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Energiestrategie 2015

«Reduce, Reuse und Recycle» in Bern

Der Münchner Architekt Muck Petzet wurde von der Universität Bern zu einem Vortrag eingeladen. Dabei rief er zu einem anderen Umgang mit der Bausubstanz auf.

Beispiele zum schonenden Umgang mit bestehenden Bauten gibt es in Luzern viele. In der Regel handelt es sich um denkmalgeschützte Gebäude, die eine neue Nutzung erfahren. So konnte aus der Nationalbank an der Luzerner Pilatusstrasse die Sammlung Rosengart oder aus der Kirche St. Josef im Maihof der MaiHof, ein multifunktionaler Begegnungsraum, werden.

Zur jüngeren Baugeschichte zählen Zwischennutzungen oder die Neunutzung brachliegender Liegenschaften. Was sich in den 1990er Jahren vorwiegend auf Industriegebäude konzentrierte, zieht immer weitere Kreise. Aus dem Luzerner Hallenbad entstand mit konzentrierten Eingriffen das Neubad und im Areal an der Industriestrasse werden bewusst bestehende Bauten in die Neukonzeption einbezogen, auch wenn dies nicht von der Denkmalpflege gefordert wird. 

Dabei stehen nicht nur ästhetische Anliegen im Vordergrund, auch in Bezug auf den Energiehaushalt bietet der Erhalt Vorteile. Ein Vordenker in Sachen Wiederverwendung ist der Münchner Architekt Muck Petzet (*1964), der nach Bern zum Vortrag geladen wurde. Die Zeit ist reif für ein Umdenken. 

Lobende Worte für die Gegebenheiten in der Schweiz waren an seinem Vortrag an der Uni Bern zu hören. Im Unterschied zu Deutschland, wo der Architekt Büros in München und Berlin betreibt, wird in der Schweiz «Graue Energie» als Kennwert in der Energiedebatte schon heute anerkannt. Damit eröffnen sich im Umgang mit der bestehenden Bausubstanz andere Perspektiven. 

In jedem Bauteil ist Energie gespeichert, die sich ermitteln lässt, weshalb aus energetischen Gründen der Teilerhalt von bestehenden Bauten durchaus Sinn macht. Dass sich der Einbezug bestehender Bauten auch positiv auf die Architektur auswirken kann, hatte Petzet schon 2012 an der Architektur-Biennale von Venedig vorgeführt. Im Deutschen Pavillon präsentierte er Projekte, die alle nur dank der Bereitschaft der Beteiligten, sich auf den Bestand einzulassen, möglich wurden. Der Gewinn dieser Projekte liegt in der Aufwertung der lokalen Umgebung, ohne dass alles neu erfunden werden muss. 

Petzet legte in seinem Vortrag mit einer Übersicht zum Stichwort Nachhaltigkeit aus dem Internet anschaulich dar, dass von Seiten der Wirtschaft die Energiewende gerne als ein Neubauprojekt propagiert wird, die also ohne den Bestand auskommt. Diese Annahme ist nur vertretbar, wenn in den Nachweisen die in den abzubrechenden Bauten gespeicherte «Graue Energie» unberücksichtigt bleibt, was nicht den Zielen der Energiestrategie 2050 entspricht. 

Von Architekten wie Diener & Diener, Lacaton & Vassal oder eben Muck Petzet liegen bemerkenswerte Beiträge vor, die darlegen, wie gross das gestalterische Potenzial im Umgang mit der Bausubstanz ist. Und es sind diese Projekte, die einen wesentlichen Beitrag zur Energiewende leisten, weil sie Architektur als Ressource betrachten. 

Petzet überträgt Erfahrungen aus der Abfallbewirtschaftung auf die Architektur. Hinter dem Kürzel RRR stehen «Reduce, Reuse und Recycle» und somit Begriffe, die wir aus der Entsorgung kennen. Da die Abbruchkosten und die Transportkosten zu tief seien, habe ein Umdenken im Umgang mit der Bausubstanz noch nicht stattgefunden. Somit liegt es an den am Bau Beteiligten, hier neue Werte einzuführen –  und diese lassen sich nur über realisierte Projekte vermitteln. Um damit zu zeigen, «dass es am sinnvollsten ist, die Lebenszeit vorhandener Gebäude mit möglichst minimalen Mitteln zu verlängern», wie Petzet schon 2012 bemerkte.

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