Luzern: Stadtparlament schreibt Salle Modulable ab

«Das Ross ist tot – es ist Zeit, ein neues zu satteln»

Neustart fürs Luzerner Theater nach dem Aus für die Salle Modulable.

(Bild: zVg)

Aus die Maus. Nach dem Kantonsrat schliesst nun auch das Stadtparlament definitiv die Akte Salle Modulable. Die SVP scheiterte mit einem allerletzten Rettungsversuch. Uneinigkeit herrscht noch betreffend der Anti-Car-auf-dem-Inseli-Initiative der Juso.

Der Schluss dieser Debatte stand schon von Anfang an fest. Am Tod der Salle Modulable, dieses überambitionierten Theaterprojekts auf dem Inseli, konnte auch das Luzerner Stadtparlament diesen Donnerstag nicht mehr rütteln. Es hätte zwar ursprünglich gerne, aber nachdem der Kantonsrat am 12. September Nein gesagt hat zu seinem Anteil am Planungskredit, war nichts mehr zu retten.

«Wir stehen vor einem kulturpolitischen Scherbenhaufen.»

Fabian Reinhard, FDP-Präsident

Deshalb schloss sich das Stadtparlament der Empfehlung der Spezialkommission an und trat erst gar nicht auf den städtischen Bericht ein. Dieser hätte den Baurechtsvertrag sowie den städtischen Anteil am Planungskredit beinhaltet. Somit ist die Akte Salle Modulable also auch in der Stadt definitiv vom Tisch und das Volk wird nicht, wie ursprünglich geplant, am 27. November darüber abstimmen können.

Visualisierung der Salle Modulable auf dem Inseli.

Visualisierung der Salle Modulable auf dem Inseli.

FDP und SVP klammern sich an Strohhalm – vergeblich

Die Trauerstimmung war nicht auf allen Seiten gleich ausgeprägt. Während die Linken nach vorne blicken wollten, machten die Bürgerlichen aus ihrer Enttäuschung keinen Hehl: «Wir stehen vor einem kulturpolitischen Scherbenhaufen», sagte FDP-Präsident Fabian Reinhard, der sich an vorderster Front für das Projekt eingesetzt hat. «Die Mutlosen haben gewonnen.» Auch SVP-Fraktionschef Marcel Lingg sagte, mit dem Nein zum Projekt sei kein einziges Problem gelöst. Deshalb versuchte seine Partei, einen letzten Strohhalm zu ergattern: Die SVP stellte den Antrag, doch auf das Geschäft einzutreten. Die Motivation: Falls Private den Anteil des Kantons übernehmen würden, wolle man die Salle Modulable noch nicht beerdigen.

Die grosse Mehrheit des Stadtparlaments mochte dem Antrag der SVP aber nicht folgen. «Für uns gibt es nur eines: zurück auf Feld 1», sagte Albert Schwarzenbach (CVP). Das Risiko für die Stadt sei bei einem Alleingang ohne den Kanton viel zu gross.

«Den letzten Strohhalm gibt es nicht mehr, das muss man sich eingestehen.»

Albert Schwarzenbach (CVP)

Simon Roth (SP) wies auf den Umstand hin, dass das Beharren auf dem Projekt, ohne den Kanton an Bord zu haben, mit zu vielen Fragezeichen behaftet wäre. Welche Bedingungen würden diese Privaten stellen? Was sagt der Trust dazu? Sein Fazit: «Das wäre wie der Versuch, ein totes Ross mittels Herzmassage wieder zum Leben zu erwecken», sagte er. «Doch das Ross ist tot und darum ist es Zeit, ein Neues zu satteln.» Und auch Albert Schwarzenbach (CVP) bediente sich einer Metapher: «Den letzten Strohhalm gibt es nicht mehr, das muss man sich eingestehen.» Mit grosser Mehrheit folgte das Parlament dem Stadtrat und trat gar nicht erst auf das Geschäft ein.

Inseli-Initiative zur Überarbeitung zurückgewiesen

Am 27. November hätte auch ein zweites Geschäft vors Volk gebracht werden sollen: die Juso-Initiative «Lebendiges Inseli statt Blechlawine». Doch auch dazu wird es nicht kommen. Denn der Stadtrat ist auch hier der Spezialkommission gefolgt. Diese hat empfohlen, die Initiative zur Überarbeitung an den Stadtrat zurückzuweisen. Sie hat zum Ziel, die Carparkplätze auf dem Inseli zu verbannen und die so neu gewonnene Fläche zu begrünen.

So voll kann es bei der Buvette auf dem Inseli an einem Sommerabend sein.

So voll kann es bei der Buvette auf dem Inseli an einem Sommerabend sein.

(Bild: Christine Weber)

Der Stadtrat war ursprünglich dagegen, weil ein Ja zur Initiative die Salle Modulable verhindert hätte. Die Inseli-Initiative wäre «ein Killerpunkt» für die Salle Modulable gewesen, sagte auch Kommissionssprecher Michael Zeier-Rast. Doch dieses Hauptargument ist nun weg. Nach dem Scheitern des multifunktionalen Theaterneubaus hat sich die Ausgangslage komplett verändert.

Dass der Stadtrat deshalb die Initiative nochmals prüft, fand auch die Mehrheit des Parlaments richtig.

GLP fordert Gegenvorschlag zur Juso-Initiative

Für die Grünliberalen war klar, dass eine Alternative für die Car-Parkplätze her muss. Und das könne nicht das Parkhaus Musegg sein: «Eine Eröffnung ist frühestens in zehn Jahren absehbar. So lange wollen wir mit der Aufwertung des Inselis nicht warten», sagte Jules Gut (GLP). Er plädierte zudem für einen Gegenvorschlag zur Juso-Initiative. Denn diese lasse offen, welche Nutzungen auf dem Inseli möglich wären. Ein «sinnvoller und für alle verständlicher Gegenvorschlag» könnte das aufzeigen, so Gut. Von der SP wird das allerdings nicht goutiert, ein Gegenvorschlag sei unnütz, so Yannick Gauch (SP/Juso). Die Initiative biete genügend Spielraum für einen allseits akzeptablen Kompromiss.

«Luzern braucht ein neues Theater. Und das darf auch etwas kosten.»

Korintha Bärtsch, Grüne

Die Zurückweisung entspricht nun auch der Haltung des Stadtrates. Baudirektorin Manuela Jost (GLP) bedauerte zwar namens des Stadtrates, dass «das Ross beerdigt ist und nicht wiederbelebt werden kann». Doch das Ende der Salle Modulable biete Chancen, offene Fragen zum Inseli zu beantworten. Was die Carparkplätze angeht, erarbeitet die Stadt zurzeit ein neues Konzept. Dieses wird gemäss Jost nächsten Frühling dem Stadtparlament vorgelegt. Der Stadtrat wird nun erneut über seine Haltung zur Zukunft des Inselis brüten und die Juso-Initiative später vors Volk bringen. Gut möglich, dass der Stadtrat dann der Initiative zustimmen wird.

Stadtparlament will den Schwung mitnehmen

Die kulturpolitische Debatte, welche die Salle Modulable ausgelöst hatte, und die Annäherung der Kulturinstitutionen wurden im Stadtparlament von allen Seiten gewürdigt. Für die Mehrheit ist klar, dass man diesen Schwung nun mitnehmen muss. So sagte Simon Roth (SP): «Es gibt einen Konsens, dass die aktuelle Theaterinfrastruktur nicht mehr zeitgemäss ist.» Es sei wichtig, dass die Arbeit der vergangenen Monate nicht vergeblich gemacht worden ist. Auch Grüne-Fraktionschefin Korintha Bärtsch will vorwärtsmachen. «Luzern braucht ein neues Theater. Und das darf auch etwas kosten.»

Unbestritten am Ganzen war also: Das Theater erfüllt die Anforderungen nicht mehr. Es kann höchstens noch zehn, zwölf Jahre ohne grössere Investitionen weitergeführt werden. Eine Option für die Zeit danach ist ein Neubau am gleichen Ort, der 45 bis 80 Millionen kosten dürfte.

In diese Richtung zielt auch eine von der Spezialkommission entworfene Motion. Die Motion verlangt, dass an der neuen Theaterinfrastruktur unverzüglich weitergeplant werden soll. Die Überlegungen zu einer neuen Theaterinfrastruktur, die unter dem Titel «Theater Werk Luzern» zwischen Luzerner Theater, der Freien Szene, dem Sinfonieorchester, Lucerne Festival, Südpol und KKL geführt wurden, «sind sinnvoll und müssen weitergeführt werden», so die Motion (hier im Wortlaut).

Überblick in Sachen Salle Modulable verloren? In unserem Dossier finden Sie alle bisherigen Beiträge.

Stefan Roth verabschiedet sich

Das Stadtparlament verabschiedete vor dem Mittag den zurückgetretenen Stadtrat Stefan Roth mit viel Applaus. Ratspräsidentin Katharina Hubacher würdigte die Arbeit von Roth als Stadtrat, Finanzdirektor und Stadtpräsident und überreichte ihm Blumen und einen Büchergutschein. Und natürlich durfte auch Helene Fischer nicht fehlen: In Anspielung auf eine Liedzeile der Schlagersängerin sagte sie, ein «spurenfreies Schneefeld» stehe vor ihm.

Roth selber bedankte sich für die guten Debatten in den letzten Jahren. Und konnte sich zuletzt einen Seitenhieb auf den Nachfolge-Kandidaten Thomas Schärli nicht verkneifen. Der SVP-ler wurde auf der Titelseite der Luzerner Zeitung diesen Donnerstag als Kandidat angekündigt, der die Finanzen in den Griff bekommen wolle. Das sei nicht nötig, so Roth mit einem Schmunzeln, denn er selber habe die Finanzen in einem solch guten Zustand zurückgelassen, dass viele andere Städte neidisch nach Luzern blickten.

 

Stefan Roth bei seiner Abschiedsrede.

Stefan Roth bei seiner Abschiedsrede.

zentralplus hat Mitte September ein 50-Fragen-Interview mit Stefan Roth zu dessen Abschied geführt: «Papi, der Rücktritt war absolut richtig»


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1 Kommentar
  • Profilfoto von BeatStocker
    BeatStocker, 01.10.2016, 14:32 Uhr

    Die selbstgerechte Heuchelei von Fabian Reinhard und Marcel Lingg setzt den adäquaten Schlusspunkt zu dieser Schmierenkomoedie. Von Selbstkritik kein Spuerchen. Der Scherbenhaufen ist von den Buergerlichen selbstverschuldet. FDP und SVP weigern sich zu erklären, warum ihre Wähler partout nicht spenden wollten. Eine extrem lustige Kulturposse von A-Z.

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