Eidgenössische Wahlen: Auswirkungen für Luzern

«Das Gerede von einem Rechtsrutsch ist falsch»

Die Frage, welche derzeit am meisten interessiert: Wie stark rutscht das eidgenössische Parlament nach rechts? (Bild: Bild parlament.ch/Grafik tkre)

Auf Twitter, Facebook und sogar auf der Strasse schlagen Linke Alarm: Fast panikartig wird vor dem zu erwartenden Rechtsrutsch an den eidgenössischen Wahlen gewarnt. Wie schlimm wäre das tatsächlich und was wären die Auswirkungen auf Luzern? zentral+ hat darüber mit einem Experten gesprochen.

«Aufmerksamkeit kann man kaufen. Unsere Stimmen nicht.» Mit diesem Crowd-Founding-Inserat auf der Titelseite von «20 Minuten» setzten diesen Mittwoch viele Menschen ein Zeichen gegen inhaltsleeren Wahlkampf. Und gegen die übermächtige Wahlkampf-Maschinerie der SVP sowie die fehlende Transparenz des Wahlkampfbudgets. In sozialen Netzwerken wird das Schreckgespenst Rechtsrutsch im eidgenössischen Parlament an die Wand gemalt. Tatsächlich werden den beiden rechtsbürgerlichen Parteien FDP und SVP Stimmengewinne prognostiziert. Kurz vor den Wahlen am 18. Oktober stellt sich die Frage, ob die Aufregung berechtigt ist. zentral+ sprach deshalb mit dem Luzerner Politologen Olivier Dolder.

zentral+: Kommt es am Sonntag wirklich so schlimm, wie viele Mitte- und Linkswähler befürchten?

«Die möglichen Wählergewinne der FDP bringen in Luzern letztlich gar nichts.»

Olivier Dolder, Politologe von «INTERFACE Politikstudien» in Luzern

Olivier Dolder: Erstens muss gesagt werden, dass das Gerede von einem Rechtsrutsch übertrieben, ja sogar falsch ist. Es geht lediglich um eine Verschiebung von wenigen Prozenten. Zweitens stellt sich die Frage, wie viele Sitze die SVP und die FDP tatsächlich gewinnen werden.

zentral+: Im Kanton Luzern wird wohl die SVP auf Kosten der GLP einen Sitz gewinnen. Mehr passiert nicht.

Dolder: Genau. Das zeigt sehr schön, was die Auswirkungen sind. Die möglichen Wählergewinne der FDP bringen letztlich gar nichts. Sie werden wahrscheinlich keinen Sitz dazugewinnen und weiterhin zwei von zehn Nationalräten nach Bern schicken.

«In den meisten politischen Fragen werden sich die Mehrheitsverhältnisse nicht verschieben.»

zentral+: Aber die SVP könnte von zwei auf drei Sitze zulegen.

Dolder: Im nationalen Parlament hat ein zusätzlicher Sitz sehr wenig Einfluss. Gesamthaft ist sicher eine Verschiebung nach rechts zu erwarten. Dennoch werden sich in den meisten politischen Fragen die Mehrheitsverhältnisse nicht verschieben.

Am Kasernenplatz steht ein Velo mit einem SP-Plakat, das vor dem drohenden Rechtsrutsch warnt.

Am Kasernenplatz steht ein Velo mit einem SP-Plakat, das vor dem drohenden Rechtsrutsch warnt.

(Bild: les)

zentral+: Also bleibt alles beim Alten?

Dolder: In den wichtigen Fragen wird sich wohl wenig ändern. Deshalb ist es meiner Meinung nach auch falsch, von einer Richtungswahl zu sprechen.

zentral+: Was bedeuten aber die Gewinne von Rechts für den Kanton Luzern?

Prognose: Rechtsbürgerliche legen 2,7 Prozent zu

Gemäss dem jüngsten Wahlbarometer von GFS Bern, das im Auftrag der SRG erstellt wurde, werden die Rechten, also SVP und FDP, an den eidgenössischen Wahlen leicht zulegen: Zusammen plus 2,7 Prozent im Vergleich zu 2011. Die Grünen und die «Neue Mitte» verlieren leicht, die SP bleibt stabil.

Bisher sind die zehn Luzerner Nationalratssitze wie folgt vereilt: 2 SVP, 2 FDP, 3 CVP, 1 GLP, 1 SP, 1 Grüne. An den letzten Wahlen 2011 erreichte die SVP 25,1 Prozent Wähleranteile, die FDP 18,4 Prozent, die CVP 27,1 Prozent, die GLP 6,1 Prozent, die SP 11,5 Prozent und die Grünen 8,3 Prozent.

Im Ständerat wird Luzern von der FDP und der CVP vertreten.

Dolder: Da sehe ich wenig bis keine Auswirkungen. Bei Fragen wie zum Tiefbahnhof Luzern geht es weniger um Parteistärken als um die einzelnen Kantone, die für ihre Anliegen weibeln. Und bei der Gotthardröhre wird das Volk entscheiden, nicht das Parlament. Bei der Energiewende beispielsweise gehe ich davon aus, dass der eingeschlagene Weg weitergeführt wird, auch wenn die Mitte und Links verlieren sollte.

zentral+: Werden die Wahlen überbewertet?

Dolder: In gewisser Weise schon. Sie sind gar nicht so wichtig, denn bei den entscheidenden Fragen können wir abstimmen. Über vier Jahre gesehen, gehen übrigens 80 Prozent der Leute mindestens einmal abstimmen – das ist bemerkenswert.

zentral+: Immerhin können die Wahlen auf die Zusammensetzung des Bundesrats Auswirkungen haben. Wenn rechts zulegt, könnte die SVP einen zweiten Bundesrat bekommen und Eveline Widmer-Schlumpf zurücktreten. Dann gäbe es eine Verschiebung der Machtverhältnisse.

Dolder: Das ist ein mögliches Szenario: Eine Wählerzunahme der SVP würde deren Position bei den Bundesratswahlen stärken. Ob die SVP und FDP zusammen vier Sitze erhalten, ist aber eine andere Frage. Je nach Konkordanzverständnis wird man mit der Stärke der Parteien oder mit der Grösse der politischen Lager argumentieren. Geht man nach Parteien, stehen der SVP und FDP je zwei Sitze zu, denkt man in politischen Lagern, sind es zusammen nur deren drei.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Simon Meyer
    Simon Meyer, 18.10.2015, 22:16 Uhr

    Oh ja Herr Dolder, was lese ich da? Blablabla, Wahlen sind unwichtig, ergo auch das Parlament, blabla und nein, auch wenn Herr Dolder nicht weiss wie die Wahlen ausgehen, aber ein Rechtsrutsch ist es nicht blabla.

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