Luzerner CVP redet Wahlniederlage schön

«Das Wahlresultat als Ganzes ist ein Desaster»

Eine «Jetzt erst recht»-Stimmung erwartet JCVP-Nationalratskandidat Jean-Pascal Ammann von der ganzen Luzerner CVP. (Bild: facebook/cvpluzern)

Klarer Spitzenplatz von Ständeratskandidat Konrad Graber, drei Nationalratssitze verteidigt. «Erfreut» zeigte sich die CVP Luzern über den Wahlausgang. Doch ist das Abschneiden wirklich ein Erfolg? Ein Politologe hat Erstaunliches herausgefunden, und auch intern scheiden sich die Geister an dieser Frage.

Strahlende Gesichter am Wahlsonntag bei der CVP Luzern. Inbesondere die neugewählte Nationalrätin Andrea Gmür freute sich riesig (zentral+ berichtete). Auch die CVP Luzern kommunizierte, dass sie sich über das Resultat freue und ihre Ziele bestätigt wurden. «Dass der dritte Sitz nun im Trockenen ist, überrascht nicht, zumal dieser im Vorfeld bereits als sicher gewertet wurde», schrieb sie in einer Mitteilung. Wie sich nun herausstellt, wurde diese Einschätzung wohl durch eine orange Brille gemacht.

Politologe Oliver Dolder hat für lu-wahlen.ch eine Analyse durchgeführt. «Schaut man das Resultat vom Sonntag genau an, so stellt man fest, dass die CVP ihren dritten Sitz ohne Listenverbindung mit der FDP an die SP hätte abgeben müssen.» Der Wähleranteil der CVP beträgt noch 23,9 Prozent, was einem Verlust von 3,2 Prozent entspricht. Nimmt man das Resultat der Kantonsratswahlen vom vergangenen Frühling als Referenz, so beträgt der Verlust beinahe 7 Prozent. Damit ist die CVP neu nicht mehr stärkste Kraft, sondern wurde von der SVP deutlich übertrumpft (28,2 Prozent Wähleranteil).

JCVP-Kandidat spricht Klartext

Dass sich die CVP trotzdem über das Abschneiden freut, bringt nun Jean-Pascal Ammann, Präsident der JCVP Schweiz und nicht gewählter Nationalratskandidat der JCVP aus Emmenbrücke auf die Palme. Auf Facebook äussert er sich. «Das Wahlresultat als Ganzes ist ein Desaster», schreibt er. Und fragt rhetorisch: «Ist es tätsächlich unser Anspruch, nur die zweitstärkste Kraft in diesem Kanton zu sein?»

«Wir müssen der SVP Paroli bieten.»

Jean-Pascal Ammann

Jean-Pascal Ammann

Gegenüber zentral+ wird Ammann nochmals deutlich: «Das Resultat bietet überhaupt keinen Anlass zur Freude.» Ammann erwartet, dass Klartext gesprochen wird. «Das ist eine Niederlage historischen Ausmasses und es braucht nun kämpferische Töne, damit so etwas nie mehr passiert.» Ihm fehlt die Mentalität in der CVP und die Kampfeslust, um der SVP Paroli zu bieten. «Es harzt – uns fehlt der Elan», meint er und weiter, «ich will mich in einer dynamischen Partei wiederfinden, die den Glauben an die eigene Stärke hat.»

In Zukunft brauche es wieder klarere Positionen in der CVP. «Wir sind eine eindeutig bürgerliche Partei und müssen dazu stehen.» Und die CVP müsse mehr Präsenz und Engagement zeigen. «Schauen sie auf die SVP, die jede Gemeinde besucht hat und sich volksnah zeigte», so Ammann. Wie es gehen könne, präsentiert Ammann gleich selbst. «Die Junge CVP hat mit viel Herz mehr als 10’000 Parteistimmen gesammelt und damit über doppelt so viele als etwa die Junge SVP.» Nur am Programm könne es also nicht liegen.

Nationale Wahlen sind anders

Pirmin Jung, Präsident der CVP Luzern, verteidigt die Kommunikation vom Sonntag. «Wir hatten drei Ziele: stärkste Partei bleiben, drei Sitze im Nationalrat behalten und die Wiederwahl von Ständerat Konrad Graber schaffen oder ihn zumindest in eine gute Ausgangslage für den zweiten Wahlgang bringen.» Zwei von drei Punkten habe die CVP erreicht, so Jung. «Es ärgert mich natürlich gewaltig, nun nicht mehr die stärkste Kraft des Kantons zu sein.» Wobei, im Kantonsrat sei die CVP die Nummer 1 und der Nationalratswahlkampf sei halt nationaler geprägt.

«Vorwärts schauen und Optimismus verbreiten, gehört bei Wahlanalysen zum guten Ton.»

Iwan Rickenbacher, Politologe

Dies kommt auch in der Medienmitteilung zum Ausdruck. So schrieb die CVP, «dass der Einsatz für Mittelstand und Familien nur zum Teil honoriert wurde.» Pirmin Jung ergänzt: «Man darf die horrenden finanziellen Mittel der anderen Parteien im Wahlkampf nicht ausser Acht lassen.» Die CVP hätte hier viel kleinere Brötchen backen müssen als etwa die SVP. Trotzdem gehe es nun weiter: «Wir sind auch eine Wertepartei und stehen für eine christlich-abendländische Kultur.» Dass nun Wähler zur SVP abgesprungen sind, habe mit den geschürrten Ängsten der Volkspartei zu tun, müsse aber keineswegs von Dauer sein.

«Niedergang kann gestoppt werden.»

CVP-Kenner und Politologe Iwan Rickenbacher sieht dies auch so. «In Luzern ist das passiert, was in den umliegenden Kantonen schon viel früher startete.» Die Leute, die in traditionellen Werten denken und sich von der Globalisierung und der Zuwanderung bedroht fühlen würden, hätten SVP gewählt. «Dass die CVP ihren rechten Flügel nicht mehr erreicht, sieht man in mehreren Stammlanden, etwa auch im Wallis.»

Rickenbacher ist überzeugt, dass die CVP dies realisiert hat. «Vorwärts schauen und Optimismus verbreiten, gehört bei Wahlanalysen zum guten Ton.» Intern werde es bestimmt eine Analyse geben, und die CVP werde ihre Schlüsse daraus ziehen. «Dass ein langanhaltender Niedergang gestoppt werden könne, hat die FDP bei den diesjährigen Wahlen ja gezeigt», so Rickenbacher. Dazu müsse die CVP ihr Profil schärfen und den Leuten wieder vermehrt Antworten auf ihre Bedürfnisse geben können.

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