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Vermittlungsfrage

In der aktuellen Debatte um die Hängung der Kapellbrückenbilder geht es nicht um eine Frage des Stils, sondern um eine Frage der Motive. Ausstellung und Podium zeigen, dass die Vermittlung erst begonnen hat.

Denkmalpflege fürs Volk – so müsste der Schlachtruf lauten, würde man die Chance der aktuellen Debatte über die Frage der Hängung der Bilder auf der Kapellbrücke richtig anpacken und sich grundsätzlich über Sinn und Zweck des Auftrags der Denkmalpflege Gedanken machen. 

Doch stattdessen heisst es: Denkmalpflege vors Volk. Was wäre, wenn dies auch für Kuratoren gälte, wenn die Programmierung des Naturmuseums beispielsweise eines Parlamentsbeschlusses bedürfte? Diese Entwicklung wünscht sich niemand. Sie führt nicht zum Ziel, weil so Entscheide nicht fachlich begründet, sondern politisch motiviert gefällt werden. 

Politisch motiviert ist die erzwungene Auseinandersetzung mit den Kopien, die Jost von Schumacher von zerstörten Bildern anfertigen liess, um sie der Öffentlichkeit zu zeigen. Politisch motiviert ist der Anspruch, diese auf der Kapellbrücke zu zeigen. Es geht dabei darum, den Organen der Denkmalpflege die Zuständigkeit streitig zu machen. Doch das Thema ist zu anspruchvoll, um der Polemik ausgesetzt zu werden. 

Fachleuten stellt sich die wichtige Frage, ob Originale oder Rekonstruktionen die Brücke schmücken sollen, seit dem Brand von 1993. Allen Ansprüchen genügende Antworten wurden offenbar nicht gefunden, weshalb nun die Bevölkerung entscheiden soll. Glaubt man den Initianten, wünscht sich eine Mehrheit der städtischen Bevölkerung die Bilder auf die Brücke zurück. Offensichtlich geht es um den fehlenden Schmuck, zu den Bildinhalten ist, mit Ausnahme der Familienwappen, in der breiten Diskussion wenig zu erfahren. 

Schumachers Kopien zeigen die Bildinhalte deutlicher, als es die vom Alter gezeichneten Originale zu leisten vermögen. Aber: Auch wenn die Bilder besser zu sehen sind, erklären sie sich dennoch nicht von selbst. Für zusätzliche Erläuterungen votierte der Kunsthistoriker Heinz Horat an einer Veranstaltung des Innerschweizer Heimatschutzes, bei der es den «Umgang mit einem Kulturdenkmal in Vergangenheit, Jetzt und Zukunft» ging. 

«Viel wichtiger wäre es, die Fragmente, diese immer noch in grosser Zahl vorhandenen, weltweit einmaligen Kunstwerke so zu vermitteln, dass ein heutiger Mensch, ob von Luzern oder Australien, sie erleben, verstehen und würdigen kann,» so Horat in der aktuellen Ausgabe von KARTON. 

In der von der Architekturgalerie Luzern zusammen mit der Galerie Tuttiart eingerichteten Ausstellung steht bis am 31. Oktober 2014 eine Auswahl an Originalen den von Schumacher bestellten Kopien gegenüber. Dabei wird klar, dass die vermeintlichen Kopien als Interpretationen zu werten sind, die keinen Kunstfälscher befriedigen würden. 

Mag sein, dass das Wissen um den Umgang mit der Luzerner Altstadt, wie ihn der Historiker Valentin Gröbner an Beispielen des 19. Jahrhunderts an der Veranstaltung des Heimatschutzes darstellte, eine etwas gelassenere Sicht auf die Denkmäler erfordert. Mag sein, dass sein Vorschlag der Verdoppelung der Brücke den Konflikt entschärft.  Mag auch sein, dass künftig ein Mix aus alten und neuen Bildern auf der Kapellbrücke präsentiert werden könnte, wie es der Moderator Marco Meier empfahl. Mag sein, dass die Spuren der Verwüstung des Kapellbrückenbrands die Authentizität der Brücke auch in Zukunft bezeugen müssen. 

Die Frage der Hängung ist eine Frage der Vermittlung. Bisher fehlt ein tragfähiges Konzept, das den vielfältigen Ansprüchen gerecht werden kann. Ich bin überzeugt, würde dies bestehen, wäre auch die Zustimmung der Denkmalpflege zu gewinnen. Mag sein, dass erst die Anfertigung der Kopien durch Schumacher die öffentliche Diskussion in Bewegung brachte. Mag sein, dass damit diese ihren Zweck bereits erfüllt haben.

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