Luzern

«Das Parkieren in der Stadt darf nicht zu attraktiv sein»

Wie hoch sind die Parkgebühren in Luzern? «Keine Ahnung», sagt diese Automobilistin, die beim Vögeligärtli parkiert hat. «Ich bin froh, dass ich einen Parkplatz gefunden habe.» (Bild: Marc Benedetti)

Parkplätze und -gebühren sind ein heisses Eisen in allen Städten. In Luzern sollen für die Neugestaltung des Hirschmattquartiers öffentliche Parkplätze aufgehoben werden, das Gewerbe protestiert dagegen. Die Stadt verlangt ausserdem mit 2.50 Franken pro Stunde fürs Parkieren auf öffentlichen Plätzen rekordhohe Gebühren, wie ein Vergleich von zentral+ zeigt. Diese Höhe sei ein politischer Entscheid, sagt der städtische Verkehrsingenieur.

Das Thema wiederholt sich mit schöner Regelmässigkeit: Die politisch Verantwortlichen in grösseren Schweizer Städten werden vom Individualverkehr «überrollt». Sie wollen oder müssen ihn einschränken, damit der öffentliche Verkehr noch durchkommt, argumentieren sie. Eine Massnahme gegen zuviel Individualverkehr ist die Beschränkung des Parkplatzangebots. Auf der andern Seite stehen das Gewerbe und die Automobilisten, die sich gegen Einschränkungen wehren.

In Luzern gibt es gerade einen solchen Fall. Die angekündigte Aufhebung von 85 Parkplätzen im Hirschmattquartier im Zusammenhang mit einer Neugestaltung und Aufwertung der Strassenräume führt zu einer Kontroverse.
Der städtische Wirtschaftsverband und vereinzelte bürgerliche Politiker melden Opposition an. Der schleichende Abbau von Parkplätzen stelle das lokale Gewerbe vor ernsthafte Probleme.
Im Grossen Stadtrat ist ein Postulat der SVP hängig, das den Verzicht auf die Parkplatzreduktion fordert. Es soll im Herbst zusammen mit der Hirschmatt-Vorlage des Stadtrates behandelt werden.

Mehr Unfälle beim Schrägparkieren

Neben der Erneuerung der Werkleitungen und der Neugestaltung trage die Aufhebung der betroffenen Schrägparkplätze an der Franken-, Sempacher- und Dornacherstrasse auch zur Verkehrssicherheit bei, sagt Projektleiter Thomas Kieliger. Die Statistik zeige, dass Schrägparkieren zu mehr Unfällen führt. Zum Ausgleich werden die Besitzer der Hirschmatt-Anwohnerparkkarte im Raum Bundesplatz – Neustadtstrasse – Bireggstrasse  – Paulusplatz – Bundesstrasse neu etwa 100 zusätzliche Parkplätze benützen können.
«Selbstverständlich ist dies keine vollwertige Kompensation für die abgebauten Parkplätze», sagt Urs Dossenbach von der Kommunikationsabteilung der Stadt Luzern. Es werde sicher geprüft, ob andernorts neue öffentliche Parkplätze errichtet werden könnten.

Die Projektleitung habe mit allen interessierten Gruppierungen, auch mit der städtischen Verkehrskommission, Gespräche geführt, sagt Thomas Kieliger. Ein gewisser Widerstand liege bei jeder Aufhebung von Parkplätzen auf der Hand. Bei diesem Projekt ständen jedoch die Neugestaltung und die Verkehrssicherheit im Vordergrund. Auch die immer breiter und grösser werdenden Autos verlangten Korrekturen. Zudem sollen laut Kieliger im Quartier zwanzig neue Bäume gepflanzt werden.

Der Wirtschaftsverband der Stadt Luzern spricht in einer Kurznotiz in der «NLZ» von einem neuen Parkhaus. Präsident Alexander Gonzales buchstabiert zurück, als zentral+ ihn darauf anspricht. «Ich habe im Gespräch mit dem Journalisten einfach etwas laut nachgedacht. Es ist sicher nicht meine Aufgabe, hier konkrete Aussagen zu machen. Wir verlangen einfach Ersatz für die aufzuhebenden Parkplätze, das ist die Forderung.»

Neues Parkhaus unwahrscheinlich

Braucht es denn ein weiteres Parkhaus? Der städtische Verkehrsingenieur Martin Urwyler sieht keine Notwendigkeit dafür. Die bestehenden Parkhäuser seien, mit Ausnahme von Spitzentagen wie Fasnacht oder «Lozärner Fäscht», nie ausgelastet. Das zeige die Belegungstabelle der Parkleitsystem AG. «Wenn die Parkhäuser im Zentrum voll sind, finde ich sicher im Gütsch noch freie Plätze», sagt Urwyler. Diese Aussage bestätigen Belegungsgrafiken der Parkleitsystem AG.

Nur noch wenig freie Parkplätze gibt es jeweils an Samstagen über die Mittagsstunden. Zu dieser Zeit sind die Parkhäuser Schweizerhof, Altstadt, Kantonalbank, Bahnhof und Hirzenmatt stark belegt bis besetzt.
Aber bereits im Kesselturm und im Löwencenter hat es noch 25 bis 140 freie Plätze. Mit andern Worten: Die Konsumentinnen sind kaum noch bereit, zehn Minuten zu Fuss zurück zu legen vom Parking zu ihrem Einkaufsort.
An den übrigen Wochentagen erreicht die Belegung lediglich in wenigen Einkaufsspitzenzeiten Höchstwerte. Und auch dann nur in den zentral gelegenen Parkhäusern.

Städtevergleich: Teures Parkieren in Luzern

Was von Autofahrerinnen und Autofahrern und ab und zu auch von politischer Seite kritisiert wird, sind die hohen Parkgebühren Luzerns. Sie gehören schweizweit zu den höchsten. Im Zentrum der City zahlt man auf dem öffentlichen Parkplatz Fr. 2.50 pro Stunde, im weiteren Stadtraum zwei Franken. Und die maximale Parkzeit ist auf eine Stunde beschränkt.

Eine Anwohnerparkkarte kostet – das ist einsame Spitze in der Schweiz – stolze 600 Franken im Jahr. In Zürich wird dieser Tarif im nächsten Jahr auf 300 Franken festgelegt (bisher 240 bis 360). In der Stadt Basel liegt der Ansatz bei bescheidenen 140 Franken.

Weniger deutlich sind die Unterschiede bei den Stundengebühren. In der Zürcher Innenstadt-Hochtarifzone zahlt man 2 Franken pro Stunde und 5 Franken für zwei Stunden. Im ganzen übrigen Stadtgebiet zahlt man 50 Rappen pro Stunde, und dies bis zu einer Dauer von acht Stunden. Das ist weit grosszügiger, als die zeitlich enge Begrenzung in Luzern.

In Basel gibt es drei Tarifstufen: 3 Franken pro Stunde im Zentrum (Maximalzeit 90 Minuten), weitere örtliche Abstufungen für 2 oder 1 Franken pro Stunde. Basel kennt ausserdem eine Sonderlösung für die Umgebung von Museen oder beispielsweise auch um den Zoo herum. Dort kann man bis zu drei Stunden auf dem gleichen Parkplatz bleiben.

Hohe Tarife verkehrspolitisch gewollt

Für den städtischen Verkehrsingenieur Martin Urwyler sind die Parkgebühren in Luzern vertretbar. «Dahinter steht ein politischer Wille. Das Parkieren in der Stadt darf nicht zu attraktiv sein.» Die Begrenzung auf eine Stunde sei gewollt, vor allem auch von Seiten des Gewerbes. «Das Gewerbe profitiert von einem grossen Umschlag auf den öffentlichen Parkplätzen. Wer länger parkieren will, soll ein Parkhaus benützen.»

Ausgangspunkt für diese Verkehrspolitik ist das Reglement für eine nachhaltige städtische Mobilität des Luzerner Stadtrats vom April 2010. Darin heisst es zum motorisierten Individualverkehr: «Die Stadt setzt sich dafür ein, dass die Verkehrsbelastung auf dem übergeordneten Strassennetz nicht weiter zunimmt. Mehrverkehr wird in erster Linie durch öffentliche Verkehrsmittel, Fuss- und Veloverkehr abgewickelt.» Und zum ruhenden Verkehr machte die Stadtregierung folgende Aussagen: «Über die Zahl der Parkplätze und deren Bewirtschaftung kann die Verkehrserzeugung (des motorisierten Individualverkehrs) gesteuert werden.»

Zürich noch expliziter

Noch weit deutlicher Richtung Beschränkung des Individualverkehrs geht das Grundsatzpapier der Stadt Zürich. «Das Parkierungsangebot für die Personenwagen von Beschäftigten, Bewohnern oder Kundinnen hat einen wesentlichen Einfluss auf die Verkehrsmittelwahl. Die Stadt Zürich verfolgt eine restriktive Parkierungspolitik, dies in Rücksicht auf die begrenzten Strassenkapazitäten und die überhöhten Luft- und Lärmbelastungen.»

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2 Kommentare
  • Profilfoto von Jerome Oswald
    Jerome Oswald, 16.07.2013, 15:00 Uhr

    Ich rege mich ja auch manchmal auf über die Gebühren. ABer Herr Huber ist nicht richtig informiert und sollte mal eine Parkuhr lesen. Tagsüber darf man in Luzern maximal zwei Stunden parkieren, macht also 5.- Ab 19 Uhr kann man das Auto für 12 Uhr Stunden stehen lassen, macht 30 Franken. Da man das Auto nicht 24 Stunden stehen lassen kann, werden also auch nie 50.- erhoben…

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  • Profilfoto von Daniel Huber
    Daniel Huber, 15.07.2013, 10:31 Uhr

    Was der Autor nicht erwähnt: In Luzern werden die 2.50 während 24 Stunden erhoben, in anderen Städten wie Zürich ist das parkieren während der Nacht und an Sonntagen kostenlos. 24 Stunden auf einem städtischen Parkplatz kosten in Luzern also über 50 Fr., und auch die Tageskarte ist nirgends so teuer. Da bereichert sich die Stadt hemmunglos.

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