Mantelnutzung im Dorf
Die Napfgemeinde Luthern hat einen neuen Werkhof und ein neues Feuerwehrmagazin bekommen. Zum Dorf hin gibt sich das Gebäude als Wohnhaus, zum Hang hin sind die Erdgeschossnutzungen platziert. Der Neubau setzt als Vorbote einer qualitätsvollen Entwicklung im Dorf neue Massstäbe.
Die Aussicht aus den Wohnungen auf das Dorf ist wunderbar. Luthern, ein ISOS-Ortsbild nationaler Bedeutung, zeigt sich von Norden mit seiner ganzen Pracht. Die Kirche thront auf einer Terrasse, die das Dorf in ein Unten und ein Oben teilt. Sie ist seit Jahrhunderten die Dominante im Tal. Die bauliche Entwicklung in der Napfgemeinde ist überschaubar. Im vergangenen Jahrzehnt sind nur eine Handvoll neuer Bauten entstanden.
Umso erstaunlicher gibt sich der Neubau von Blum Grossenbacher, die für die Gemeinde den neuen Werkhof und das neue Feuerwehrmagazin und für den Investor schaerholzbau aus Altbüron Wohnungen gebaut haben. Der viergeschossige Bau überragt die traditionelle Bebauung. Auch die Gebäudelänge gibt es in Luthern bei keinem anderen Wohnhaus. Wegen der Nachbarschaft zum Schulareal gliedert sich der Neubau trotzdem gut in das Ortsbild ein.
Satteldach und Gebäudeabmessungen leiten sich von den benachbarten Schulbauten her. Die Schindelverkleidung stammt aus der ländlichen Architektur. Der unterdrückte Dachvorsprung, die lange Balkonschicht und das Parkdeck über dem Werkhof sind einem zeitgenössischen Architekturverständnis entnommen. Die klare Gebäudeform, die Lochfassade und die Gliederung in Sockel und Oberbau nimmt auf die traditionellen Bauten Bezug.
Etwas abgerückt vom Zentrum besetzt der Neubau eine Randlage. Die Erdgeschossnutzung passt zwar nicht in das Ortszentrum, dennoch hat sich die Gemeinde für ein Baufeld neben dem Schulhaus und mit Sichtbezug zum Dorf entschieden. Die Architekten haben sich der Aufgabenstellung angenommen: Der Gebäuderiegel unterbindet die Einsicht in den Werkhof. Die Nutzungen vertragen sich dank dem ausgeklügelten architektonischen Konzept somit gut an diesem Standort.
Für die Architekten lag die Übernahme der Gebäudevolumetrie der Schulbauten auf der Hand. Diese schmiegen sich dem Hangfuss an und folgen den Terrainsprüngen. Die Gruppe von drei Bauten (zwei Schulhäuser und eine Turnhalle) wird nun mit einem vierten Volumen ergänzt, dessen Lage sich aus dem Geländeverlauf ergibt. Diese Baugruppe ergänzt selbstbewusst das nationale Ortsbild mit Bauten in einem anderen Massstab.
Den Architekten gelingt mit ihrem Bau sowohl die Raumbedürfnisse der Gemeinde in Zentrumsnähe zu befriedigen, als auch mitten im Dorf attraktiven Wohnraum zu schaffen. Sie festigen die Baugruppe am Hangfuss und bereichern die Architektur mit einem weiteren Holzbau. Ortsbild und Gemeinde profitieren also beide gleichermassen, was als Glücksfall zu werten ist.