Das Schutzkonzept der Schweizer Gastronomie sieht vor, dass alle Gäste ihren Namen und die Telefonnummer angeben, wenn sie sich zu Tisch setzen. Wer hat alles Zugang zu diesen Angaben? Und wie werden sie genutzt? zentralplus hat nachgefragt.
Die Gastro-Branche darf am Montag wieder Gäste empfangen. Allerdings unter strengen Corona-Auflagen. Ursprünglich hiess es: Bedient wird nur, wer Name und die Telefonnummer angibt. Die Idee dahinter ist, dass im Falle einer Infektion alle potenziell angesteckten Menschen ausfindig gemacht werden können.
Nach massiver Kritik ist der Bundesrat von dieser strengen Regelung jedoch abgekommen. Neu ist das Servicepersonal lediglich verpflichtet, die Gäste nach Kontaktangaben zu fragen, wie er am Freitag bekannt gab. Das Restaurant muss die Daten 14 Tage aufbewahren und sie danach vernichten. Der kantonsärztliche Dienst kann die Kontaktdaten einfordern, «wenn er dies für notwendig» erachtet, heisst es im Schutzkonzept.
Ob die Daten je gebraucht werden, ist unklar
Sollte ein Serviceangestellter positiv getestet oder eine Beizerin krank werden, kann der Kanton also mit deren Gästen Kontakt aufnehmen. Ob die Behörden im Zusammenhang mit der Nachverfolgung der Infektionsketten überhaupt je davon Gebrauch machen müssen, ist unklar. «Die Herausgabe wird nur im Einzelfall eingefordert, falls im Rahmen des Contact Tracing erforderlich», sagt Kantonsarzt Roger Harstall.
Es ist also nicht geplant, dass die Gastronomen sämtliche Daten an die Behörden weiterleiten. «Deshalb sind wir nicht für deren Sicherheit zuständig – weil es sich letztlich um eine Datenbearbeitung durch Private handelt», erklärt Matthias Schönbächler, der kantonale Datenschutzbeauftragte
Trotzdem hat der Datenschützer einige Anfragen von Gastronomiebetrieben bekommen, wie sie mit den Daten umgehen sollen. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang das Koppelungsverbot. Dieses besagt, dass die Einwilligung in eine Datenbearbeitung nicht an eine Gegenleistung gekoppelt werden soll.
Die Angabe der Telefonnummer und des Namens in den Beizen ist freiwillig. Deshalb sollte die Erhebung der Kontaktdaten nicht an eine Gegenleistung (etwa ein Gratis-Getränk) gekoppelt werden. Sonst könnte die Freiwilligkeit dadurch angezweifelt werden.
Daten sollten getrennt aufbewahrt werden
Schönbächler spricht zudem den sogenannten Zweckbindungsgrundsatz an. Dieser besagt: Die Daten dürfen nur für diesen einen Zweck aufbewahrt werden. «Es macht Sinn, sie getrennt von anderen Daten aufzubewahren und sie nicht in die bestehenden IT-Systeme einzupflegen», empfiehlt Schönbächler.
Um den Restaurants die Registrierung zu erleichtern, hat beispielsweise die Luzerner Firma Webkinder einen Webdienst programmiert. Er funktioniert folgendermassen: Der Gast scannt beim Betreten des Restaurants oder direkt am Tisch einen QR-Code. Auf seinem Handy öffnet sich daraufhin eine Website, auf der er via Formular den Namen und die Handynummer oder E-Mail-Adresse eingibt. Per SMS oder Mail erhält er daraufhin einen Code, den er dem Servicepersonal bei der Bestellung zeigen kann.
Das digitalisierte System hat zwei Vorteile: Zum einen können die gesammelten Daten im Ernstfall für eine bestimmte Zeitspanne exportiert werden, um diese an den kantonsärztlichen Dienst weiterleiten. Zum anderen werden alle gesammelten Daten des Gastes nach 15 Tagen vollständig und automatisiert gelöscht.
Sicherer Umgang mit Daten wird nicht kontrolliert
Im Sicherheitskonzept für das Gastgewerbe steht, dass kantonale Behörden «strenge Kontrollen» durchführen. Gilt das auch für den Datenschutz? In Luzern ist dafür die Kantonale Industrie- und Gewerbeaufsicht (Kiga) zuständig, die von der Gastgewerbe- und Gewerbepolizei sowie der Lebensmittelkontrolle unterstützt wird.
«Die Kontrollbehörden prüfen das Vorhandensein des Schutzkonzeptes und dessen adäquate Umsetzung im Betrieb», erklärt Martin Bucherer, Leiter der Stelle Wirtschaft Armut Soziales (Was). Auch das Führen der Gästeliste als Bestandteil des Schutzkonzeptes kann im Betrieb kontrolliert werden.
«Die Kontrolle der sachgemässen Verwendung der Daten ist jedoch nicht Teil der Kontrolle zur Einhaltung der Covid-19-Schutzmassnahmen», sagt Bucherer. Wer also Zugang zu den Daten hat und ob diese sachgemäss behandelt werden, hängt ganz von den einzelnen Betrieben ab.
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Andreas Peter, 08.05.2020, 18:28 Uhr Einfach aufhören mit dem Unsinn.
«…die Statistik zeige, dass die Coronavirus-Pandemie nach 70 Tagen ihr Ende erreiche, egal wo sie stattfindet und unabhängig davon, welche Maßnahmen die Regierung ergriffen haben.»
👍0Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎0Daumen runterKasimir Pfyffer, 08.05.2020, 17:50 Uhr In summa: Niemand kontrolliert, welche Daten die Beizen erheben, ob sie die Gäste subtil erpressen («ou sorry, ohne diese Angaben können wir Ihnen leider keinen Tisch anbieten»), ob sie die Daten einigermassen schlau ablegen, nicht mit anderen Daten verknüpfen und vor allem: nach 14 Tagen vernichten. Für ein Essen in OP-Atmosphäre sollen wir also zusätzlich zum Frankenbetrag auch noch mit unseren Daten zahlen. Super Deal, oder?
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