Luzerner Confiserie-Riese

«Das klingt, als ob wir eine Bedrohung wären»

Matthias Bachmann kann sich vorstellen, sich für den SBB-Auftrag zu bewerben. (Bild: azi)

Die Confiserie Bachmann hat ihren ersten Gastronomiebetrieb eröffnet. Im Interview mit zentral+ äussert sich Matthias Bachmann zum Einstieg in die Gastroszene, zur häufig geäusserten Kritik an der starken Expansion des «Rosa Riesen» – und zu Streitfällen mit dem eigenen Personal.

Seit Montag ist das neue Lifestyle-Café der Confiserie Bachmann offen. zentral+ hat Matthias Bachmann vor Ort zum Interview getroffen.

zentral+: Es war ein langer Weg bis zur Eröffnung des «La vie en rose» (zentral+ berichtete). Haben Sie hin und wieder daran gedacht, das Projekt aufzugeben?

Matthias Bachmann: Es war schon ein Auf und Ab, aber wenn man mal angefangen hat, gibt es an einem gewissen Punkt kein zurück mehr. Es war immer eine gewisse Unsicherheit im Spiel, da wir nicht recht wussten, wie das Endprodukt letztlich wird und, ob letztlich die Akzeptanz der Luzerner für das neue Café da sein wird. Die Gastronomie ist Neuland für uns. Bei der Bäckerei-Confiserie, unserem Kerngeschäft, kennen wir die mögliche Kundenfrequenz im Durchschnitt. Aber in der Gastronomie ist das ungewiss, da wir auf keinerlei Erfahrung zurückgreifen können.

zentral+: Was waren die grössten Schwierigkeiten?

Matthias Bachmann: Neben den baulichen Herausforderungen war für uns die Frage zentral, ob wir ein bedientes Café wollen oder nicht. Das hat uns am meisten beschäftigt. Gerade wenn man sich Starbucks ansieht und sich Gedanken darüber macht, wie ein Café in zehn Jahren aussehen wird. Kann man sich das Bedienen noch leisten? Ist der Kunde überhaupt noch bereit, für eine Bedienung zu bezahlen? Letztlich haben wir uns für den konventionellen Weg mit Bedienung entschieden – und ich würde heute sagen, dass wir uns richtig entschieden haben. 

zentral+: Bachmann ist mit dem «La vie en rose» in die Gastronomie eingestiegen. Braucht Luzern das?

Matthias Bachmann: Ich glaube, dass die Nachfrage in der Stadt nach einem Café gross ist – schliesslich sind in letzter Zeit viele Cafés zugegangen. Und wir bieten mehr als ein Café, das zeigt sich schon an den Öffnungszeiten. Wir haben von 6.30 Uhr morgens bis 20 Uhr und am Wochenende gar bis 0.30 Uhr offen und passen das Ambiente dem Tagesverlauf an – so etwas findet man sonst nicht in Luzern.

«Sowohl Migros als auch Coop verkaufen in keiner anderen Stadt der Schweiz so wenig Brot wie hier in Luzern.»

zentral+: Also ist Ihr Café nicht mit dem Café «Heini» zu vergleichen?

Matthias Bachmann: Nein, das «La vie» ist mehr als ein Café, eigentlich ist es ein Restaurant. Und wir haben das Glück, dass man uns automatisch mit der Bäckerei verbindet und somit schon morgens zu uns zum Kaffee kommt – genau wie am Nachmittag. Ein herkömmliches Restaurant wäre um diese Zeit leer. Gleichzeitig ist es bei uns auch möglich, um 10 Uhr abends noch eine Pizza oder Pasta zu essen. Auch das gibt es so in der Umgebung nicht.

zentral+: Wie reagiert die Konkurrenz darauf?

Matthias Bachmann: In der Gastroszene sind wir ein kleiner Fisch. Aber als Bäckerei und Confiserie sind wir gut dabei und pflegen auch einen Austausch mit den anderen Betrieben. Das ist keine Rivalität, wir können alle gut nebeneinander leben – zumal jeder seine Spezialitäten anbietet und dementsprechend verschiedene Bedürfnisse abdeckt. Jeder hat in Luzern seine Berechtigung. Es ist nicht unser Ziel, irgendjemanden zu verdrängen. 

Eindrücke vom neuen Lifestyle Café der Confisierie Bachmann.

Eindrücke vom neuen Lifestyle Café der Confisierie Bachmann.

(Bild: azi)

zentral+: Sind Grossverteiler wie Migros oder Coop auch eine Konkurrenz für Sie?

Matthias Bachmann: Klar ist das Konkurrenz, zumal deren Produkte gut sind – ich esse sie selbst auch gerne (lacht). Aber interessanterweise verkauft sowohl Migros als auch Coop in keiner anderen Stadt der Schweiz so wenig Brot wie hier in Luzern. Der Luzerner kauft sein Brot beim Beck. Und da sind viele Mitbewerber gut, denn so sind alle angehalten, sich Mühe zu geben.

zentral+: Was entgegnen Sie Leuten, die sagen, wir haben langsam genug vom «Rosa Riesen»?

Matthias Bachmann: (lacht) Das klingt, als ob wir eine Bedrohung wären. Wir produzieren alle unsere Waren hier in der Stadt Luzern in Handarbeit. Unser Produktionsstandort ist voll ausgelastet – wir können nicht mehr expandieren. Ansonsten müssten wir unseren Produktionsstandort irgendwo auf eine grüne Wiese verlegen und mit industrieller Massenfertigung beginnen. Und da haben wir uns vor drei Jahren bewusst dagegen entschieden. Uns liegt die lokale Wertschöpfung am Herzen und das soll so bleiben, das macht ökologisch und ökonomisch langfristig Sinn.

zentral+: Das heisst, es werden keine weiteren Bachmann-Filialen mehr hinzukommen?

Matthias Bachmann: Das ist in Luzern kein Thema, wir streben kein Wachstum an.

zentral+: Sind neue Produkte zu erwarten? Dinkel- und Eiweissbrot ist gerade im Trend – was kommt als nächstes?

Matthias Bachmann: Unsere Abteilung der Produktionsentwicklung arbeitet laufend an neuen Produkten. Wir lassen uns dabei im Ausland oder an internationalen Messen inspirieren. Derzeit ist vor allem die Grösse der Ware ein Thema. Es besteht eine Tendenz zu kleineren Broten – sodass mehr Zusatzkäufe getätigt werden. Aber auch gesünder sollen die Produkte werden. Momentan ist das Maisbrötli in der Überarbeitung. Am Montag führten wir vier neue Dinkel-Ciabatta Sandwiches ein und nächste Woche kommt, nebst dem klassischen Vermicelle, als Novum ein Cassis-Vermicelle ins Sortiment. Auch haben wir in diesem Jahr eigene Tees im Angebot welche Bio und zuckerarm sind. Auch weniger Zucker ist ein Trend. Dies nur ein paar Beispiele.

zentral+: Bachmann steht immer wieder in Kritik, ein schlechter Arbeitgeber zu sein. Mehrere Verfahren vor Arbeitsgericht sind hängig. Was sagen Sie dazu? 

Matthias Bachmann: Wir hatten in den letzten zehn Jahren keinen einzigen Gerichtsfall. Sie sprechen vermutlich zwei Fälle an, welche in den letzten Monaten einvernehmlich im Schlichtungsverfahren gelöst wurden. Wir sind ein Dienstleistungsunternehmen und möchten einen hervorragenden Service bieten. Das ist unser Anspruch. Da können manchmal verschiedene Auffassungen entstehen, vor allem, wenn man über 450 MitarbeiterInnen beschäftigt.

«Wir hatten in den letzten zehn Jahren keinen einzigen Gerichtsfall.»

Auch möchten wir jeden gleich behandeln. Wir haben ein Personalreglement, welches uns dies garantiert und sogar mehrere Vorzüge gegenüber dem Gesamtarbeitsvertrag bietet. Zudem respektieren wir den GAV vollends und bieten ab nächstem Jahr der gesamten Belegschaft die fünfte Ferienwoche. Aber ich verstehe die Frage, da grössere Unternehmen unter spezieller Beobachtung stehen und das ist auch richtig so. Schliesslich haben wir auch Pflichten gegenüber der Gesellschaft, welche unser Familienunternehmen sehr gerne trägt.

zentral+: Als wirtschaftliches Unternehmen will Bachmann ja auch in Zukunft wachsen. Wenn es keine weiteren Filialen mehr geben wird, ist jetzt mit mehr Cafés zu rechnen?

Matthias Bachmann: Hier in Luzern eher nicht. Denn es gibt viele Faktoren, die da hineinfliessen – der Standort, das Ambiente – alles muss stimmen. Zudem müssen die Mietpreise bezahlbar sein. Wir hatten mit dem «La vie» Glück, so etwas ist in Luzern nicht mehr zu finden. Wir halten die Augen nach Möglichkeiten offen, suchen aber nicht explizit danach. Das «La vie» war eine sehr grosse Investition und soll sich erst bewähren.

zentral+: Wie hoch waren diese Investitionen? Vor einiger Zeit sagten Sie, dass es mehr als eine Million war – ist nun alles teurer geworden?

Matthias Bachmann: Das kann ich hier nicht sagen, aber die Kosten waren so hoch, dass es fremdfinanziert wurde. Das «La vie» gehört eigentlich der Bank. (lacht) Geht alles auf, dauert es noch acht Jahre, bis alles amortisiert ist.

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Mehr Eindrücke vom «La vie en rose» zeigen wir Ihnen hier in unserer Bildergalerie:

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