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Sex Statue im Thirumayam temple

CF über Krieg, postmoderne Schwachsinnsdrinks und das Ende der Welt.

Konntest du also auch nicht widerstehen und hast auf den Link mit den magischen drei Buchstaben (Der Buchstabe X hat in deutschen Texten eine durchschnittliche Häufigkeit von 0,03 %) geklickt? Dann herzlich Willkommen hier im vertrauten Kreis von CFs eigentümlicher Welt. Keine Angst! Dein/e Chef/in findet es nicht heraus. Und wenn doch, dann ist das womöglich der Startschuss in eine vertiefte Form eures Angestelltenverhältnisses. Manchmal braucht es so wenig…

Nun gut, eigentlich wollte ich bloss ein Experiment vollziehen, um heraus zu finden, wie sich unzüchtige Kolumnen-Titel auf die Klickzahlen dieses Blogs auswirken. Jetzt aber, da der Titel steht, wurde ich dennoch im wahrsten Sinne des Wortes von der Lust ergriffen über Körperlichkeiten und andere Frivolitäten zu sinnieren. Und da dies ja ein Barkeeper-Blog ist, richte ich meinen Fokus naturgemäss auf meinen geliebten Storchen.

Der Storchen ist, wie eigentlich alle Altstadt-Bars, eher eine Lokalität für reifere Semester (selbst unter den Angestellten zähle ich mit meinen 29 Lenzen zum Nachwuchs). Mit juvenilem Vulgär-Ausgang wie man ihn in der Neustadt findet, hat das gottlob nichts zu tun, was auch die spartanisch gehaltene Getränkekarte untermauert. Postmodernistische Schwachsinns-Drinks wie «Sex on the beach» oder «Cosmopolitan» sucht man vergeblich. Es dominiert das gesittete Miteinander im Beisein von gutbürgerlichem Wein und Bier. Hin und wieder ein einsamer «Gin Tonic» oder eine verwitwete «Bloody Mary» dürfen als Ausnahmen diese Regel bestätigen. Auch Sturm und Drang scheint bei den leicht bis mittelschwer ergrauten Eminenzen zu einer Floskel des Literaturunterrichts vergangener Tage verkommen zu sein. Sexualhormone und Haaransatz haben sich in gleichem Masse zurückgezogen. Es ist Donnerstag Nachmittag, 17 Uhr.

Zwei Stunden später werde ich Lügen gestraft. Der Storchen hat sich innert kürzester Frist in einen veritablen Jungbrunnen verwandelt. Lärm- und Alkoholpegel steigen unerbittlich bei den sonst so vernünftigen Herrschaften. Die Hemmschwellen sinken oder lösen sich gar gänzlich auf. Die Lust kehrt unaufhaltsam zurück und eine dichte Glocke aus aphrodisischem Dunst legt sich über den Storchen. Der Krieg hat begonnen. Die Veteranen ziehen in den Kampf um die besten verbliebenen Weideplätze, die saftigsten Wiesen, die fruchtbarsten Ländereien. Die Kontaktszene jenseits der Fünfzig hat Hollywood-Charakter und ist an Bildlichkeit kaum zu überbieten. Ein Augenschmaus sondergleichen. Und CF voller Dankbarkeit mitten drin. Leichtfüssig drehe ich meine Runden zwischen Vorruhestands-Casanovas, Charmebolzen mit Lesebrillen und hinkenden Don Juans, während ich gleichzeitig fünfzigjährigen Blondinen mit zwanzigjährigen Brüsten ihre Prosecco-Infusion stecke. Es sind diese Momente, die meiner Hoffnung neuen Antrieb geben. Die Hoffnung, dass auch zur Lebensmitte der hemmungslose Hedonismus gegenüber dem Vorstadt-Spiessertum obsiegt, der sexuellen Energie kein Riegel geschoben wird und die Welt letztlich in einer gewaltigen Orgie römischen Ausmasses zu Grunde geht.

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Über Bars und Restaurants wurde schon viel geschrieben. Doch stets aus der Perspektive des Gastes. Dieser Blog ist anders. Gänzlich aus der Optik des Barkeepers verfasst, eröffnet er den Lesenden einen bunten Einblick in das Leben zwischen Zapfsäule und Kaffeemaschine. Ein Leben in der Schnittmenge von flüssigem Glück und seelischen Abgründen.
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