CVP setzt auch auf höhere Steuern

«Das halte ich nicht für realistisch»

Der Kanton Luzern zieht die Sparschraube weiter an. (Bild: Bildmontage bra)

330 Millionen Franken: Um diese gewaltige Zahl muss der Kantonshaushalt entlastet werden. Angesichts der neusten Entwicklung glaubt auch die CVP als (noch) klar grösste Partei im Kantonsrat nicht mehr, dass dies allein mit Sparen möglich ist. Im Interview erklärt die CVP-Vizepräsidentin, ob höhere Steuern also unumgänglich sind.

Die Luzerner Spardebatte hat einen neuen Höhepunkt erreicht. Diesen Donnerstag hat Finanzdirektor Marcel Schwerzmann die neusten Zahlen präsentiert, und die sind besorgniserregend. Um satte 330 Millionen Franken muss der Luzerner Finanzhaushalt von 2017 bis 2019 entlastet werden. Ansonsten kann die Schuldenbremse nicht eingehalten werden, was aber zwingend ist (siehe Artikel). Das Riesensparpaket wird nötig, obschon der Kanton noch nicht mal das letzte Sparpaket umgesetzt hat: Mit dem Projekt Leistungen und Strukturen I wurden zwar bereits 150 Millionen eingespart. Mit dem letztes Jahr beschlossenen Nachfolgepäckli soll der Haushalt aber von 2015 bis 2017 um weitere 166,5 Millionen Franken entlastet werden.

CVP als Zünglein an der Waage

Anders als etwa für die SVP ist für die linken Parteien, die GLP und die CVP nun klar, dass aufgrund dieser neusten Entwicklungen auch die Einnahmenseite neu analysiert werden muss (siehe Artikel). Das war speziell für die Mittepartei lange ein Tabu. Ausschlaggebend im Parlament wird dabei die Haltung der CVP sein: Trotz ordentlicher Stimmenverluste bei den letzten Wahlen verfügt sie im Kantonsrat mit 38 Sitzen noch immer mit Abstand über die grösste Fraktion. Zusammen mit den anderen Mitte-Links-Parteien verfügt sie im 120-köpfigen Kantonsrat über eine Mehrheit von 66 Sitzen.

zentral+ hat deshalb Yvonne Hunkeler (Bild) zur Haltung der CVP befragt. Hunkeler ist Vize-Präsidentin der Partei sowie Mitglied in der Planungs- und Finanzkommission (PFK).

zentral+: Yvonne Hunkeler, die CVP kommt laut Medienmitteilung zur Erkenntnis, dass «der Kanton sowohl ein Ausgaben- als auch ein Einnahmenproblem hat». Warum?

Yvonne Hunkeler: Das wurde an der Präsentation der Regierung offensichtlich. Dort sieht man, dass die Prognosen der Staatssteuern für die Jahre 2017 und 2018 massiv nach unten korrigiert werden mussten. Allein im Jahr 2018 rechnet die Regierung nun mit 52 Millionen Franken weniger Steuererträgen.

zentral+: Wie deuten Sie das?

Hunkeler: Die Regierung geht offensichtlich von viel zu optimistischen Szenarien aus, die danach nicht eintreten. Deshalb haben wir dazu einen Vorstoss eingereicht, um Klarheit zu schaffen, wie es dazu kam.

zentral+: Wenn der Kanton ein Einnahmenproblem hat – dann muss er Ihrer Meinung nach mit den Steuern rauf, oder?

Hunkeler: Das können wir zum heutigen Zeitpunkt noch nicht abschliessend sagen. Wir wollen nun von der Regierung zuerst wissen, wie sie das Problem ab 2017 in den Griff kriegen will. Steuerlich gibt es ja zwei Varianten, mehr Einnahmen zu generieren: Einerseits mit einer Erhöhung des Steuerfusses, zum Beispiel von heute 1,6 auf neu 1,65 Einheiten. Das aber würde alle Bürger treffen. Andererseits gibt es die Möglichkeit via Steuergesetzrevision. Hier lässt sich gezielt steuern, wer allenfalls mehr bezahlen muss. Etwa mit einer Änderung beim Pendlerabzug oder der gezielten Besteuerung von höheren Einkommen. Der von der Regierung vorgeschlagene Gegenentwurf zur Steuererhöhungsinitative der SP wäre auch so ein Schritt.

zentral+: Sie möchten bezüglich höheren Steuern noch nicht konkreter werden. Aber glauben Sie, wie die SVP, dass der Kanton es nach den Sparpaketen der letzten Jahre schafft, den Haushalt jetzt noch um weitere 330 Millionen Franken zu entlasten, indem er nur auf der Ausgabenseite spart?

Hunkeler: Das wissen wir noch nicht. Wenn der Regierungsrat nächstes Jahr das Konsolidierungspaket vorlegt, und das mehrheitsfähig ist, sind wir natürlich dabei.

zentral+: Halten Sie das für realistisch? Nur schon die in den letzten Wochen bekannt gewordenen Sparmassnahmen sorgen für enormen Widerstand. Zudem bringt die Regierung Massnahmen wie etwa die Zwangsferien für Lehrer ins Spiel, die ihr im Kantonsrat vor zwei Jahren hochkant abgelehnt habt.

Hunkeler: Die Signale vom Regierungsrat gehen immer noch in die Richtung, als ob das möglich wäre. Aber ich persönlich halte es nicht für realistisch, dass wir 330 Millionen sparen können, ohne die Einnahmen zu erhöhen.

zentral+: Die SVP sieht das anders.

Hunkeler: Dann soll uns die Partei aufzeigen, wo gespart werden kann und dann auch zu diesen Sparmassnahmen stehen. Bereits hat sich ja SVP-Kantonsrat Urs Dickerhof mit einem Vorstoss gegen eine der neusten Massnahmen, die die Berufsbildung betrifft, gewehrt. Auch muss die Partei dann etwa den neu geplanten Abbau der Polizeipatrouillen mittragen.

zentral+: Könnten die heute Donnerstag bekannt gewordenen, schlechten Zahlen des Kantons die bislang kritische Haltung der Bevölkerung und Politik zu möglichen Steuererhöhungen ändern?

Hunkeler: Das könnte ich mir vorstellen. Die Steuerdiskussion ist ja mit der Initiative der SP bereits lanciert. Wobei die für mich keine Lösung ist.

zentral+: Muss der Bürger womöglich schon bald schon wieder mehr Steuern zahlen, um die Löcher im Luzerner Haushalt zu stopfen?

Hunkeler: Das könnte unter Umständen sein.

zentral+: Wie steht die CVP zu den Sparabsichten der Regierung im Bildungsbereich? Luzern hätte dann offenbar einen traurigen Spitzenplatz betreffend der Höhe der Schulgelder. Auch die Schliessung der weitum anerkannten Fachklasse Grafik wäre ein Abbau am Bildungsstandort Luzern. Zudem trägt eine Woche weniger Schule kaum zu besseren Leistungen bei.

Hunkeler: Zu einzelnen Massnahmen kann ich noch nichts sagen. Das müssen wir zuerst genau analysieren.

Anbei noch einige Zahlen und Grafiken zur aktuellen Finanzlage des Kantons:

Unter «Verschlechterung Staatssteuern» sieht man, mit wie viel weniger Steuereinnahmen die Regierung von 2016 bis 2018 rechnet. Total sind es knapp 84 Millionen Franken.

Unter «Verschlechterung Staatssteuern» sieht man, mit wie viel weniger Steuereinnahmen die Regierung von 2016 bis 2018 rechnet. Total sind es knapp 84 Millionen Franken.

(Bild: Kanton Luzern)

Hier zu sehen: Mit Ausnahme von 2014 schreibt der Kanton seit 2012 rote Zahlen (hellblaue Balken). Die Prognosen bis 2019 sind zappenduster. Weil so die Schuldenbremse nicht eingehalten werden könnte, braucht's das 330-Millionen-Sparpaket.

Hier zu sehen: Mit Ausnahme von 2014 schreibt der Kanton seit 2012 rote Zahlen (hellblaue Balken). Die Prognosen bis 2019 sind zappenduster. Weil so die Schuldenbremse nicht eingehalten werden könnte, braucht’s das 330-Millionen-Sparpaket.

(Bild: Kanton Luzern)

Hier schön zu sehen: Die Ausgaben des Kantons nehmen stetig markant zu. Die moderat steigende gepünktelte Linie entsprach den alten Berechnungen. Die stärker steigende gestrichelte Linie entspricht den neusten Annahmen.

Hier schön zu sehen: Die Ausgaben des Kantons nehmen stetig markant zu. Die moderat steigende gepünktelte Linie entsprach den alten Berechnungen. Die stärker steigende gestrichelte Linie entspricht den neusten Annahmen.

Hier zu sehen: Die Einnahmen des Kantons (davon sind etwa ein Drittel Steuern) steigen zwar auch. Aber nicht so hoch wie die Ausgaben.

Hier zu sehen: Die Einnahmen des Kantons (davon sind etwa ein Drittel Steuern) steigen zwar auch. Aber nicht so hoch wie die Ausgaben.

Hier ist zu sehen, auf welche Bereiche sich die Ausgaben des Kantons verteilen, und zwar im Unterschied 2016 und 2019. Die Bildung macht mit 40 Prozent am meisten aus, gefolgt von der Gesundheit mit rund 22 Prozent.

Hier ist zu sehen, auf welche Bereiche sich die Ausgaben des Kantons verteilen, und zwar im Unterschied 2016 und 2019. Die Bildung macht mit 40 Prozent am meisten aus, gefolgt von der Gesundheit mit rund 22 Prozent.

 

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