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Kein Modell

Ein privater Kulturclub schenkt der Luzerner Bevölkerung und ihren Gästen ein Stadtrelief aus Bronze und macht dem Stadtpräsidenten eine «riesige Freude». Ist dieser Schuss ins Leere mehr als einen Zeitungsbericht wert?

Ein Kulturclub schenkt der Stadt Luzern ein Relief aus Bronze. Es zeigt die Stadt Luzern, so wie sie heute wahrgenommen wird. Rechts die Altstadt mit Museggmauer, links die Neustadt mit dem Bahnhofareal und in der Mitte die Reuss mit ihren Brücken und dem Wasserturm. Die Anlage ist bekannt und zeigt alle wichtigen Orte. Weder fehlen die Altstadtplätze noch das KKL Luzern. Auch die vertrauten Orte in der Neustadt wie Helvetiaplatz, Vögeligärtli und Pilatusplatz sind im Relief gut zu erkennen. Gegen dieses Relief ist wenig einzuwenden. Es ist sorgfältig gemacht und perfekt produziert. Dennoch sei die Frage erlaubt: Was ist dieses Relief tatsächlich wert? 

Kaum aufgestellt, wird das Relief bereits als Bestandteil des Museum Luzern betrachtet, der Stadt also, die sich und ihr Zentrum beispielhaft vermarktet. In Bronze gegossen lässt vermuten, dass die Mitglieder des Kulturclubs in diesem Perimeter keine Veränderungen mehr erwarten. Nicht zufällig erscheint die einzige offensichtliche Brache am Pilatusplatz noch frei geräumt, als liesse sich hier das Relief gegebenenfalls ergänzen, falls hier gebaut würde. Aktuell ist der Erhalt der ZHB: Auch hier erwarten die Stifter keine neuen Projekte – ein sympathischer Zug. 

Dennoch ist dieses Relief ein Schuss ins Leere. Es zementiert den Blick auf das bereits Bekannte, statt die wirklichen Dimensionen von Luzern zu zeigen. Und es lässt die Betrachter im Glauben, eine Stadt sei als etwas Ewiges, immer Gleiches zu betrachten. Wir allen wissen: Das Gegenteil ist der Fall. Wie in anderen Städten bereits vorhanden und auch für Luzern von Architektenkreisen mehrmals gefordert, braucht es dringend ein Stadtmodell. Dieses Stadtmodell hat den Zweck, die Stadt als Ganzes darzustellen und sich nicht auf Fragmente zu beschränken. Und ein Stadtmodell muss bearbeitbar sein, damit es als Arbeitsinstrument seine Funktion erfüllen kann. Ansprüche, die das Relief nicht erfüllen kann. 

Das Relief ist eben kein Stadtmodell, würden die Stifter vielleicht dagegen einwenden. Sie deklarieren es schliesslich als Objekt, das Freude bereiten soll. Doch darin liegt gerade das Problem, indem Fragen der Stadtentwicklung auf den Aspekt der Freude reduziert werden. Die Stifter nehmen die Sicht der Investoren ein, die ihre Projekte gerne als Aufwertung deklarieren. Der Umgang mit der Stadt ist aber ein streitbarer Gegenstand, der immer wieder neu verhandelt werden muss. Dazu trägt ein Stadtmodell, das seinen Namen verdient, wesentlich mehr bei als ein Relief einer verewigten Stadt.

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Von Architektur und Städtebau sind wir alle betroffen. Im Architektur-Blog werden aktuelle Projekte aus Luzern und Zug verhandelt. Er dient Laien und Fachleuten als Diskussionsplattform und macht das regionale Bewusstsein für Baukultur öffentlich.
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3 Kommentare
  • Profilfoto von Norbert_Truffer
    Norbert_Truffer, 03.05.2013, 11:38 Uhr

    Der Bund Schweizer Architekten, BSA Zentralschweiz verlagt immer wieder, dass die Stadt in 3D wahrgenommen und diskutiert werden kann. Für eine vernetzte Stadt ist es zwingend notwendig, dass man über ein Stadtmodell im Massstab 1:500 verfügt. Es kann mit einem Grundmodell beginnen, das laufend ergänzt wird. Das Modell ist für die dreidimensionale Wahrnehmung ein wirklich wichtiges Instrumentarium für Architekten und Planer und nicht bloss eine Spielerei. Wir würden alles unternehmen, um diese Finanzen zu organisieren und das Modell auf irgendeine Art und Weise zu generieren. Vielleicht geht das auch über Sponsoring. Ein Stadtmodell ist ein wichtiges Anliegen – ein Architekturbüro, das nie ein Modell baut, verdient den Namen nicht.

    Norbert Truffer
    Obmann BSA Zentralschweiz

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  • Profilfoto von Peter Omachen
    Peter Omachen, 22.04.2013, 20:51 Uhr

    Wer sich beruflich mit Archivierungsfragen beschäftigt, kommt in schlaflosen Nächten nicht über die bange Frage hinweg, was von unserer Zivilisation in 2000 Jahren noch übrig sein wird. Marode Betonfundamente, radioaktive Endlager, Kunststoff-Abfälle? Etwas Wehmut ist schon dabei, wenn man sich vorstellt, wie in der Renaissance in Rom antike Marmor- und Bronzestatuen aus den verschütteten und überwucherten Ruinen der ehemaligen Paläste geborgen wurden. Mit dem neuen Luzerner Stadtmodell sind wir nun guter Hoffnung, dass die Schönheit unserer Leuchtenstadt die kommenden Jahrtausende unbeschadet überdauern wird – im Gegensatz zu den digitalen Daten, auf deren Grundlage das Modell entstanden ist…

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  • Profilfoto von Toni Haefliger
    Toni Haefliger, 21.04.2013, 15:20 Uhr

    Die Architekturgalerie Luzern wird dieses Jahr 30 Jahre alt.

    Im Sinne einer»Jubiläumsaktion» hat die Architekturgalerie Luzern die Idee eines Stadtmodells seit längerer Zeit aufgenommen und ist bereit, die Federführung für die Realisierung eines flächendeckenden Modells zu übernehmen. Damit soll eine Grundlage für die Stadtplanung sowie Planer und Architekten geschaffen werden. Der Architekturgalerie ist bekannt, dass die Idee schon länger besteht und im Grunde viele Väter hat. Sie ist bereit, für die Umsetzung mit den Fachverbänden und weiteren Interessierten zusammenzuarbeiten.

    Die Galerie hat mit dem Stadtarchitekten Kontakt aufgenommen und Abklärungen für eine mögliche konkrete Realisierung getroffen. Für die Umsetzung zeigen sich verschiedene praktische Fragen, die lösbar erscheinen, wenn auch nicht sofort. Sobald die Unterlagen und ein Vorgehen klarer ausgearbeitet sind, wird sich die Architekturgalerie Luzern mit einem konkreten Vorschlag äussern.

    Für das Galerieprojekt zuständig ist Martin Schuler, als Geschäftsführer der Architekturgalerie Luzern (c/o Deon Architekten Luzern). Er hat auch die Idee konkret aufgenommen und verfolgt.

    Toni Häfliger
    Präsident Stiftung Architekturgalerie Luzern

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