Der Flaneur
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Unterwegs in Luzerner Bars und Gaststätten

Der Tag der knusprigen Ente: Ein Niedergang in drei Akten

Plastikenten sorgen für Abwechslung im Alltag.

 

(Bild: Pixabay)

Die Luzerner Bars haben so einiges zu bieten. Zu den passenden Getränken, die man geniessen kann, erfährt man in den Beizen auch die neusten Gerüchte. Dass solche Touren anstrengend sein können, erfährt unser Flaneur Claudio Fenner bei seiner Kneipentour.

Heute – beim Verfassen dieser Zeilen – ist Sonntag. Und das ist gut so. Ich muss entspannen. Ja, ich muss! Denn die Woche war hart. So hart, dass ich selbst jetzt nach gefühlten 12 Stunden Schlaf noch wie ein lauwarmer Schluck Tee im Bett liege und mir mal wieder die ewige Frage stelle: Ist der Hörnli-Salat ein Salat?

Aber der Reihe nach. Gestern am Morgen fühlte ich mich ziemlich genau so wie heute. Vielleicht noch grauslicher. Man stelle sich ein ausgetrocknetes, halbverdautes Chili con Carne vor und ist damit nicht mal ansatzweise bei der entsetzlichen Wahrheit.

In solchen Fällen hilft eigentlich nur noch eine eisgekühlte Dose Coca-Cola: Zucker, Wasser und Kohlensäure für ein letztes bisschen Menschenwürde! Und siehe da, plötzlich bahnte sich die Zuversicht ihren Weg zurück in mein scheinbar armseliges Dasein. Eine Zuversicht, diesem Tag trotzdem was Schönes abzugewinnen und ihn vielleicht zum besten meines Lebens zu machen. Womöglich war das etwas gar ambitioniert …

Der Kater muss weg

Halbwegs hergerichtet, dezent parfümiert und mit sommerlichem Hemd verlasse ich also rehydriert, aber noch immer leicht torkelnd das Haus und flaniere in gewohnter Manier über die Spreuerbrücke im Asiatenslalom – für fotoknipsende Touristen wird schon lange nicht mehr gebremst. Das Wetter ist herrlich und das Volk scheint guter Dinge zu sein.

Bevor ich mich jedoch von dieser überschäumenden, primitiven Pöbelfreude anstecken lasse, mache ich Halt an der Bar der Brasserie Bodu und hoffe auf den einen oder anderen trinkfesten Stammgast, der mir das Neuste aus der Gerüchteküche serviert.

Da jedoch mal wieder ein verfluchter sonniger Samstag ist, hat einfach nichts seine Ordnung und so trinke ich einsam meinen Hugo im schummrigen Licht dieses wunderschönen Lokals und suhle mich in vergnüglicher Melancholie.

Hugo macht indes einen grossartigen Job; das muss man ihm einfach lassen. Auch beim grössten Kater ist bereits der erste Schluck wie ein himmlischer Segen, der einen im Glauben bekräftigt, dass dies nicht der letzte Morgen gewesen sein möge.

Die Stunden vergehen – mittlerweile sind einige bekannte Gesichter aufgetaucht – und ich habe zum Rosé übergesetzt, welcher seine Wirkung nicht verfehlt. Noch immer trinke ich ungewollt auf leeren Magen und hab so gegen 15 Uhr schon ordentlich einen sitzen, was eigentlich nur Anfängern passiert, mir aber grad wunderbar furzegal ist. So hat sich zwar am Laufe der Weltengeschicke nichts verändert, doch ist auch nichts mehr von Bedeutung.

Souverän in den Nachmittag

Die Siestapläne habe ich längst begraben und während sich die doch eher ältere Klientel draussen ihrer beigen Rentnerkleidung entledigt, um langsam den Hautkrebs zu füttern, entscheide ich mich, die Abwesenheit von Tageslicht und das stilvolle Besäufnis in einem anderen Lokal weiter zu zelebrieren.

Also auf ins Magdi zu meinem Barkeeper des Vertrauens! Der Fussmarsch vom Kornmarkt hin zur Eisengasse ist überschaubar, jedoch an solch dichtbevölkerten Tagen in meinem Fall – man kennt sich halt in der Altstadt – ein grüsstechnischer Spiessrutenlauf, der mich wie ein salutierender Pinguin mit schwerem Landgang aussehen lässt.

«Als Seitenwagen muss ein kleiner Brandy genügen.»

Im Magdi trinke ich ein Herrgöttli für das gute Gewissen und den Säurehaushalt meines Magens. Als Seitenwagen muss ein kleiner Brandy genügen, den ich zusammen mit dem mittelalterlichen Barmann geniesse; mehrfach. Dieser Barmann arbeitet auch bei einem Metzger und so ist es nicht verwunderlich, dass die Fleischeslust – der Barmann versteht wirklich was davon – fast immer das zentrale Thema unserer Gespräche darstellt.

Mittlerweile bin ich voll wie der Mond und lechze nach Nahrung wie ein ausgezehrter Häftling im Hungerstreik.

Abendessen beim Chinesen als Ergänzung zum Alkohol

Ich tätige zwei Anrufe und bin dann für den Abend mit Freunden beim sehr guten Chinesen gleich um die Ecke verabredet. Die zwei Stunden, die noch bleiben, überbrücke ich Trottel mit Bier und einem Fernet Branca, der mir gehörig auf allen Frequenzbändern knallt. Endlich am Tisch sitzend wird reingeschaufelt, was die Stäbchen hergeben.

Die knusprige Ente ist so verdammt lecker, dass wir alle weit über die Sättigungsgrenze hinaus – man muss es wirklich so schreiben – fressen. Dazu passend saufen wir wieder viel zu viel Rosé.

Im Anschluss an das Gelage sind wir dermassen gemästet, dass ich nach einem kurzen Wodka-Umweg zum bedingungslosen Rückzug blase. Und schon auf dem Heimweg wird mir aufgrund der Magenakustik klar, dass da verdauungstechnisches Ungemach droht.

Ich behalte recht und die Nacht wird zu einem einzigen Alptraum, wobei sich meine Kloschüssel gefühlt haben muss wie Pompej, als der Vesuv ausbrach. «Ente gut, alles gut» – so ein Blödsinn.

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Claudio Fenner ist ein passionierter Stadtmensch mit Hang zu hedonistischer Landstreicherei, Glücksspiel und Schrebergärten. Als Traumtänzer und Schlafwandler zieht er in Luzern seine Runden, beobachtet und taucht auch mal in einer Bar auf. Dabei passieren dem Flaneur oft seltsame und skurrile Dinge, die es verdienen, aufgeschrieben zu werden.
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