Trotz Vegi-Trend primär im Tierfutter

Das Luzerner Soja landet kaum bei uns auf dem Tisch

Häufig kommt der bei uns verkaufte Tofu nicht aus der Schweiz. (Bild: wia)

Das Wort Soja lässt uns nicht nur an Kartongeschmack und Veganer, sondern auch an riesige Monokulturen in Brasilien denken. Was viele jedoch nicht wissen: Soja gedeiht auch in der Schweiz prima. Der Weg auf unsere Teller ist jedoch noch lange nicht geebnet.

Fünf Prozent der Schweizer Bevölkerung leben gemäss Umfragen der Interessenvertretung Swissveg vegan oder vegetarisch. Rund 20 Prozent der Bevölkerung sind Flexitarier, sprich essen selten oder nur wenig Fleisch.

Dass sich dieser Trend verstärkt, sieht man nicht zuletzt an den immer länger werdenden Regalen mit Fleischersatz-Produkten bei den Grossverteilern. Dies bestätigt auch die Migros Luzern. Die Medienverantwortliche Lisa Savenberg bestätigt: «In der Migros Luzern wächst das Sortiment im Bereich ‹Plant-based›-Produkte stetig.» Obwohl es mittlerweile einige Alternativen zu Sojaprodukten gebe, sei die Nachfrage auch letztes Jahr gestiegen.

Monokulturen und Urwald-Rodungen

Soja hat generell einen schlechten Ruf. Das ist kein Wunder, denn ein Grossteil des Sojas, das in der Schweiz – insbesondere für Tierfutter – verwendet wird, stammt aus Brasilien. Dort müssen bekanntlich Regenwälder dem Anbau gewaltiger Soja-Monokulturen weichen. Eine aktuelle Studie im Auftrag des Bundesamts für Umwelt stellt fest, dass die Schweiz rund 280'000 Tonnen Soja importiert (siehe externer Link). 92 Prozent dieser Importe unterliegen freiwilligen Nachhaltigkeits-Standards, sind also beispielsweise ohne vorherige Rodungen gewachsen.

Doch die Studie betont auch, dass es dennoch Schwachpunkte gebe, so etwa in Sachen Biodiversität oder Einsatz von Pflanzenschutzmitteln.

Eine Bohne, die auch im Luzernischen wächst

Was viele Menschen nicht wissen: Soja wächst auch in der Schweiz und sogar im Kanton Luzern. Gemäss dem Amt für Landwirtschaft und Wald waren es im Jahr 2020 sieben Landwirte, die im Kanton Soja angebaut haben. Dies auf insgesamt rund 10 Hektaren.

Einer dieser Landwirte ist Peter Lötscher aus Sempach. Seit 2013 pflanzt er die proteinreiche Hülsenfrucht an. «Ich habe sie anzubauen begonnen wegen der Fruchtfolge. Es geht dabei um die Bodenhygiene. Wenn man Krankheiten vermeiden will, kann man nicht jedes Jahr das Gleiche anpflanzen. Sonst ist der Boden irgendwann so verseucht, dass man eine Menge Pflanzenschutzmittel braucht.»

Seit einigen Jahren ist es dank neuer Sojasorten möglich, die Pflanze auch in der Schweiz anzubauen. (Bild: Adobe Stock)

Eine neue Sojasorte macht den Anbau möglich

Die Crux mit dem Soja: Eigentlich gedeiht sie an wärmeren Orten besser. «Doch wurden in den letzten Jahren Neuzüchtungen in der Schweiz hergestellt, die schneller reifen», sagt Lötscher. Diese funktionierten bei ihm auf 650 Metern über Meer prima.

«Soja ist auf dem Weltmarkt spottbillig.»

Peter Lötscher, Luzerner Landwirt

«Soja ist eine sehr interessante Pflanze», erklärt Ackerbauer Lötscher. Sie wächst gut, lässt sich leicht ernten und ist ein sehr guter und beliebter Eiweissträger. Das Problem: «Sojaanbau lohnt sich finanziell im Vergleich zu Raps oder Mais am wenigsten, denn Soja ist auf dem Weltmarkt spottbillig. Für mich lohnt es sich dennoch, da die Pflanze in der Fruchtfolge Sinn macht.»

Er ergänzt: «Ich könnte auch Mais anbauen, doch der Maismarkt ist stark überlaufen. Häufig wird Mais in der halben Schweiz herumgefahren, obwohl er überall wächst. Das finde ich unsinnig. Ausserdem ist der Preis ziemlich volatil.»

Der Ertrag ist deutlich tiefer als bei Mais

Es ist auch im Sinn des Bundes, dass in der Schweiz vermehrt Soja angebaut wird. Wie beispielsweise bei Mais und Kartoffeln wird der Anbau von Soja mit Einzelkulturbeiträgen gefördert. Pro Hektare und Jahr wird Soja mit 1'000 Franken unterstützt. Bei Raps, Mais und Kartoffeln sind es je 700 Franken.

Im Vergleich zu Mais verdient Lötscher mit Soja dennoch 30 Prozent weniger. Dafür sei die Pflanze deutlich einfacher zu ernten als andere Hülsenfrüchte wie etwa Erbsen.

Und landet Lötschers Soja bei uns in Form von Tofu oder Sojamilch auf dem Tisch? «Nein. Seit letztem Jahr wird das Soja ausschliesslich für die Tierfutterproduktion verwendet.» Warum das so ist, weiss der Landwirt nicht. Er schickt uns zur Landi, die ihm die Ernte abkauft.

Dort verweist man uns weiter an die Fenaco-Landi Genossenschaft, die für die Vermarktung der Ernte zuständig ist.

Die Tofuproduktion muss sich erst rechnen

Joseph von Rotz, Geschäftsleitungsmitglied der Geschäftseinheit Getreide, Ölsaaten und Futtermittel bei der Fenaco, erklärt: «Bislang haben unsere Kunden mit einem Teil der Schweizer Sojabohnen unter anderem Sojaöl hergestellt. Nur: Reines Sojaöl ist hierzulande wenig gefragt.» Entsprechend werde das Schweizer Soja primär für die Tierfütterung verwendet. Man sei zwar durchaus gewillt, die Verarbeitung von Tofu und anderen Lebensmitteln zu unterstützen. «Doch muss eine entsprechende Absatzmöglichkeit bestehen und ein Vertragsanbau muss sich für die Wertschöpfungskette wirtschaftlich lohnen.»

Bereits heute gibt es Tofu aus Schweizer Soja. Lisa Savenberg, Medienverantwortliche der Migros Luzern, sagt: «Migros-Tofus werden bereits mehrheitlich in der Schweiz mit Schweizer Soja produziert.» Ein Teil des Tofus werde jedoch mit Soja aus dem EU-Raum hergestellt.

«Ein Interesse an Schweizer Soja-Produkten besteht definitiv.»

Laura Lombardini, Geschäftsleiterin Vegane Gesellschaft Schweiz

Ein Bedarf nach mehr Schweizer oder gar regionalen Sojaprodukten ist durchaus vorhanden, betont die Vegane Gesellschaft Schweiz. Die Geschäftsleiterin Laura Lombardini sagt auf Anfrage: «Es wäre kein Problem, die vielen Flächen, die heute für den Futtermittelanbau eingesetzt werden, umzunutzen und Soja oder andere Hülsenfrüchte für den menschlichen Konsum anzubauen.» Und weiter: «Ein Interesse an Schweizer Soja-Produkten besteht definitiv.» Die Vegane Gesellschaft Schweiz geht deshalb davon aus, dass bald viele Landwirtschaftsbetriebe selber Soja anbauen. Noch ist das nicht der Fall.

Sojaprodukte kommen heute auch aus Nachbarstaaten

Jonas Käppeli, Geschäftsführer des veganen Luzerner Restaurants Karls Kraut, sagt auf Anfrage: «Wir beziehen unsere Produkte von der Bio Partner Schweiz AG, die für den Grosshandel Bioprodukte vertreibt. Wo immer möglich wählen wir Schweizer Ware.» Das sei jedoch nicht immer der Fall. Einige Produkte würden mit Soja aus Deutschland, Österreich und Frankreich hergestellt.

Käppeli weiter: «Natürlich wäre es sehr toll, mit regionalen oder sogar ganz lokalen Produkten arbeiten zu können. Das Gemüse beziehen wir auch vom Gmüesmattli in Kastanienbaum. Und da bezahlen wir auch gerne etwas mehr für bio und lokal.»

«Aktuell gehört jedoch aufseiten der Landwirtschaft und der Verarbeiter noch etwas Pioniergeist dazu.»

Laura Lombardini

Es besteht also durchaus eine Nachfrage nach lokalen Sojaprodukten, auch ist man anscheinend bereit, für Schweizer Tofu und Co. mehr zu bezahlen. Dennoch spielt der Anbau von Soja als Lebensmittel für den Menschen in der hiesigen Landwirtschaft nach wie vor nur eine untergeordnete Rolle.

Laura Lombardini von der Veganen Gesellschaft Schweiz ist jedoch zuversichtlich: «Die Detailhändler bauen ihr veganes Sortiment ständig aus. Es ist deshalb nur naheliegend, dass die Nachfrage nach regionalen Produkten steigt.» Die Chancen auf Erfolg schätze man deshalb als sehr gut ein. «Aktuell gehört jedoch aufseiten der Landwirtschaft und der Verarbeiter noch etwas Pioniergeist dazu.»

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2 Kommentare
  • Profilfoto von Lupine
    Lupine, 26.01.2021, 11:42 Uhr

    Wieso pflanzt man in der Schweiz nicht Lupinen an? Dieses Eiweiss wäre viel besser als das der Sojabohnen.

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  • Profilfoto von mara
    mara, 15.01.2021, 15:49 Uhr

    inhaltlich ein cooler Artikel, aber bitte auch Veganerinnen;)

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