schuhe aus und betrat die Wohnung.

Ich werde im elften Stock leben, bei Belleville. Morgens werde ich von der Sonne geweckt werden und abends über die Dächer der französischen Metropole blicken, bis hin zum Eiffelturm. Sie ist perfekt, meine kleine erste Bleibe mitten in Paris. Wer weiss, was die Stadt sonst noch für mich bereithält.

 

 

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Kommilitonen, Nebenjob, Credits, Wohngemeinschaften, Prüfungszeit, Ausgang, Semesterferien, Essays – Begriffe, die den Alltag von Studierenden prägen. Im Campus-Blog schreiben Studierende aus unterschiedlichen Semestern über ihr Leben in Luzern, ihre Freizeit sowie die Hürden und Freuden an der Uni oder Hochschule.
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