Luzerner scheitern mit ambitioniertem Crowdfunding

Das «Tatort»-Magazin strauchelt schon vor der ersten Ausgabe

Sandro Portmann und Carmen Epp mit Redaktionshund Chippy.

(Bild: pze)

Ein Magazin über «wahre Verbrechen» sollte es werden. 200’000 Franken wollte das Magazin «Tatort Schweiz» für den Start sammeln. Damit ist das Journalisten-Duo deutlich gescheitert. Hat man zu hoch gepokert?

Mitten in der Medienkrise ein neues Printmagazin zu lancieren – das ist mutig. Zu mutig? Zwei Journalisten haben es versucht, sind aber mit einem Crowdfunding deutlich gescheitert.

200’000 Franken wollten Sandro Portmann und Carmen Epp sammeln, um Anfang 2019 mit «Tatort Schweiz» zu starten, einem hochwertigen Printmagazin über wahre Verbrechen (zentralplus berichtete). Es hat nicht gereicht, einen Monat nach Start sind nur gerade 28’000 Franken eingegangen.

Sandro Portmann ist hörbar enttäuscht: «Wir haben gewusst, dass es eine grosse Summe ist, aber wir haben trotzdem daran geglaubt.» Der 34-Jährige arbeitet als Redaktionsleiter beim «Anzeiger Michelsamt». Carmen Epp (33) ist Gerichtsreporterin der «Urner Zeitung». Das «Tatort»-Magazin wäre ihr Herzensprojekt gewesen.

Waren 200’000 Franken einfach zu überambitioniert? Oder woran sind die beiden gescheitert? Einerseits seien versprochene Gelder nicht eingegangen, sagt Portmann. Andererseits habe man wohl das Marketing unterschätzt: «Wir arbeiten beide als Journalisten und sind keine Unternehmer», sagt er.

Etwas mehr Vorschusslorbeeren hätten sie sich auch gewünscht:


 

Auch wenn das Ziel zu hoch gesteckt war: Andere Medien-Start-ups haben bewiesen, dass es möglich ist: Die «Republik» hatte 750’000 Franken zum Ziel – und schliesslich 3,4 Millionen eingenommen. Damit könne man «Tatort Schweiz» nicht vergleichen, so Portmann. «Die ‹Republik› hatte deutlich mehr Marketing-Power im Hintergrund.»

Auch das gedruckte «Reportagen», das alle zwei Monate erscheint, hat sich mit einer Auflage von 17’800 Ausgaben im deutschsprachigen Raum etabliert. Zudem wollten Portmann und Epp von einem Hype um Kriminalgeschichten profitieren. Es gibt immer mehr «True Crime»-Podcasts, und auch das neue deutsche Magazin «Crime» ist mit einer Auflage von 80’000 Stück ein Erfolg.

Kritiker der User

Ist der Hype also noch nicht in der Schweiz angekommen? Sandro Portmann glaubt jedenfalls weiterhin an das Produkt: «Viele haben unsere Idee cool gefunden, letztlich waren aber zu wenige bereit, dafür zu bezahlen.» Zudem sind fast 30’000 Franken im Crowdfunding nicht ohne, das Ergebnis sei «eigentlich super», so Portmann. Doch leider bleibt davon nichts, weil das Ziel verfehlt wurde.

Ein Anhaltspunkt für das Scheitern waren Reaktionen auf den obigen Tweet: «Ich bin True-Crime-ermüdet und lese Texte digital, die ‹Sammlerwert›/‹wertiges Produkt›-Claims sprechen mich nicht an, dafür will ich nicht zahlen», so ein User zu den Gründen, wieso er nicht gespendet hat.


 

Ein anderer bemängelte die Reduktion auf Print: «Ich finde einfach, dass man für so ein Projekt wie ‹Tatort Schweiz› auf Multimedia setzen müsste.» Und ein Dritter hat sich an der Höhe der Summe gestört: «Es gibt ja auch noch die ganz normale Finanzierung eines Magazins (Käufer und Inserenten). Starthilfe gerne, aber 200’000 Stutz? Fand ich ein bisschen hochgegriffen.»

15 Franken pro Ausgabe

Die neue Zeitschrift «Tatort Schweiz» hätte sechsmal jährlich erscheinen sollen und hätte auf rund 80 Seiten Gerichtsfälle der Schweiz journalistisch aufbereitet. Herzstück des Magazins wären vier grosse Geschichten über wahre Verbrechen pro Ausgabe gewesen. Dafür wollten Sandro Portmann und Carmen Epp die «crème de la crème» der Berichterstatter gewinnen und hatten bereits Zusagen.

15 Franken sollte eine Ausgabe kosten, 5’000 Exemplare müssten sie verkaufen, um die Kosten zu decken. Im Januar oder Februar wären die ersten Exemplare in Druck gegangen – das scheint jetzt unrealistisch.

Ist die vierjährige Arbeit für das Projekt nun also für die Katz? Nein, aufgeben wollen Portmann und Epp noch nicht: «Wir müssen uns aber gut überlegen, wie es weitergeht», sagt Carmen Epp.

Mit den 200’000 Franken wäre das erste Jahr finanziert gewesen, je ein Drittel wäre in Inhalt, Druck und Vertrieb geflossen. Nun müssen die beiden neue Möglichkeiten suchen. Und sich wohl auch personell breiter aufstellen, gerade im Marketing-Bereich. «Wir werden sicher dranbleiben und neue Möglichkeiten prüfen», sagt Portmann.

Eine ist, dass sie die erste Nummer auf eigenes Risiko fertigstellen und drucken – und auf diesem Weg Geldgeber von ihrer Idee überzeugen.

Eine andere Idee wäre, von Print Abschied zu nehmen. «Eine Idee, die man überdenken kann», schrieb denn auch ein User auf Twitter.

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