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Bau an Kunst

An der Sternmattstrasse in Luzern hat die Künstlerin Monika Kiss Horváth einen nüchternen Anbau an das ewl Unterwerk Steghof mit Farbstreifen veredelt. Ein Beleg für die Geburtsstunde von «Bau an Kunst»?

Als besonders nüchtern darf die Architektur des Anbaus an das ewl Unterwerk Steghof der Schärli Architekten bezeichnet werden. Die Geometrie des Grundstücks gibt den Grundriss vor. Die Höhe des Volumens vermittelt zwischen dem benachbarten Unterwerk und dem Brünigdepot. Hier wird Städtebau nahe am Nullpunkt betrieben. Nur wenig unterscheidet die Baumassnahme von einem Lagercontainer eines x-beliebigen Gewerbegebiets am Stadtrand. 

Offenbar fühlten sich sie Verantwortlichen dem innerstädtsichen Standort dennoch verpflichtet. Für den künstlerischen Schmuck wurde vermutlich deshalb unter Kunstschaffenden ein dreistufiger Wettbewerb auf Einladung durchgeführt, aus welchem das Projekt der Künstlerin Monika Kiss Horváth hervorging. 

Die nun realisierte Umsetzung zeigt den Auftrag von roten, orangen und braunen horizontalen Farbbändern, die auf zwei Gebäudeseiten den schwarzen Metalllammellen folgen. Die beiden Fassaden werden damit zu Wandflächen, auf denen sich das Kunstwerk als eine abstrakte Farbkomposition präsentiert. 

Das Konzept der Künstlerin weist den Farbstreifen mit einer Länge von 6 Metern hingegen klare Funktionen zu: «vier verschiedene Rot im Hochspannungsbereich, vier verschiedene Orange im Niederspannungsbereich» und Dunkelbraun dem «Eisenkern». Doch weder dem Kontext der Stadt noch dem ambitionierten Kunstbeitrag dient diese Übersetzungshilfe. 

Hier wird «Kunst am Bau» zu «Bau an Kunst» verkehrt. Statt dass sich die Architekten auf eine eingehende Auseinandersetzung mit der Baugeschichte des Standorts einlassen, nutzen sie Kunst als oberflächliche Dekoration. Das unbefriedigende Ergebnis belegt, dass es nicht genügt, Kunst zu wollen, während sich die Architektur aus der Verantwortung verabschiedet. 

Ursprünglich hatten die Technikgebäude der 1903 gegründeten Elektrizitätswerke Luzern-Engelberg AG (heute ewl) keine derart untergeordnete Rolle im Stadtbild eingenommen. Der von Carl Griot 1904 erstellte Bau an der Sternmattstrasse, heute unter grünen Eternitplatten verborgen, orientierte sich an der Schlössliarchitektur, ohne den Charakter eines industriellen Bauwerks zu leugnen. Seine Erscheinung trug positiv zum Strassenbild bei – etwas, was der neue Erweiterungsbau trotz ambitioniertem Kunstbeitrag leider nicht zu leisten vermag.

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