Kontroverse um Billettsteuer in Luzern

«Dass die Kultur unter Umständen neue Kanaldeckel bezahlt, ist grotesk»

Veranstalter wie das Le Théâtre in Emmen müssen einen Teil der Ticketeinnahmen abgeben.

Die SP kämpft in Emmen, Kriens und Luzern für den Erhalt der Billettsteuer. Es handelt sich ihrer Meinung nach um einen zentralen Bestandteil der Sport- und Kulturförderung. Doch stimmt das wirklich?

Soll der Kanton Luzern die Billettsteuer kippen? Ja, findet die FDP und verlangt die Abschaffung. Der Regierungsrat will dies prüfen. Ob das Anliegen im Kantonsrat eine Mehrheit findet, dürfte sich Ende Oktober entscheiden.

Mit der Ticketsteuer können Gemeinden Veranstalter verpflichten, einen Teil ihrer Einnahmen – in der Regel sind es zehn Prozent – dem Staat abzuliefern. Aktuell machen das Luzern, Kriens, Emmen, Ebikon und Willisau. Und sie wollen auch in Zukunft daran festhalten (zentralplus berichtete).

SP lanciert Offensive – gleich in drei Gemeinden

Die Gemeinden erhalten nun Support von der SP. Die Partei hat in der Stadt Luzern, in der Stadt Kriens und in der Gemeinde Emmen dringliche Interpellationen zum Thema eingereicht. Für die SP ist die Billettsteuer ein «zentraler Bestandteil in der Sport- und Kulturförderung», wie sie in einer Mitteilung schreibt. Fiele sie weg, würde das erstens «viele ehrenamtliche Sportvereine in finanzielle Bedrängnis bringen und zweitens den Kulturplatz in Luzern und in der Region nachhaltig schädigen».

Für die Stadt Luzern trifft das zweifellos zu. Denn die jährlich rund 5,6 Millionen Franken fliessen vollumfänglich den Sportvereinen, Kulturprojekten und Veranstaltern zu.

«Für uns privatwirtschaftlich arbeitenden Kulturproduzenten ist die Billettsteuer ein handfester Standortnachteil.»

Andréas Härry, Le Théâtre

Anders ist die Situation in den Agglomerationsgemeinden. Dort schreibt das entsprechende Reglement nicht fest, was mit dem Geld passiert. Die Einnahmen fliessen in die allgemeine Kasse und müssen nicht zweckgebunden verwendet werden. Anders gesagt: Ob die Gemeinden damit ein Tanzprojekt und den Handballclub unterstützen oder Strassen bauen und neue Bürostühle kaufen, bleibt ihnen überlassen.

Malters erhebt keine Billettsteuer

Nebst Luzern, Kriens, Emmen, Ebikon und Willisau wird auch Malters immer wieder als Gemeinde mit Billettsteuern genannt. «Die Gemeinde Malters erhebt keine eigentliche Billettsteuer mehr», stellt Gemeindepräsidentin Sibylle Boos-Braun klar, «daher wären wir von einer Streichung nicht betroffen.» Malters erhebe lediglich eine Benutzungsgebühr für Anlässe im Gemeindesaal, die auf den verkauften Eintritten basiere.

Es ist insofern eine willkommene, zusätzliche Einnahmequelle für die Gemeinden. Das illustrieren zwei Anekdoten: In Kriens beabsichtigt der Stadtrat im Zuge der finanziellen Sanierung, durch eine Neukonzeption der Billettsteuer zusätzliche 150'000 Franken einzunehmen. In Ebikon ist sie derweil erst im Zuge der Eröffnung der Mall of Switzerland eingeführt worden – von einer «Lex Mall» war die Rede –, da die Kinos, auch in Emmen übrigens, zu den grössten Zahlern gehören.

Da Emmen, Ebikon und Kriens alle arg mit ihren Finanzen kämpfen, überrascht es kaum, dass sie nicht darauf verzichten wollen.

Veranstalter kritisieren Doppelbesteuerung

Dass das Geld gar nicht zwingend zurück in Kultur und Sport fliesst, stösst manche Zahler vor den Kopf. «Für uns privatwirtschaftlich arbeitenden Kulturproduzenten ist die Billettsteuer ein handfester Standortnachteil», sagt Andréas Härry vom Le Théâtre in Emmen. Er spricht sich nicht grundsätzlich gegen die Zahlungen aus – solange klar ist, was mit diesem Geld passiert. Das sei aber gerade in der Agglomeration nicht der Fall.

«Dass ausgerechnet die margenschwache und risikobehaftete Welt der Kultur in Emmen und Kriens mit dieser klassischen Doppelbesteuerung unter Umständen neue Kanaldeckel bezahlt, ist schon fast grotesk.» Seiner Ansicht nach braucht es eine grundsätzliche Debatte zur Ausgestaltung des Instruments. «Wenn schon eine Billettsteuer, dann müsste sie – analog dem Modell in der Stadt Luzern – zweckgebunden für Kultur, Vereine und Sport eingesetzt werden.»

Emmen scheiterte mit dem Antrag

Die SP Emmen würde eine solche Regelung begrüssen. Die Partei stellte bereits vor einigen Jahren einen entsprechenden Antrag, scheiterte damit aber im Einwohnerrat. «Wir werden das erneut ins Parlament bringen», sagt SP-Fraktionschefin Barbara Fas. «Für die Legitimation der Billettsteuer wäre es umso wichtiger, dass die Mittel zweckgebunden wären.» 

Barbara Fas betont aber, dass eine Abschaffung unabhängig davon den Sport- und Kulturbereich hart treffen würde. «Denn dort wird immer zuerst gespart. Und das wäre auch zu befürchten, wenn die Einnahmen der Billettsteuern wegfielen – insbesondere in einer Gemeinde wie Emmen, die finanziell nicht auf Rosen gebettet ist.» 

«Wenn es sich nur um ein finanzpolitisches Vehikel handelt, um die Gemeindekasse aufzubessern, ist die Billettsteuer tatsächlich fragwürdig.»

Gianluca Pardini, Luzerner SP-Grossstadtrat

In Kriens stehen ähnliche Befürchtungen im Raum. «Ein Wegfall wäre verheerend und würde so oder so, gerade bei unserer finanziellen Lage, auch den Sport- und Kulturbereich treffen», sagt SP-Einwohnerrat Raphael Spörri. 

«Wenn es sich nur um ein finanzpolitisches Vehikel handelt, um die Gemeindekasse aufzubessern, ist die Billettsteuer tatsächlich fragwürdig», sagt Gianluca Pardini, Luzerner SP-Grossstadtrat und Geschäftsleiter der IG Kultur. Er betont aber, dass auch in Emmen und Kriens ein gewisser Teil der Einnahmen zurück in die Kultur und den Sport fliesse. Auch wenn diese nicht zweckgebunden sind. Solange keine durchdachte und «krisenresistente» Alternative zur Finanzierung dieser Bereiche vorliege, müsse die Billettsteuer darum weiter existieren.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Martin Schleiss
    Martin Schleiss, 14.10.2020, 11:59 Uhr

    Sie gehört definitiv abgeschafft. Das Lucerne Festival beispielsweise erhält von Luzern genau denselben Betrag als Subvention, wie über die Billetsteuer von den Zuschauern bezahlt wird. Das ist einerseits eine sinnlose, ressourcenkostende Umlagerung, die Personal kostet. Da aber nicht alle Kulturschaffenden etwas erhalten und irgendein Staatsangestellter die Subventionsempfänger auswählt, finanziere ich mit meinem Eintrittsgeld die individuellen Vorlieben eines Staatsbediensteten, der sich als grosser Geldverteiler aufspielen darf. Oder warum sollen FCL-Fans mit ihrem Eintritt klassische Musik mitfinanzieren?

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