Überraschende Flaute beim Millionäre-Anlocken

Das zahlen reiche Ausländer für eine Aufenthaltsbewilligung in Zug

Gelobtes Land im Gegenlicht: Stadt Zug.

(Bild: flickr/Patrick Nouhailler)

Ab einem gewissen Betrag gibt’s im Kanton Zug Aufenthaltsbewilligungen für Superreiche. Allerdings: Der Kanton Zug ist beim internationalen Geschacher um Millionarios ein eher teures Pflaster. Dennoch floriert das Geschäft – zumindest bis letztes Jahr.

Der Handel mit den Sonderbewilligungen läuft gut für den Kanton Zug. Sogar das Schweizer Fernsehen fragte im August bei Landammann und Finanzdirektor Heinz Tännler nach. Denn: In fast keinem andern Kanton hatte man 2015 so viele Extrabewilligungen erteilt wie hier – nur im internationalen Genf waren es mehr.

Doch wovon ist überhaupt die Rede? Wer nicht aus dem EU/Efta-Raum kommt, braucht eine Arbeitsbewilligung, um sich dauerhaft in der Schweiz aufzuhalten. Es geht aber auch ohne – einfach mit genügend Geld. Das Ausländergesetz sieht vor, dass Kantone im öffentlichen Interesse Sonderbewilligungen erteilen können und sich so einfach verdiente Steuereinnahmen sichern.

 

Wie eine mehrjährige Zusammenstellung des Staatsekretariats für Migration (SEM) zeigt, sind das Tessin und Genf bei der Jagd auf Millionarios am eifrigsten. Danach kommt Zug.

Russen mögen Zug

Oder besser: kam. Denn im laufenden Jahr konnte der Kanton noch keinen einzigen ausländischen Millionär anlocken. Vielleicht, weil reiche Russen, die bisher immer die grösste Gruppe der migrationswilligen Krösusse stellten, nicht mehr so zahlreich in die Schweiz übersiedeln. Waren es vergangenes Jahr landesweit noch 24 mit Sonderbewilligung, gab es im laufenden Jahr erst 14.

 

 

Besonders gern kamen vermögende Russen in den letzten Jahren auch nach Zug. Hier gibt es eine wachsende Community: «Im Kanton Zug sind seit Jahren verschiedene erfolgreiche Unternehmen mit russischem Hintergrund angesiedelt», erklärt Heinz Tännler. «Dies, sowie die Tatsache, dass bereits verschiedene russische Staatsangehörige im Kanton Zug wohnen und sich hier wohlfühlen, führt offensichtlich zu dieser Entwicklung.»

195’000 Franken für Kanton und Gemeinden

Interessant ist, dass Leute mit einer Sonderbewilligung, da in der Schweiz nicht erwerbstätig, pauschal besteuert werden. So lässt sich genau beziffern, wie hoch der Preis zum Eintritt ins Zuger Paradies ist. Gemäss Philipp Moos, der bei der Kantonalen Steuerverwaltung die Abteilung Natürliche Personen leitet, entspricht die Bemessungsgrundlage, ab der eine Ausnahmebewilligung erteilt wird, einem steuerbaren Einkommen von einer Million Franken und 20 Millionen Franken steuerbarem Vermögen.

So werden für diese nach Aufwand besteuerten Personen jedes Jahr insgesamt 295’000 Franken Steuern fällig. Das Geld fliesst ungefähr zu je einem Drittel an die Gemeinde, den Kanton und den Bund. Das bedeutet: Kantons- und Gemeindesteuern für 195’000 Franken.

Inbegriffen in den Sonderbewilligungen ist das Recht auf Immobilienerwerb. Was erklärt, warum es in privilegierter Stadtzuger Hanglage die eine oder andere Wohnung gibt, in der selten bis nie Licht brennt.

Käufliche EU-Pässe

Nun mag Zug anziehend wirken auf reiche Steuerzahler. Es gibt aber viele Wettbewerber, die derselben Klientel noch günstigere Bedingungen anbieten. Man kennt Aufenthaltsbewilligungen nach einem Immobilienkauf im Baltikum und auf der iberischen Halbinsel. Ungarn verscherbelt gemäss «Tages-Anzeiger» den Daueraufenthalt für Finanztransaktionen, die 60’000 Franken kosten.

Und es geht noch toller: Einige Länder verkaufen quasi EU-Pässe, namentlich Bulgarien, Malta, Österreich oder Zypern. In Malta kostet der Spass laut «NZZ am Sonntag» eine Gebühr von 800’000 Franken, in Österreich hilft eine Zuwendung an staatliche Einrichtungen im Umfang von mindestens 2,5 Millionen Franken.

Wie Reiche jedes Jahr Steuern sparen können

Für den Kanton Zug hat das noch eine andere Konsequenz: Mit einem EU-Pass können sich diese reichen Ausländer nämlich auch als EU-Personen in der Schweiz ansiedeln und pauschalbesteuern lassen – was erheblich billiger sein kann. Heinz Tännler schränkt ein: Die Höhe der Besteuerung nach dem Aufwand sei nicht alleine von der Staatsangehörigkeit abhängig. «Aufgrund der gesetzlichen Grundlagen wird bei Aufwandbesteuerten die Steuerlast anhand von verschiedenen Parametern bestimmt», sagt er. «Die Staatsangehörigkeit spielt dabei eine tendenziell untergeordnete Rolle, weil wegen der erwähnten Parameter die Steuerlast meistens über den Minima liegen.»

«Bei Aufwandbesteuerten liegt die Steuerlast meistens über den Minima.»

Heinz Tännler, Finanzdirektor und Zuger Landammann

Um eine nach Aufwand besteuerte Person zu werden – was für Leute aus dem EU/Efta-Raum jederzeit möglich ist –, braucht es  nur halb so viel Geld wie für eine Sonderbewilligung. Hier wird als Bemessungsgrundlage die Entsprechung eines  Mindesteinkommens von 500’000 Franken und eines Mindestvermögens von 10 Millionen Franken verlangt. Das heisst, dass man mindestens 141’000 Franken Steuern bezahlen muss, um als Ausländer pauschal besteuert zu werden. Die Limite wurde übrigens in diesem Jahr erhöht.

Billigkonkurrenz aus der Südschweiz

Auch hier gibt es Konkurrenz, die billiger offeriert. Der «Blick» zitierte kürzlich einen Walliser Treuhänder, wonach im Kanton Wallis Pauschalbesteuerungen schon ab einem Einkommen von 250’000 Franken und einem Vermögen von einer Millonen veranlagt werden. Dies entspräche für ein Ehepaar einer Gesamtsteuerbelastung von jährlich 102’000 Franken.

 

Immer mehr Personen pauschal besteuert

Die Pauschalbesteuerung oder Besteuerung nach Aufwand wurde ursprünglich für reiche Ausländer geschaffen, die ihren Lebensabend in der Schweiz verbringen wollten. Ihre Zahl war überschaubar. Da sie nicht mehr arbeiteten und ein allfälliger Verdienst im Ausland schwer nachzuprüfen war, kam man auf die Idee, die Lebenskosten als Bemessungsgrundlage zu nehmen. Dazu rechnete man einfach die Wohnkosten hoch.

Für ausländische Superreiche war dies ein äusserst profitables Geschäft, bei dem sie viele Steuern vermeiden konnten. So verwundert es nicht, dass nach Einführung der Personenfreizügigkeit mit der EU die Zahl der Pauschalbesteuerten rasch nach oben schnellte. Und damit auch die finanzielle Abhängigkeit von ihnen: 2002 trugen Pauschalbesteuerte im Kanton Zug erst 3,7 Prozent des gesamten Steueraufkommens bei, 2008 überschritt man die 10-Prozent Schwelle.

Nachdem die Pauschalbesteuerung in verschiedenen Kantonen als ungerecht abgeschafft wurde und der politische Druck stieg, schuf man weitere Parameter zur Ermittlung einer wahrhaftigeren Bemessungsgrundlage. Die Schwelle wurde erhöht und die Regeln verschärft. Seit 1. Januar 2016 wird im Kanton Zug die Pauschalbesteuerung erst ab einem Einkommen von einer halben Million und einem Vermögen von 10 Millionen Franken gewährt. Voraussetzung bleibt, dass man Ausländer ist und nicht in der Schweiz erwerbstätig.

 

 

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