Viele erleben Luzerner Milliardenbau nicht mehr

Das lange Warten auf den Durchgangsbahnhof

Es mag für Luzern ein Teilerfolg sein: Der Tiefbahnhof hat eine wichtige Hürde genommen, der Bund ist bereit, 80 Millionen Franken in die Planung des Luzerner Milliardenprojektes zu investieren. Deswegen nun aber die Champagnerkorken knallen zu lassen, ist verfehlt. Viele Pendler werden die Eröffnung des Bauwerks nicht mehr erleben – und wenn, dann als Rentner.

Es ist zwar erst ein Vernehmlassungsverfahren. Doch die Prioritäten des Bundesrates sind klar: Erst kommt der Grossraum Zürich, Teile der Zentralschweiz müssen hinten anstehen. Daran ändert auch der Ausbau des Zimmerbergtunnels nicht.

Mit der Rückstellung des Luzerner Tiefbahnhofs ist ein Abbau der ÖV-Staus zwischen Zürich und Luzern um acht weitere Jahre in die Ferne gerückt. Zwar steigen die Chancen, dass das 2,4 Milliarden Franken teure Werk eines Tages tatsächlich vollendet wird. Die Fertigstellung jedoch ist frühestens in etwa 25 Jahren geplant – sofern das Parlament das Projekt nach der Planung dann auch zur Ausführung freigibt.

50 Prozent mehr ÖV-Passagiere

25 Jahre: Bereits in den nächsten 20 Jahren rechnet der Bund mit einer Zunahme der ÖV-Passagiere um 50 Prozent. Was das bedeutet, weiss jeder, der sich auf der Strecke Zürich–Luzern zur Stosszeit mal in einen Interregio zwängte. Dies ist ein weiterer Dämpfer für die Region, die sich so krampfhaft bemüht, neue Unternehmen anzuziehen. Hoffnungslos überfüllte Züge und stundenlange Staus auf den Autobahnen sind schlechte Karten im nationalen Standortwettbewerb.

Der Kanton Zug seinerseits, in seiner geographischen Sandwichrolle zwischen Luzern und der Grossagglomeration Zürich positioniert, orientierte sich in den letzten einmal mehr nach Osten und engagierte sich für die eine oder andere Variante des Zimmerberg-Ausbaus. Dies macht aus Sicht der Zuger, die schwergewichtig nach Zürich pendeln, durchaus Sinn.

Doch auch Zug kann sich mit dieser Lösung, die den Viertelstundentakt zwischen Zürich und Zug bringen wird, nur als halber Sieger fühlen. Rotkreuz wird ebenso wie all die Luzerner Pendler und die Touristen buchstäblich auf dem Perron stehen gelassen.

Stillgelegter Bahnhof zeigte Lösungsansatz

Luzern jedenfalls gerät noch mehr unter Druck, seine Mobilitätsprobleme in den Griff zu bekommen. Die Nadelöhre im ÖV-Netz werden auf absehbare Zeit noch grösser, Bypass/Spange Nord werden seitens der Stadt bekämpft, Parkhäuser sind weitgehend chancenlos. Wenn sich die Bedürfnisträger nicht bald auf eine gemeinsame Strategie einigen und die Fronten im Sinne einer übergreifenden Verkehrsstrategie schliessen, kommen auf die Region und ihre Einwohner schwierige Zeiten zu.

Schwierige Zeiten eröffnen immer wieder auch neue Wege. Die Zugentgleisung im Bahnhof Luzern letzten März hat ab dem zweiten Tag gezeigt, was möglich ist, wenn die Beteiligten am einem Strick ziehen. Plötzlich sind Kapazitäten vorhanden, die mit der Umsteigeverbindung in Ebikon zwischen Zug und Luzern teilweise gar zu schnelleren Verbindungen führen als mit dem Umweg über den Sackbahnhof. Zumindest als Übergangslösung bis zur frühestmöglichen Fertigstellung des Tiefbahnhofes im Jahr 2040–2045 wäre eine solche pragmatische Lösung wohl für viele Pendler mehr als willkommen.

Das lange Warten auf den Durchgangsbahnhof
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1 Kommentar
  • Profilfoto von Libero
    Libero, 30.09.2017, 13:33 Uhr

    Der Tiefbahnhof ist eine Fehlplanung aus der Jahrhundertwende
    Wir brauchen im Norden von Luzern eine Haltestelle in den Süden. Stadt, Kanton und Bund müssen gemeinsam mit SBB und Investoren grossräumig zukunftsgerichtete Mobilitäts- und Verkehrskonzepte entwickeln. Die Musik- und Kulturstadt Luzern braucht ein nachhaltiges Park and Ride -System für die Agglomeration sowie ein Car-Park-Konzept ausserhalb der Innenstadt.
    Luzern fehlt der Mut für neue Ideen. Neue grosse Schritte in nachhaltiger Richtung sind gefragt. Mutige Zukunftsdenker sind gesucht!

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