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Gerold Kunz in Chicago

Fensterlose Fassade

Das Wood House ist in die Häuserreihe eingefügt. (Bild: Gerold Kunz) (Bild: Gerold Kunz)

Ein Wohngebäude mit einer fensterlosen Fassade ist auch in Chicago eher selten zu sehen. Beim Wood House fühlte ich mich sofort an Frank Lloyd Wright erinnert, der in Chicago seine ersten Bauten erstellte und als Erster in seiner Architektur die glatten Flächen der traditionellen amerikanischen Backsteinbauten verwendete.

Die Architekten Brininstool+Lynch führen ihr Büro seit Mitte der 1980er Jahre in Chicago. Anfänglich hatten sie sich mit Lofts beschäftigt, heute zählen sie zum Kern der Chicagoer Architektenszene. Vor Kurzem stellten sie in Gehdistanz zum Loop ein 15-geschossiges Appartementhaus mit 144 Wohnungen fertig.

Und weitere Projekte, die die Skyline von Chicago verändern werden, sind in Arbeit, darunter zwei Wohnhäuser, die unter der Bezeichnung TOD (Transport Oriented Development) schon vor dem Baustart für Schlagzeilen sorgen, weil auf Parkplätze verzichtet werden kann, was in den USA bisher undenkbar war.

Zum Garten offen

Auch wenn sich die Architekten dank vieler Grossbauten nicht über ihre Geschäftslage beklagen können, bearbeiten sie dennoch kleine Aufträge. Zu diesen zählt das Wood House, ein Einfamilienhaus in Chicagos Westside, das 2013 bezogen wurde. Die Aufgabe bestand darin, in ein städtebaulich enges Korsett einen Neubau zu setzen, der sich in seinen Ansprüchen von den benachbarten Gebäuden stark unterscheidet.
Während sich in der Regel die Bauten mit ihrer Hauptfassade zur Strasse hin orientieren, gibt sich das zweigeschossige Wohnhaus vollkommen geschlossen. Es öffnet sich zum Garten, den der winkelförmige Baukörper in der Grundstückmitte fasst.

Kupfer schliesst die Lücke

Eine geschosshohe fensterlose Backsteinwand wird gerahmt von zwei um wenige Zentimeter zurückversetzte Wandscheiben. Im Unterschied zur flächig wirkenden Backsteinwand sind die beiden Wandscheiben mit tiefen Fugen vermörtelt, was verschiedene Wirkungen erzeugt. Die Fuge zwischen der Backsteinwand und der rechten Wandscheibe ist mit einem Kupferblech versehen, in das ein Ornament aus unterschiedlich grossen Quadraten ausgestanzt ist. Ein Metallzaun begrenzt das Gebäude zum Gehweg.

Mit wenigen Mitteln

Die Komposition des Wood House kommt mit wenigen gestalterischen Mitteln aus, die in der Umgebung eine überraschende Wirkung erzeugen. Die Backsteinwand erinnert an die frühen Bauten von Frank Lloyd Wright, der in Chicago und in dessen Vororten seine ersten Werke erstellte.

Beim Charnley-Persky House hatte sich Wright beim Mauerwerk erstmals an den handwerklich gefertigten glatten Flächen der traditionellen Backsteinbauten orientiert und damit die Moderne eingeläutet. Bei der Gestaltung der ornamentalen Kupferbleche hingegen hat sich der Architekt Brad Lynch, wie er im Gespräch erläuterte, von der Gebäudehülle des 2005 eröffneten de-Young-Museums in San Francisco von Herzog & de Meuron inspirieren lassen, einem Gebäude, das den Architekten begeisterte.

Nachgedoppelt

Das Wood House ist mir schon bei einem meiner ersten Rundgänge aufgefallen. Wer am Grundstück entlang geht, sieht vorab einen Zaun, der aus Lamellen besteht, die Einblicke in den dahinterliegenden Hof gewähren.
Der Londoner Architekt David Adjaye hatte schon 2000 mit dem Elektra House vorgeführt, wie ein Haus nach aussen fensterlos erscheinen und dennoch über hohe Wohnqualitäten verfügen kann. Nun haben Brininstool+Lynch mit dem Wood House in Chicago nachgedoppelt.

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