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Vergissmeinnicht

Ihren Beitrag zum Studienauftrag für eine neue Totenkapelle in Ennetbürgen hatten die Luzerner TGS Architekten mit dem Kennwort «Vergissmeinnicht» versehen. Bei der Einsegnung bot diese Namensgebung Anlass, über das Gebäude und seine Funktion offen zu reden.

Der Prozess für den Bau einer neuen Totenkapelle in Ennetbürgen hatte bereits 2009 begonnen. Am 25. Mai 2014 wurde sie nun feierlich eingesegnet und der Bevölkerung übergeben. Das aus einem zweistufigen Studienauftrag hervorgegangene Projekt «Vergissmeinnicht» hatte mehrere Hürden zu überwinden. Im Rückblick hat sich das Bauwerk von Beginn an dennoch gradlinig entwickelt.

Die bestehende, vor mehr als 100 Jahren erstellte Totenkapelle erfüllte ihre Zwecke nicht mehr. Mit dem Neubau haben die Ennetbürger nun zwei Abdankungsräume erhalten. Zusammen mit dem gedeckten Vorraum erscheint die Anlage wegen den runden Raumformen zu einem Dreipass zusammengefasst, einem Motiv, das die Architekten der neugotischen Kirche entlehnt haben.

Mit der Platzierung am Übergang vom Kirchenbezirk zum Friedhof nimmt das Gebäude eine Scharnierfunktion ein. Wie die bisherige Totenkapelle wendet auch die neue ihren Rücken der Aussenwelt zu. Die Öffnung des Gebäudes zur Kirche bietet Schutz vor Einblicken. Im Halbdunkel finden die Angehörigen der Toten etwas von jenem Halt zurück, den sie für den Schritt in die Realität des Alltags benötigen.

Der eingeschossige Zweckbau verzichtet auf dekoratives Schmuckwerk. Einzig ein hölziges Stabwerk umhüllt den Gebäudekörper und gibt ihm eine abstrakte Note. Hier hätten die Stäbe etwas enger aufgereiht werden können, um den Blick auf die dahinterliegende Betonwand besser zu kaschieren. Doch die Holzstäbe werden schon bald vergrauen und mit dem Beton eine Einheit bilden. Dann wird das Licht-/Schattenspiel dem Gebäude zu seiner endgültigen Erscheinung verhelfen.

Die Bevölkerung hat den Neubau gut aufgenommen. Formen und Materialien wurden so gewählt, dass sie allen den Zugang zum Gebäude erleichtern. Die neue Totenkapelle in Ennetbürgen zeigt, wie mit zeitgenössischer Architektur auf traditionelle Bedürfnisse reagiert werden kann.

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